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Tochter der Nacht

Tochter der Nacht

Titel: Tochter der Nacht
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Spielen konnte Tamino plötzlich die Zukunft sehen. Er sah, wie Pamina die Zauberglöckchen von Papageno zurück-forderte und hörte sogar, was Papageno erwiderte, als sie ihn dafür um Verständnis bat.
    »Schon gut, Herrin, ich bin mit meiner Lockpfeife ganz zufrieden. Zauberdinge sind nichts für meinesgleichen. Papagena und ich, wir brauchen so etwas nicht.«
    Er sah die Prozession, die sich durch die Stadt der Sternenkönigin wand: Er, Tamino, spielte die Zauberflöte und Pamina das Glockenspiel, um zu verkünden, daß fortan keine Halblinge mehr auf dem Blutaltar geopfert werden sollten.
    Manche verließen die Stadt und suchten sich eine Heimat in der Wildnis; dort lebten sie in Freiheit, bis Atlas-Alamesios in den Wellen versank, wie es das Schicksal bestimmte. Andere Halblinge blieben in der Stadt, und die Menschen mußten ihnen Schutz bieten und für sie sorgen. Und er, Tamino, wür-de diese Aufgabe übernehmen, wenn Sarastro nicht mehr war…
    ∗ ∗ ∗
    Die Boten erschienen mit ihrem lieblichen, magischen Gesang, begrüßten Tamino als Meister der Erde, der Luft, des Wassers und des Feuers, und als sie Pamina ebenso feierlich willkommen hießen, lächelte er ihr zu…
    »Und was sollen wir jetzt tun?« fragte Zeshi kaum hörbar.
    »Ich möchte nicht sterben wie Kamala…«
    Pamina erwiderte ernst: »Es steht dir frei, zu tun, was du tun willst, Schwester.«
    Disa blickte angsterfüllt zum Himmel auf, wo die Sternenkönigin verschwunden war, und warf sich Pamina zu Füßen: »Schwester, Schwester, verwandle mich nicht in einen Vogel oder in eine andere schreckliche Gestalt…«
    »Ich werde dir nichts zuleide tun.« Pamina seufzte. »Was möchtest du?«
    »Du… du besitzt jetzt soviel Macht…«, flüsterte Disa.
    »Werde ich zu den Prüfungen zugelassen, wenn ich mit zu Sarastros Tempel komme?«
    Pamina sah die Boten fragend an.
    »Ich weiß nicht. Ist das möglich?«
    ∗ ∗ ∗
    Die Boten antworteten wie aus einem Mund: »Die Prüfungen stehen allen offen, die sich ihnen aus freiem Willen unterziehen wollen.«
    ∗ ∗ ∗
    Pamina ergriff ihre Schwester schweigend bei der Hand, blickte sich dann im Land der Wandlungen um und fragte sich, ob sie jemals wieder zurückkommen würde. Die Liebe zu ihrer Mutter war ihr aus dem Herzen gerissen, dort klaffte nun eine tiefe, schmerzende Wunde… Und Tamino?… Pamina ergriff auch seine Hand und wartete darauf, daß die Boten sie im Triumph zu Sarastros Tempel und zu den Menschen geleiteten.
     
    Nachbemerkung
    Mozarts Oper Die Zauberflöte wurde am 30. September 1791 uraufgeführt. Sie entstand in Zusammenarbeit des Komponisten und seines Librettisten, Emanuel Schikaneder, einem populären Spaßmacher und Schauspieler in der Wiener
    >Kasperltheatertradition<. Bereits nach den ersten Aufführungen erkannte man, daß in dem Märchen eine tiefere Bedeutung liegt, daß es sich um eine Allegorie handelt. Und seit zweihundert Jahren fragen sich Zuschauer immer wieder nachdenklich: »Worin liegt die eigentliche Bedeutung?«
    Die Zauberflöte zog mich bereits als Kind in ihren Bann. (Als junges Mädchen war ich eine begeisterte Science-fiction-An-hängerin und legte mir für kurze Zeit in Anlehung an die Königin der Nacht das Pseudonym Astrafiammante zu. Diese Phase dauerte nicht lange, bald begnügte ich mich mit der Abkürzung Astra und gab es schließlich völlig auf. Doch keiner meiner damaligen Fans läßt es mich vergessen: Auf Science-fiction-Tagungen werde ich immer noch damit ge-neckt.)
    Ich habe bisher hauptsächlich Fantasy und Science-fiction geschrieben, und natürlich sehe ich Die Zauberflöte in diesem Licht.
    Für meine Erzählung habe ich mich notwendigerweise vieler Quellen bedient. Ich habe Literatur über den Freimaurer-Symbolismus der Oper gelesen – Mozart und Schikaneder waren Freimaurer –, und den Film von Ingmar Bergman gesehen, mit dem Haakon Hagegaard als Papageno zum Super-star wurde. Ich möchte gleich sagen, daß ich von Bergman nur eine Idee übernommen habe: Pamina, die Tochter der Königin der Nacht, ist auch Sarastros Tochter. Es trägt zur Klärung der schwer durchschaubaren Beziehungen bei und auch der Rivalität zwischen dem Priester-König und der Kö-
    nigin, die sonst unverständlich ist.
    Meine Geschichte ist auch von dem Mythos beeinflußt, daß eine alte Kultur vor unserer Zeit wegen des Mißbrauchs bestimmter Wissenschaften vernichtet wurde, unter anderem deshalb, weil man blasphemisch versuchte, Menschen und
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