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Tochter der Nacht

Tochter der Nacht

Titel: Tochter der Nacht
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Tiere zu kreuzen. Angesichts der Forschungen unserer Zeit auf dem Gebiet der Genmanipulation (DNA) ist das bei wei-tem keine so phantastische Vorstellung mehr wie damals, als ich zum ersten Mal darüber las.
    Ich habe über die Science-fiction-Begeisterung schon gesprochen, und es gibt eine ironische Bemerkung, nach der
    »die Wirklichkeit für alle eine Krücke ist, die mit Science-fiction nichts anfangen können.« Manche Leser kämpfen verzweifelt darum, daß ihre Lieblingslektüre als >seriös< angesehen wird – d. h. ebenso anerkannt wird wie populäre Romane über den Ehebruch der >grünen Witwen<. Sie reagieren äußerst ungehalten, wenn man diesen Ausspruch zitiert. Aber mein Lieblingsleser ist in der Lage, mit vollem Bewußtsein zu lesen. Er muß weder durch eine vertraute Umgebung in Sicherheit gewiegt werden noch durch Figuren, wie man sie an jeder Straßenecke oder als Klischees in der Unterhaltungsbranche findet.
    Deshalb möchte ich einen Schritt weitergehen und sagen: Science-fiction ist eine Krücke für alle, die mit Phantasie nichts anfangen können. Science-fiction zwingt den Leser, sich Technologien und Kulturen der Zukunft ohne die Krük-ke des Hier und Jetzt vorzustellen. Fantasy zwingt den Leser, sich mit seinen Archetypen zu beschäftigen, den Bildern, die im Unterbewußtsein der Menschen leben. Ihn bindet noch nicht einmal die >imaginäre Zukunft< an unsere alltägliche Welt. Fantasy führt uns geradewegs in unsere Psyche und zu unseren >Vorbildern<, zu den inneren Bedürfnissen von Seele und Geist. Michael Straight sagt über J. R. R. Tolkien: »Fantasy verhüllt das innere Wesen der Wirklichkeit nicht, sondern erhellt es.« Die unsterblichen Gestalten der Phantasie wie der Vogelmensch Papageno oder die Königin der Nacht müssen nicht durch solche Gemeinplätze wie Genmanipulation erklärt werden. Wie der Gestiefelte Kater und die Böse Stief-mutter existieren sie in der kollektiven Vorstellungswelt der Menschheit oder zumindest der abendländischen Kultur.
    Ist meine »Zauberflöte« also Fantasy, Science-fiction, eine Parabel, eine Allegorie oder einfach ein Märchen für das Kind in uns allen?
    Die Antwort überlasse ich dem Leser.

Marion Zimmer Bradley
    Berkeley, Kalifornien
     
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