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The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

Titel: The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder
Autoren: O'Brien Caragh
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und dennoch wünschte sie, dass es anders wäre, dass sie dieses Kind zurück zu seiner Mutter bringen und ihr sagen könnte: Hier, nimm die kleine Priscilla. Flieh mit ihr ins Ödland und kehre niemals zurück.
    Sie trat um die letzte Ecke und sah die gewölbten Flügel des Südtors, darüber eine einzelne, helle Glühbirne in einer Laterne aus verspiegeltem Glas, die ihr Licht auf das Tor und den festgestampften Boden warf. Zwei Wachen in schwarzen Uniformen standen vor den beiden schweren Holztüren. Sie strich ihr Haar nach vorn über ihre linke Wange und drehte sich unwillkürlich so, dass diese Seite ihres Gesichts im Schatten blieb.
    »Wenn das mal nicht eine kleine Lieferung ist«, sagte der größere der beiden Soldaten. Er zog seinen breitkrempigen Hut mit einer schwungvollen Bewegung vom Kopf und klemmte ihn sich unter den Ellbogen. »Bringst du uns ein Kind von deiner Mutter?«
    Gaia trat vor. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, und sie musste kurz Atem schöpfen. Ein Vogel flog mit plötzlichem Flügelrauschen über sie hinweg, als Gaia einen weiteren Schritt vortrat, ins beruhigende Licht der Laterne.
    »Es kommt von mir«, sagte Gaia. »Es ist mein erstes.«
    »Ist das wahr?«, fragte der zweite Wachmann und klang beeindruckt.
    »Ohne Hilfe«, sagte sie stolz, legte einen Finger unter das Kinn des Babys und betrachtete zufrieden die ebenmäßigen Züge, das vollkommene kleine Grübchen über der Oberlippe. Das große Tor öffnete sich, und Gaia sah eine weiß gekleidete Frau auf sich zukommen. Sie war klein und hatte den runden Leib einer Frau, die immer gut zu essen bekam. Ihr Gesicht wirkte erfahren und kompetent, und, wenn Gaia sich nicht täuschte, ungeduldig. Gaia kannte sie nicht, aber sie hatte früher schon Frauen vom Säuglingsheim gesehen.
    »Ist das Baby gesund?«
    Gaia nickte. »Ich hab nicht geschafft, es sauber zu machen«, entschuldigte sie sich. »Ich hatte keine Assistentin.«
    »Dann war das deine erste Entbindung? Es gab doch keine Schwierigkeiten mit der Mutter, oder?«
    Gaia zögerte. »Nein«, sagte sie. »Sie war froh, der Enklave zu dienen.«
    »Und wann war die Geburt?«
    Gaia griff zur Kette, die sie um den Hals trug, und zog die Taschenuhr aus ihrem Ausschnitt. »Vor dreiundvierzig Minuten.«
    »Ausgezeichnet«, sagte die Frau. »Denk daran, morgen früh am Marktplatz Name und Adresse der Mutter zu überprüfen, damit sie auch sicher ihre Entschädigung erhält.«
    »Das werde ich«, sagte Gaia und ließ die Uhr wieder in ihrem Kleid verschwinden.
    Die Frau wollte schon nach dem Baby greifen, doch dann richtete sich ihr Blick plötzlich auf Gaia, und sie hielt inne. »Lass mich dein Gesicht sehen, Kind«, sagte die Frau sanft.
    Gaia hob ihr Kinn ein wenig an und strich sich widerstrebend das Haar hinter ihr linkes Ohr zurück. Sie drehte sich ins Licht der Laterne über dem großen Tor. Und nun betrachteten sechs Augen in sprachloser Neugierde ihre Narbe. Gaia zwang sich, stillzustehen und den schmerzhaften Blicken standzuhalten.
    Der größere der beiden Wachmänner räusperte sich unbehaglich und hielt sich die Faust vor die Lippen.
    »Du hast gute Arbeit geleistet, Gaia Stone«, sagte die Frau schließlich und schenkte ihr ein weises Lächeln. »Deine Mutter wird stolz auf dich sein.«
    »Danke, Schwester«, sagte Gaia.
    »Ich bin Schwester Khol. Grüß sie von mir.«
    »Das werde ich, Schwester.«
    Gaia ließ ihr Haar wieder ins Gesicht fallen. Es überraschte sie nicht, dass die Frau aus der Enklave ihren Namen kannte. Zu oft schon hatte Gaia jemanden zum ersten Mal getroffen, nur um dann feststellen zu müssen, dass er bereits von ihr gehört hatte, der Tochter von Bonnie und Jasper Stone, dem Mädchen mit dem verbrannten Gesicht. Schwester Khol hielt ihr die Hände entgegen, und Gaia löste den Säugling behutsam von der Wärme ihrer linken Seite, um ihn ihr vorsichtig zu reichen. Einen Moment lang fühlten sich ihre Handflächen leicht an, leer und kalt. »Ihr Name ist Priscilla«, sagte Gaia.
    Schwester Khol warf ihr einen eigentümlichen Blick zu. »Danke. Das ist gut zu wissen«, sagte sie.
    »Dir steht eine arbeitsreiche Zeit bevor«, sagte der groß gewachsene Soldat. »Und dabei bist du erst siebzehn, oder nicht?«
    »Sechzehn«, sagte Gaia.
    Plötzlich und unerklärlicherweise wurde ihr schlecht, als ob sie sich übergeben müsste. Sie lächelte flüchtig, wechselte ihre Tasche auf die andere Schulter und wandte sich ab.
    »Auf Wiedersehen«, sagte Schwester
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