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Tiere

Tiere

Titel: Tiere
Autoren: Simon Beckett
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ok?» Es klang eher gelangweilt als böse.
    Ich wurde ein bisschen nervös. Es musste unbedingt etwas trinken. «Und mein Essen?», fragte ich. Es guckte mich an und sagte: «Du willst vorher essen? Du bist ein echtes Raubtier, was?» Ich wurde rot, aber es lachte nur, schaute auf seine Uhr und meinte: «Na schön, meinetwegen, dann nehme ich eine Tasse Tee.»
    Ich sagte, dass ich in einer Minute zurück wäre, und ging wieder hinter die Theke und in die Küche. Ich schloss die Thekenklappe hinter mir, damit ich hören konnte, falls das Rothaarige mir folgen sollte. Dann setzte ich Wasser auf und lief so leise wie möglich nach oben ins Badezimmer. Ich nahm eine Flasche mit den Tabletten meiner Mama aus dem Schrank und ging wieder nach unten. Von den richtig starken waren keine mehr übrig, weil ich die schon aufgebraucht und den Rest in den Whisky getan hatte. Aber ich hatte noch genug von den Tabletten, die sie davor genommen hat, und von denen musste ich einfach nur mehr reintun.
    Da das Wasser noch nicht kochte, als ich runterkam, blieb mir genug Zeit, um die Tabletten mit dem Nudelholz meiner Mama zu zermahlen. Das Puder tat ich mit einem Teebeutelin eine Tasse und rührte um. Sie lösen sich immer ziemlich schlecht auf. Selbst den Whisky muss ich vorher immer erst schütteln, damit sich das weiße Zeug vom Boden löst. Zur Sicherheit gab ich ein paar Zuckerwürfel und Milch in den Tee und rührte noch einmal um.
    Als ich in die Schankstube zurückkam, saß es vor meinem Essen am Tisch und aß von den Pommes. Als es mich sah, lächelte es. «Hast mich ertappt, was?», sagte es. Ich wusste nicht, was es meinte, und fragte: «Wobei?» – «Wie ich dir deine Pommes wegesse», sagte es. «Tut mir leid, aber wenn man sie riecht, kann man nicht widerstehen, oder? Obwohl sie meiner Figur nicht guttun.»
    Es sah nicht so aus, als müsste es auf seine Figur achten. Als ich ihm die Teetasse gab, sagte es danke und trank einen Schluck. Sofort verzog es das Gesicht. «Mein Gott, wie viel Zucker hast du denn da reingetan?», fragte es.
    «Nur einen Würfel», sagte ich.
    «Aber einen großen», sagte es.
    «Ist er zu süß?»
    «Nein, schon in Ordnung. Früher habe ich immer zwei genommen, aber das habe ich runtergeschraubt.» Es nahm noch einen Schluck und sagte: «Keine Ahnung, was für einen Tee du hast, aber ich kaufe immer eine andere Sorte.» Ich schob die Pommes und den Fisch rüber.
    «Willst du noch Pommes?», fragte ich. «Du mästest mich», sagte es und bediente sich. Aber nur von den Pommes, nicht vom Fisch.
    Mitten im Kauen begann es zu gähnen. Ich aß weiter und versuchte, mir nichts anmerken zu lassen. Es trank noch einen Schluck Tee, aber als es dann die Tasse absetzte, verfehlte es fast den Tisch.
    «Ich fühl mich komisch», sagte es. Es sprach ziemlich undeutlich und sah aus, als könnte es die Augen kaum offen halten. Ich hob seine Tasse hoch und sagte: «Trink noch einen Schluck.» Es versuchte, den Kopf zu schütteln, aber ich hielt ihm den Becher genau vor den Mund, und es nahm noch ein paar Schlucke, bevor es den Kopf wegdrehte. Der Tee tropfte ihm vom Kinn. Es hatte einen komischen Blick aufgesetzt und sagte etwas, aber ich konnte es nicht verstehen. Dann versuchte es aufzustehen, setzte sich aber sofort wieder hin. Ich ging hinüber und half ihm auf. Es lehnte sich an mich, und als ich es zur Kellertür führte, sackte ihm der Kopf weg. Der Gang die Treppe hinab war etwas heikel, weil es total schlaff war. Aber das waren sie immer, und ich bin schon mit Schwereren fertiggeworden.
    Als wir unten waren, öffnete es die Augen und wollte etwas sagen. Ich lehnte es gegen die Wand, während ich die Tür am anderen Ende entriegelte, doch dann sagte es nein und versuchte wegzugehen. Es sah ziemlich komisch aus, denn seine Beine waren total wacklig. Ich musste loslaufen, damit ich es auffangen konnte, bevor es vornüberkippte. Wenn sie erst mal am Boden liegen, kriegt man sie kaum noch hoch.
    Als ich es zum letzten Abteil führte, sagten die anderen, das alte Weib, das Dicke und das Schwarze, kein Wort. Sie schauten einfach zu. Das alte Weib brummelte nur wie immer vor sich hin, und dann sagte das Schwarze: «Nein, Mann», und begann zu stöhnen und den Kopf zu schütteln. Das macht es häufig.
    «Du kannst sie hier bei mir reinstecken, wenn du willst», sagte das Dicke. Wenn ich das Rothaarige nicht hätte halten müssen, hätte ich ihm einen Eimer Wasser über den Kopfgekippt. Aber da ich das im Moment
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