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Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)

Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)

Titel: Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)
Autoren: Annelie Wendeberg
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gekommen, wenn es sich bei der Medizin nicht um eine große Leidenschaft handeln würde. Meine Mutter ist in der Tat gestorben, und ich finde es äußerst unpassend, wie stolz Sie darauf sind, Details meines Privatlebens vor mir auszubreiten. Details, die ich keinesfalls mit Ihnen zu diskutieren wünsche!«
    Der Blick des Mannes flackerte leicht. »In Harvard habe ich Männer wie Sie kennengelernt, Mr Holmes. Brillante Männer, die auf eine konstante Stimulation ihres Geistes angewiesen waren, die kaum etwas anderes gesehen haben als ihre Arbeit. Ihr Gehirn rennt im Kreis, wenn es keine harten Nüsse zu knacken bekommt. Langeweile ist ihre größte Qual.«
    Holmes hockte wie angewurzelt da, hinter seinen Augen tickte sein Hirn.
    »Diese Männer haben Kokain benutzt, wenn nichts anderes zur Hand war, das ihren Intellekt kitzelte. Was ist mit Ihnen, Mr Holmes?« Sein scharfer Blick traf den meinen. Ich nickte und lächelte. »Es hilft nicht viel, oder? Ist es das Cello, das etwas Ordnung in Ihr gelegentlich zu chaotisches Gehirn bringt?«

    Ich zeigte auf seine linke Hand.
    »Nein«, entschied ich laut, »denn ein Cello will umarmt werden. Sie bevorzugen die Violine – dieses Instrument kann man auf Distanz halten.«
    Er blickte auf die leichten Schwielen auf den Fingerspitzen seiner linken Hand, verursacht durch das Herunterpressen der Saiten.
    »Sie sind ein leidenschaftlicher Mensch und verstecken das gut. Aber glauben Sie wirklich, es wäre eine große Tat, alle um sich herum auszustechen?«
    Sein Ausdruck war kontrolliert, fast indifferent, aber seine komplett geweiteten Pupillen verrieten den Schock.
    Ich stand auf und trat einen Schritt auf ihn zu, mein Gesicht dicht vor seinem. »Es fühlt sich so an, als würde ein Fremder Ihnen alle Kleider vom Leib reißen, nicht wahr?«, sagte ich. »Wagen Sie es nie wieder, in meinem Gehirn oder meinem Privatleben zu wühlen!«
    Ich tippte an meinen Hut, drehte mich um und ließ ihn im Gras zurück.

Kapitel Zwei

    ie beiden Polizisten halfen mir, den Leichnam in eine Decke zu wickeln und ihn auf den wartenden Wagen zu binden. Sobald das Paket festgezurrt war, gingen sie hastig auf sichere Distanz. Der Gestank beleidigte ihre Nasen. Nachdem der Jüngere der beiden damit fertig war, ins Gras zu kotzen, ging ich zu ihm, desinfizierte seine Hände und gab ihm einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter.
    Ich desinfizierte noch die Hände der übrigen Männer und nahm dann, zusammen mit dem Inspektor und Mr Holmes, die Kutsche zurück nach London. Der Wagen ruckte vorwärts, als Gibson die Tür zuschlug. »Nun, wie es aussieht, brauchen wir Ihre Hilfe wohl doch nicht, Mr Holmes«, schnaubte er. »Ein Choleraopfer, das in der Themse ertrunken ist – wäre ja nicht das erste, oder?« Das Kichern, das folgte, brachte mein Blut in Wallung.
    Er bezog sich auf die nicht identifizierbaren Männer, Frauen und Kinder, die in regelmäßigen Abständen in der Themse trieben, ungefähr fünfzig pro Monat. Einige von ihnen waren an Cholera gestorben, andere an spitzen Gegenständen, die ihnen jemand zwischen die Rippen, in den Hals oder sonst wohin gestochen hatte. Wenn niemand das Geld für eine Beerdigung aufbringen konnte, nahm sich die Themse ihrer an.
    »Es ist komplizierter«, grummelte ich.
    »Entschuldigung? Bitte erzählen Sie mir nicht, derMann wäre ermordet worden, Dr. Kronberg«, stöhnte Gibson und warf Holmes einen amüsierten Blick zu, der wiederum niemand Speziellem zugrinste.
    »Es gibt nur ein paar Dinge, Inspektor, die wir mit Sicherheit sagen können. Der Mann ist sehr wahrscheinlich an der Cholera gestorben und trieb seit ein oder zwei Tagen in der Themse. Beides geschah stromaufwärts, weit entfernt von London, und das«, ich stach mit meinem Zeigefinger in die Luft, »ist sehr ungewöhnlich. Ganz abgesehen von den Fesselwunden an seinen Handgelenken. Oder haben Sie eine schlüssige Erklärung für diese Fakten?«
    Statt zu antworten starrte Gibson mich erwartungsvoll an, wahrscheinlich in der Hoffnung, ich würde den Fall für ihn lösen. Holmes hatte seinen Blick wieder auf uns gerichtet, als würde er gerade erst unsere Anwesenheit bemerken. Irritiert vom Verhalten beider Männer wandte ich mich ab und sprach zum Fenster. »Ich werde nach meiner Ankunft im Guy’s die Leiche obduzieren. Vielleicht finde ich heraus, was mit dem Mann passiert ist. Sie bekommen morgen den Bericht.«
    »Ich werde assistieren«, bekundete Holmes.
    »Bitte? Mr Holmes, ich werde
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