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Tharsya. Die Rückkehr der roten Drachen

Tharsya. Die Rückkehr der roten Drachen

Titel: Tharsya. Die Rückkehr der roten Drachen
Autoren: Ruth M. Fuchs
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abhängig, so ausgeliefert; ein Windstoß und schon ist die ganze Pracht dahin; und ich kann sehen, wo ich bleibe, und wieder eine halbe Ewigkeit warten, bis ich mich ganz klar sehe. Aber so ein Spiegel, den kann man immer und überall verwenden. So wie die Zwergin, die damit vor einiger Zeit über die Wiese tanzte!“ Die Nymphe deutete auf die Stelle. „Ich wollte das Ding haben, aber die dumme Pute wollte es nicht hergeben.“
    Rusilda zog einen Schmollmund.
    Floritzl belegte in Gedanken Frauen im allgemeinen und die Zwerginnen im besonderen mit einem wenig schmeichelhaften Ausdruck. Was mussten diese Weiber auch immer tanzen und sich herausputzen und mit ihren Sachen angeben!
    „Ich habe dich vor kurzem mit so einem Spiegel hier entlang kommen sehen ...“ fuhr die Nymphe an Lumiggl gewandt fort.
    Lumiggl Gedanken wanderten zurück zu seiner Höhle. Dort war tatsächlich ein solcher Spiegel, hergestellt von den Erdzwergen (6) , extra für Lumiggl, d.h. letztendlich für Milvola. Es war ein zierlicher Silberspiegel, den Lumiggl als Geschenk für sie erworben hatte. Einen großen Korb sorgsam geschälter Körner des wilden Weizens hatte er dafür gegeben, die Arbeit vieler Tage – und als er endlich fertig gewesen war, waren seine Finger taub und rissig gewesen und er hatte geglaubt, nie wieder gerade stehen zu können, so weh hatte im alles getan, vom langen Bücken. Er hatte sich schon auf Milvolas entzücktes Lachen gefreut und ihre gespielte Entrüstung über das viel zu teure Geschenk. Bestimmt hätte sie ihm einen Kuss auf die Wange gedrückt und ihm dann den ersten Tanz versprochen und vielleicht sogar den Platz an ihrer Seite beim Festschmaus. Er konnte diesen Spiegel doch nicht einfach so einer habgierigen Nymphe überlassen. Doch zugleich wusste er ganz genau, dass kein Weg daran vorbeiführte.  
    „Unsinn“, redete derweil Floritzl auf die Nymphe ein. „Was sollte ein Wombling mit einem Spiegel wollen? Das muss was anderes gewesen sein. Auf keinen Fall ein Spiegel. Lumiggl, sag du ihr, was das war!“
    „Ein Spiegel.“
    „Siehst du es war kein ... Was? Ein Spiegel? Was machst du auf einmal mit einem Spiegel?“
    „Ein Geschenk für Milvola.“
    „Oh ...“
    Lumiggl seufzte tief und wandte sich dann an Floritzl, wobei er versuchte, möglichst gefasst zu erscheinen: „In meiner Höhle, in einem blauen Beutel neben meinem Bett liegt so ein Spiegel. Würdest du ihn bitte holen?“
    Floritzl sah ihn forschend an. Schon öffnete er den Mund, um Einwände zu machen, ließ es dann aber, als er Lumiggls deprimierten Blick sah. Er nickte nur kurz und flog davon, um den Spiegel zu holen.
    Rusilda schaukelte derweil vergnügt auf den Wellen, voller Vorfreude auf ihr Geschenk. Lumiggls Betrübnis bemerkte sie gar nicht, und wenn, störte sie sich nicht daran. Sie ließ sich von der Strömung wiegen und stimmte ein Lied an über die Schönheit der Nymphen und das Glück und die Seligkeit, das jeder Mann nur bei ihnen finden konnte.
    Lumiggl saß im seichten Wasser und fühlte sich durch die Gegenwart der Nymphe weder beglückt noch voller Seligkeit. Er war den Tränen nahe. Dieser Tag hätte der schönste seines Lebens sein sollen – und jetzt?
    „Ach, mein Spiegel“, jammerte er. „Wie lang hab ich gearbeitet und geschuftet, um ihn zu bekommen! Für die schönste Womblinga der Welt sollte er sein!“
    „Du meinst sicher, die schönste Nymphe der Welt“, Rusilda hatte ihr Lied unterbrochen und schwamm heran, „Das schönste Wesen der Welt überhaupt! Mal ehrlich, wer außer mir braucht eigentlich überhaupt einen Spiegel? Wer hat schon ein Aussehen, das es wert wäre, sich darin zu spiegeln? Ganz sicher nicht irgend so eine kleine Womblinga.“
    „Sie ist nicht irgendeine!“, brauste Lumiggl auf. Dann aber zuckte er müde die Schultern, „Das verstehst du nicht. Du liebst niemanden als dich selbst. Da kannst du das gar nicht verstehen.“
    In diesem Moment kam Floritzl zurück. Rusilda vergaß alles andere und streckte verlangend die Hände nach dem Spiegel aus.
    „Moment!“ Floritzl flog etwas höher, um außerhalb ihrer Reichweite zu sein, „zuerst die Kleider.“
    „Ach ja“, Rusilda hob ihm das Bündel mit der einen Hand entgegen, mit der anderen griff sie nach dem Spiegel.
    „Oh, ich bin ja noch schöner als ich dachte!“, rief sie entzückt, kaum dass sie einen ersten Blick auf ihr Spiegelbild geworfen hatte. Sie drehte sich auf den Rücken, hielt den Spiegel über sich und ließ
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