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Tochter des Drachen

Tochter des Drachen

Titel: Tochter des Drachen
Autoren: Ilsa J.Bick
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dass Kurita noch immer wartete, und der wortlose Blick, den sie austauschten, sagte ihr, dass er ihre Gedanken kannte, und dass sie recht hatte. Schließlich sagte sie: »Tono, ich ... ich weiß nicht, was ich sagen soll...»
    »Ja wäre ein guter Anfang. Es steht noch Arbeit an, Katana, und wir hassen offene Fragen. Und, Tai-shu Tormark ...« Vincents Züge formten sich zu einem Lächeln. »Wir essen um acht.«

Epilog
    Katana Tormarks Tagebuch 15. Januar 3136
    André hat mir vorgeschlagen, Urlaub zu machen. Sicher doch. Ich bin mit der Vorbereitung unserer nächsten Offensive so beschäftigt, dass ich nicht einmal dazu komme, die Socken zu wechseln. Und Mizunami? Das liegt im Distrikt Pesht, am Arsch des Universums. Aber dann starre ich auf ein Holovid -und der Koordinator befiehlt mir aufzubrechen. Was soll man da machen?
    André hat diesen abgelegenen Ort vorgeschlagen. Fünf Wasser, nach den Flüssen, die sich dort zum gewaltigen Okunisnoshi vereinen: zweimal so breit und dreimal so lang wie der Amazonas auf Terra. Das ist eine Menge Fluss. Der Weg, den wir eingeschlagen haben - André und ich voraus, der Alte Meister einen Meter hinter uns - zog sich in Schlangenlinien durch duftende Ufergräser am Fluss entlang. Wolken schillernd blauer Schmetterlinge tanzten über Felder voller winziger weißer Blumen. Riesige Mizunamizypressen mit Barten aus graugrünem Moos schmiegten sich ans Ufer, und das Wasser war so klar und sauber, dass ich ein Mosaik aus vielfarbigen Kieseln sehen konnte, und silberne Fische, die zwischen Wurzeln spielten - so dick wie mein Oberschenkel.
    Na schön, es war hübsch. Aber warum sollte der Koordinator ...? Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich drehte mich zu André um. »Sie haben das arrangiert.«
    »Meine Lippen sind versiegelt.« Und dann grinste er wie ein kleines Kind, dem gerade ein Streich geglückt ist. Man sollte meinen, eine Beförderung zum Tai-sho und zu meiner rechten Hand hätte ihn ein wenig gesetzter werden lassen. Er deutete mit dem Kinn auf eine kleine Erhebung etwa einen Kilometer vor uns. »Hinter diesem Hügel.«
    Ich hätte ihm am liebsten mit bloßen Händen die Mandeln herausgerissen, aber ich begnügte mich mit Grummeln und giftigen Blicken. Doch erst, als wir auf dem Hügel standen, und ich das Haus sah, bekam ich eine Ahnung, dass hier wirklich etwas im Busch war. Es war weniger das Haus als solches. Das waren nur ein paar luftige Zimmer mit einer breiten, überdachten Veranda und geöffneten Shoji. Ein weißer Kiespfad führte zu drei hölzernen Stufen an der Front des Hauses. An der Rückseite sah ich ebenfalls einen Weg, der zu einem Garten mit Japanzedern, Keyaki und Zypressen führte. Wir folgten dem gewundenen Pfad durch schlanken grünen Bambus - und dann sah ich es: einen Lichtkegel. Einen alten Mann, der auf einem Vorsprang aus schwarzem Fels saß. Er kehrte uns den Rücken zu. Langes, schneeweißes Haar hing über seinen Rücken hinab. Er sonnte sich, auf dieselbe träge Art, wie sich eine Eidechse auf einem Stein wärmt. Der Fels stand am Rand eines Katesansui. Man erkannte auf den ersten Blick, dass, wer immer diesen Steingarten pflegte, er sich große Mühe damit gab. Die Kiesel waren zu Mustern geharkt, die an Meereswellen denken ließen, die sich an den Küsten von Felsinseln brachen, die von Azaleen und dunkelgrünem Moos eingerahmt waren. Unsere Schritte machten ein Geräusch wie berstende Eierschalen, und der alte Mann drehte sich um.
    Selbst jetzt noch, obwohl es schon sehr spät ist und die Flamme meiner Kerze im heißen Wachs zu ertrinken droht, erinnere ich mich an diesen Augenblick, an dieses gespenstische Gefühl, das schon beinahe Angst ist. Wie soll ich es beschreiben? Das Stolpern über eine geheime Hoffnung? Ein Verlangen? Ich weiß es nicht. Das Gesicht des alten Mannes war von Runzeln bedeckt, und das Alter hatte seinen Rücken so gekrümmt, dass er fast zusammengefaltet wirkte. Aber ich erkannte ihn ... und schließlich brachte ich irgendwie sogar ein einzelnes Wort heraus. »Vater?«
    Langsam stand er auf. Er war sehr hager, die Glieder kaum dicker als Zweige, und die Finger vom Alter und langer Arbeit verknöchert. Trotzdem war er immer noch ein Krieger. Man sah es daran, wie er sich hielt. »Gashi, Musume«, antwortete er mit immer noch überraschend voller Stimme.
    Ich schrie nicht. Ich fiel auch nicht in Ohnmacht. Ich sc hm olz nicht einmal dahin in seinen Armen, alles vergeben und vergessen. Anfangs fühlte ich
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