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Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer

Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer

Titel: Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer
Autoren: Christoph Kappel
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kündigte den ersten Auftritt von Maribor, laut Drehbuch Hexe Rabias sprechender Kater, an. Meine Aufgabe war es nun, die Tiere in eine gute, uns geneigte Stimmung zu versetzen. Ich trug das jeweilige Tier, das kurz vor seinem Auftritt stand, auf meinen Armen umher. In der eiskalten Höhle verpackte ich den Kater in meinem Anorak, sodass nur der Kopf herausschaute, der dann gern mal ein Stück frisch gebratene Hühnchenbrust in Empfang nahm.
    Die Aufgabe, die Dandy, das Lauftalent, erwartete, hatte es in sich, aber wir waren bestens vorbereitet. In der Höhle sollte der Kater nämlich bestimmte Wege über das Eis laufen und bei einer Verfolgungsjagd in letzter Sekunde durch eine Höhlenöffnung verschwinden. Gerade noch rechtzeitig, bevor diese sich schließt und »nur« der Schwanz eingeklemmt wird.
    Meine Konzentration war bei einhundert Prozent, der Aufnahmeleiter fing an, rückwärts zu zählen, und brüllte bei »eins« angekommen ein unmissverständliches »Ruhe bitte!« in die Runde. Todesstille am Set, da kam es, das Signal für den Meister der Töne, das »Ton ab« des Aufnahmeleiters, »Ton läuft«, schrie es aus dem Hintergrund zurück. Es knisterte förmlich in der Höhle, alle standen in den Startblöcken.

    »Kamera ab«, kam von der Regie, »Kamera läuft«, erwiderte der Kameramann. In diesem Augenblick war der Klappen-Assistent die gefragteste Person: »Klappe, die erste«, das Signal für die Regie, das Zauberwort auszusprechen: »Bitte!« Meinen Adrenalinspiegel wage ich für diesen Moment nicht zu schätzen. Jetzt galt es: Dandy musste es richtig machen. Auf diesen Moment hin hatte sich unser monatelanges, intensives Vorbereitungstraining konzentriert. Auf mein Kommando musste der Kater über das spiegelglatte Eis durch die Höhlenöffnung flitzen, obwohl er wusste, dass sich diese fast im selben Moment, in dem er hindurchspurtete, schließen würde. Die Schiebetür des Esszimmers bei mir zu Hause war die perfekte Simulation der Höhlentür gewesen.
    Die Hauptdarstellerin Corinna Harfouch, die während dieser Dreharbeiten an den verschiedenen, abenteuerlichen Drehorten Kummer gewohnt war, spielte in Bibi Blocksberg die Hexe Rabia. Der arme Maribor wurde in dieser Szene von Rabia mit einem beherzten Ruck aus seiner misslichen Lage befreit, obwohl die Hände der Schauspielerin fast erfroren waren. Und wir wären nicht beim Film, wenn der eingeklemmte Schwanz nicht ein nachgebautes Fellbüschel gewesen wäre.
    Da ein »One Take Wonder«, also ein beim ersten Versuch geglückter Dreh, zu den Raritäten bei Dreharbeiten zählt, musste der Kater mehrfach seinen Weg über das kalte Element wiederholen. In der Eishöhle bewältigte er sieben Mal die Strecke durch die sich schließende Öffnung. Dandy lief seinen Parcours vorbildlich, die Spannung fiel schließlich von mir ab und ich war stolz auf meinen Kater. Jedes Mal, wenn er am Ziel angekommen war, belohnte ich ihn mit einem kleinen Stück Hühnchenbrust, das liebevoll in Olivenöl angebraten war. Ich habe mir und meinen Nerven erlaubt, auch ab und an eine Kleinigkeit davon zu beanspruchen. An dieser Stelle muss ich
unbedingt das Cateringteam erwähnen, das Tag und Nacht für die Crew da ist und sich auch nicht ziert, wenn es in der größten Hektik zwischendrin heißt: »Bitte einmal medium anbraten für Kater Maribor.«

    Katzen verbringen ihr Leben gewöhnlich nicht auf dem Eis, und sollten sie je in die unangenehme Situation kommen, diesen viel zu kalten und viel zu glatten Untergrund betreten zu müssen, würden sie es angewidert und mit äußerster Vorsicht und Zurückhaltung tun. Aber nur, wenn es wirklich unbedingt sein müsste. Es ist und bleibt ungewöhnlich für ein Samtpfötchen, eine solch »eiskalte« Szene – und das mehrmals – zu absolvieren. Im Training musste es deshalb darum gehen, das Ganze zu einem Spiel werden zu lassen, das niemals mit einem Schreck, Stress oder irgendeiner negativen Stimmung verbunden wird. Während der gesamten Vorbereitungen musste ich strengstens darauf achten, dass das Tier in bester Stimmung blieb. Sobald sich der Kater am Set an das positiv besetzte Spiel dieses Vorbereitungstrainings und an die damit verbundene Aufgabe erinnert, ist es eine Leichtigkeit, das Trainierte auch in der fremdartigen Umgebung abzurufen. Gewisse Elemente muss er natürlich wiedererkennen: Ich bin da, meine Zeichen und die »vereinbarten« Hinweise sind da, und natürlich der bestens bekannte, mit Heizkissen präparierte
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