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Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Titel: Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall
Autoren: Roman Rausch
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Pferde nicht scheu machen.
    Kilian wurde unruhig. Er ging an der Hafenmole entlang und überprüfte die in die Altstadt abzweigenden kleinen Straßen, vielleicht würde Galina aus dieser Richtung kommen. Außer Händlern, Taschendieben und Geldtaschen war jedoch nichts zu sehen. Vielleicht war sie aber auch gewarnt worden? Keiner konnte hier den Mund halten. Obwohl das oft der Gesundheit zuträglicher war.
    Er ging auf einen Fischer zu, der gerade sein Boot für die Nacht klarmachte. Es war einer von der Sorte, die wusste, was in ihrem Viertel, im Hafen vor sich ging. Seine Augen waren stets überall, die Ohren weit geöffnet, und sein siebter Sinn schlug Alarm, wenn Gefahr im Anzug war. In diesem Moment war es so weit. Er zog eilends den schmalen Holzsteig von der Hafenmauer zurück auf sein Boot.
    »Scusi, signore!«,
rief ihm Kilian zu.
    »Non capisco«,
kam es zurück, und der Fischer ging unter Deck.
    Mist. Sogar ein dahergelaufener Fischer hatte ihn erkannt. Zumindest ahnte er etwas. Kein Wunder, dass Galina nicht auftauchen würde. Sie hatte den Braten bestimmt schon von weitem gerochen und ahnte, dass hier jemand anderes als ein Käufer auf sie wartete.
    Kilian beschloss, die Sache abzubrechen und Pendini zu informieren. Er kramte in seiner Hosentasche nach dem Schlüssel für die Harley, die wenige Meter weiter im Schutze eines Carabiniere stand. Kilian hatte ihm erlaubt, sie zu bewachen. Und das machte er gut. Zwei schwarzhaarige Fraschette belagerten ihn, während er von seinen Touren durch die Alpen und nach Spanien prahlte.
    Kilian ging auf ihn zu, als eine grüne Jaguar-Limousine in die Via di Gramsci einbog und vor dem Eingang zur Altstadt hielt. Ein Hüne in schwarzem Anzug stieg auf der Beifahrerseite aus und öffnete die Hintertür. Anmutig trat Galina auf das schmierige Trottoir. Allem Anschein nach war sie Kubanerin. Kaffeebraune Haut, hoch gewachsen, mit schwarzem Kurzhaarschnitt. Ein weißes, eng anliegendes, rückenfreies Kleid schwebte respektvoll um ihren Körper. Sie drehte ihren Kopf zur Seite und deutete den Weg. Touristen und Einheimische traten ehrfurchtsvoll zur Seite. Der Fahrer lief eilfertig um den Wagen und steuerte zusammen mit dem Hünen auf die Via di Pré zu. Bevor sich die Gasse, die die Leibwächter für sie freigemacht hatten, hinter Galina wieder schloss, bestaunte Kilian, was er da vor sich sah. Galina war mehr als nur eine Kriminelle, die er dingfest machen sollte. Sie war eine von diesen Frauen, für die man sich wider besseres Wissen ins Unglück stürzte, um einen Traum Wirklichkeit werden zu lassen.
    Er war gefährdet wie jeder andere Mann an seiner Stelle auch. Das wusste er, als er seinen Armani-Anzug zurechtzupfte, die schulterlangen braunen Haare zurückstreifte und sich auf den Weg ins La Gondola machte, um in die Rolle des Hubertus von Schönborn zu schlüpfen – dem Abgesandten eines Konsortiums finanzkräftiger Investoren.

3
    In der Bischofsstadt mit den 99 Kirchen tobte indes ein Gewitter, dass es selbst dem frömmsten Katholiken angst und bange um sein Seelenheil wurde. Das Unwetter hatte sich im Kessel, in den sich die Mainstadt schmiegte, festgesetzt. Der Himmel entlud sich zornig zwischen den drei Haupterhebungen der mainfränkischen Metropole, dem Steinberg, Festungsberg und Galgenberg. Der Sturm peitschte den Regen durch das Tal und wusch die wertvollen Weinböden aus. Die Straßen im Frauenland und in Grombühl waren Sturzbächen gewichen, die herrenlose Fahrräder und Mülltonnen mit sich rissen. Die Blaulichter ausrückender Feuerwehren tanzten über den Autodächern, und der Klang der Martinshörner vermischte sich mit dem Heulen des Sturms und dem Bersten und Grollen des Gewitters.
    Ungeachtet dessen fand im obersten Stockwerk der Polizeidirektion eine kleine, förmliche Abschiedsfeier statt. Rund dreißig uniformierte Beamte harrten seit einer geschlagenen halben Stunde in Habtachtstellung aus, um den gesalbten Worten ihres Polizeidirektors Ferdinand Oberhammer zu lauschen. Oberhammer war ein stämmiger, nicht allzu großer, grobschlächtiger Typ. Im runden und gut durchbluteten Gesicht thronte ein beträchtliches Riechorgan, das er hin und wieder mit weißem mentholhaltigem Schnupftabak füllte. Darüber prangten zwei buschige Augenbrauen, die ihn in die Nähe des früheren Wirtschaftsministers rückten. Seine Hände waren kräftig und an den Knöcheln so behaart, dass er kalte Finger im Winter nicht zu fürchten brauchte. Doch all das
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