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The Homelanders - Im Visier des Todes (Bd. 4) (German Edition)

The Homelanders - Im Visier des Todes (Bd. 4) (German Edition)

Titel: The Homelanders - Im Visier des Todes (Bd. 4) (German Edition)
Autoren: Andrew Klavan
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der Art, wie ich den Laden hier führe, etwas nicht stimmt. Glaubst du, dass damit etwas nicht stimmt, Dreckstück?«
    Noch immer rieb ich mir die Wange, und noch immer antwortete ich nicht. Aber das reichte dem Hofkönig nicht.
    Als er dieses Mal zuschlug, war ihm meine Hand im Weg. Ich blockte den Schlag zwar ab, spürte aber trotzdem seine Wucht.
    »Ich habe dich was gefragt, Dreckstück!«, herrschte Dunbar mich an. »Du glaubst, dass ich meine Arbeit nicht richtig tue? Willst du dich bei meinen Vorgesetzten über mich beschweren?«
    Ich überlegte, was ich sagen sollte. Alles, was mir durch den Kopf ging, war das Leben, das ich einmal gehabt hatte. Ich dachte daran zurück, wie es zu Hause gewesen war, und dass meine Eltern, der Pfarrer, die Lehrer und auch mein Karatelehrer Sensei Mike mich ermahnt hatten, immer die Wahrheit zu sagen, was auch geschah. Es kam mir vor, als sei es erst gestern gewesen, und doch schien es schon eine Million Jahre her zu sein. In dieser Welt damals gab es keine Typen wie Chuck Dunbar – und wenn, dann kannte ich sie nicht und sie hatten auch nicht die absolute Kontrolle über mein Leben. Zu Hause war es leicht zu verlangen: »Sag die Wahrheit, was auch geschieht«, solange es keinen Kerl gab, der dir mit Freuden jeden einzelnen Knochen im Leib brach, ohne je dafür bezahlen zu müssen.
    Trotzdem sagte ich nichts. Mir fiel einfach nichts ein.
    Dunbar grinste wieder auf diese unheimliche, fast verträumteArt, in der ich ein krankhaftes Vergnügen an Brutalität und Grausamkeit erkannte.
    »Charlie West«, rasselte er. Mein Name hörte sich ziemlich übel an, wenn er ihn aussprach, wie der irgendeiner schleimigen Kreatur, vor der man sich ekelt. »Du hältst dich wohl für was ganz Besonderes, Charlie West. Ich habe dich beobachtet. Du meinst, du seist was Besseres als wir anderen hier.«
    »Nein, ich …«
    Wieder schlug er mich, nicht fest, aber fest genug, um mich zum Schweigen zu bringen.
    »Du bist nichts«, befand er, und seine blassen Augen leuchteten. »Du bist weniger als nichts. Du bist nur ein Stück Müll, das über den Hof gefegt wird. Das werde ich dir schon noch beibringen, West. Ich werde es mir zur besonderen Aufgabe machen, dir das beizubringen. Es wird mein Hobby, mein Zeitvertreib. Von jetzt an wirst du für das geringste Vergehen, den kleinsten Fehler und das erste falsche Wort, das aus deinem Mund kommt, im Anbau landen.«
    Ich erstarrte, als ich das hörte, und mein Herz krampfte sich vor Angst zusammen. Der Anbau. Jeder Gefangene in Abingdon wusste, was das bedeutete. Dorthin brachte der Hofkönig diejenigen, denen er eine Lektion erteilen und sie mit seinen Fäusten oder einem Schlagstock bearbeiten wollte. Das Gebäude stand im Schatten der Hofmauer und war nur zum Teil von einem der Wachtürme aus einzusehen. Sobald man drinnen war, konnte niemand beobachten, was dort passierte. Und niemand konnte etwas sagen. Es war das Zentrum des sadistischen Reiches, über das der Hofkönig regierte.
    »Ich habe dir eine Frage gestellt, Dreckschwein«, erinnerte er mich. »Wie kann ein Häftling auf diesem Hof ein Messer haben, wenn ich dafür zuständig bin, den Laden sauber zu halten? Glaubst du, ich mache meinen Job nicht richtig? Glaubst du, ich habe einen Fehler gemacht? Antworte!«
    Ich weiß, ich hätte ihm antworten sollen. Ich hätte einfach lügen und sagen sollen: »Nein, Sir. Sie leisten hervorragende Arbeit.« Ich hätte sagen sollen: »Da war kein Messer, Sir. Da kann gar kein Messer gewesen sein, Sir. Denn Sie machen keine Fehler, Sir.«
    Genau das hätte ich sagen sollen, aber irgendwie … So weit ich auch von zu Hause weg sein mochte, irgendwie konnte ich einfach nicht vergessen, was meine Mom und mein Dad und Sensei Mike mir beigebracht hatten. Ich konnte die Lüge einfach nicht aussprechen. Sie blieb mir im Hals stecken, sauer und ekelhaft. Also stand ich nur da und starrte in das faustartige Gesicht dieses grausamen, kranken kleinen Mannes.
    Dunbar grinste. »Worauf wartest du, Dreckstück? Meinst du etwa, dir würde jemand helfen? Niemand wird dir helfen. Hier drin bist du ganz allein.«
    Ich wollte ihm weiß Gott keine Widerworte geben, sondern klug sein und schweigen. Aber ich konnte es nicht verhindern, die Worte brachen einfach aus mir heraus.
    »Ich bin nicht allein«, erklärte ich ihm. »Ich bin nie allein.«
    Dunbars Gesicht verzerrte sich vor Wut. Als er dieses Mal die Hand hob, hielt er einen Elektroschocker darin. Ich sah ihn nur einen
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