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Teufelskreise (German Edition)

Teufelskreise (German Edition)

Titel: Teufelskreise (German Edition)
Autoren: Linda Robertson
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fernhalten, das übersteigt meinen Verstand.«
    »Das ist der einzige Zeitpunkt, zu dem es sicher ist! Dann befinden sie sich schon in der Wandlung!«
    Ich erschrak, als das Telefon klingelte, und eilte in die Küche. Ein Blick auf die Uhr über dem alten olivfarbenen Herd sagte mir, dass es noch nicht einmal sieben Uhr war. So frühe Anrufe bedeuteten gewöhnlich nichts Gutes. »Hallo?«
    »Ich würde gerne mit Persephone Alcmedi sprechen«, sagte eine förmliche Frauenstimme.
    Es beunruhigte mich, dass die Anruferin sowohl meinen Vor- als auch meinen Nachnamen auf Anhieb richtig aussprach. Das passierte nur äußerst selten. Ich hoffte, dass es sich bei ihr nicht um die Leiterin des Pflegeheims handelte. Dort hatte man mich schon vorgewarnt, dass es Zeit und Nerven kosten würde, Nanas Rente umzustellen, und vor der ersten Tasse Kaffee würde ich nicht so schnell denken können, wie die Leiterin es wahrscheinlich von mir erwartete. »Und wer ruft um halb sieben Uhr morgens an, wenn ich fragen darf?«
    »Vivian Diamond.«
    Ich wusste, wer sie war – niemand vom Pflegeheim. Sie war die Hohepriesterin des einzigen Konvents in Cleveland, der vom Ältestenrat der Hexen anerkannt wurde. Vivian brüstete sich gerne mit ihren Kontakten, was mich allerdings wenig beeindruckte. Außerdem neigte sie dazu, mit ihrem Führungsstil echte praktizierende Hexen vor den Kopf zu stoßen und sich bei wohlhabenden Möchtegernen anzubiedern, weshalb ich auch nicht die Treffen und offenen Rituale besuchte, die sie abhielt. Als Einzelgängerin fühlte ich mich hier im tiefsten Ohio ganz wohl.
    »Bitte verzeihen Sie die frühe Störung«, sagte sie mit leichtem Näseln, »aber ich brauche Ihre Hilfe. Sie wurden mir empfohlen.«
    »Empfohlen? Von wem?«
    Sie zögerte. »Von Lorrie Kordell.«
    Lorrie hatte sich früher bei Vollmond in meinen Zwinger sperren lassen, hatte aber dann den Job gewechselt und war nach Cleveland gezogen. Sie war alleinerziehende Mutter einer Tochter, Beverley. Seit Lorrie einen Zwinger in der Stadt gefunden hatte, vermisste ich die Abende mit Beverley, an denen ich mit dem Mädchen Popcorn gegessen und Disneyfilme angesehen hatte. Knusprige Snacks und Musicals waren sehr geeignet, um den Lärm der eingesperrten Wærwölfe zu übertönen. »Woher kennen Sie Lorrie?«
    »Wer ist am Telefon, Seph?«, rief Nana dazwischen.
    Ich stellte das Telefon auf stumm und schrie zurück: »Es ist für mich!« Würde sie etwa von nun an ihre Nase in alles stecken?
    »Sie ist seit Kurzem Mitglied in meinem Konvent«, antwortete Vivian.
    Der Schreck verschlug mir die Sprache. Das war es, was Nana vorhin mit ihrer Bemerkung gemeint hatte. Normalerweise mieden Wærwölfe magische Rituale um jeden Preis. Die gerufenen Energien konnten dazu führen, dass sich einige Körperteile verwandelten – gewöhnlich der Kopf und die Arme – , größer als der physische war allerdings der psychische Schaden, den sie nehmen konnten. Während eines partiellen Wandels gewann der Wærverstand Oberhand über den des Menschen und machte aus dem Wærwolf ein rasendes, blutgieriges Tier. Nach dem Gesetz durfte die Polizei einen Wær, der sich in einer partiellen Transformation befand, wenn nicht Vollmond war, ohne Vorwarnung erschießen.
    »Miss Alcmedi?«
    »Ich bin noch dran.«
    »Miss Alcmedi?«
    Ich stellte das Telefon wieder auf laut. »Ich bin noch dran.«
    »Ich würde Sie gerne treffen. Heute. So bald wie möglich.«
    »Lassen Sie mich erst in meinem Kalender nachsehen.« Ich zog meinen John-William-Waterhouse-Tagesplaner aus meiner Handtasche unter dem Telefontischchen und blätterte durch die Seiten. Gerne hätte ich die Zeichnungen länger betrachtet, überflog aber stattdessen brav die Termine. Der einzige Eintrag des gestrigen Tages hieß »Kolumne abgeben 15 Uhr«, aber ich war einen Tag früher als geplant damit fertig geworden. Später in der Woche waren mit Bleistift ein paar Kunden zum Legen von Tarotkarten eingetragen, aber die Termine waren noch unbestätigt. Ich hatte also Zeit. Außerdem könnte es andere Kunden anziehen, wenn ich einer Hohepriesterin die Karten legte. Der zusätzliche Verdienst würde mir jetzt, wo Nana bei mir wohnte, nur gelegen kommen.
    »Wann und wo wäre es Ihnen recht?«, fragte ich. Es wäre besser für alle Beteiligten, wenn meine Großmutter nicht auf meine Kunden träfe.
    »Im Coffeeshop auf der East Ninth, ungefähr vier Blocks von der Rock and Roll Hall of Fame? Sagen wir, in einer Stunde?«
    Mist.
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