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Tee und Toast

Tee und Toast

Titel: Tee und Toast
Autoren: Mary Scott
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geringste Gefahr, daß sich jemand hineinsetzt und damit davonfährt«, meinte er spöttisch und war mir todunsympathisch. Jemand, der einen Wagen wie er fuhr, konnte leicht über ein Vorkriegsmodell die Nase rümpfen.
    »Kommen Sie herein und essen Sie mit uns zu Mittag«, sagte ich automatisch und zerbrach mir den Kopf, wie ich die beiden Hammelsteaks, die für Paul gedacht waren, in drei einigermaßen ansehnliche Stücke teilen konnte.
    Glücklicherweise lehnte der Fremde mit dem größten Bedauern ab. Er mußte zum Lunch in Tiri sein. »Welch ein Pech«, säuselte er, »auf die Gesellschaft zweier so reizender Damen verzichten zu müssen. Aber Pflicht ist Pflicht, und Viv Ward ist nicht der Mann, der klagt. Wenn Sie vielleicht so liebenswürdig sein könnten, mir bei dem Wrack auf dem Rücksitz zu helfen...«
    In dem Moment hörte ich die seltsamen Geräusche, die aus dem überwältigenden Wagen drangen. Ich schaute durch das Fenster. Mick lag mehr als er saß und schnarchte friedlich vor sich hin. Seine Füße steckten in ziemlich zweifelhaften Socken, aus denen zwei Zehen herausschauten. Sein Mund war weit offen und strömte einen Dunst aus, der bewies, daß Mick seine Zeit in Te Rimu nicht vergeudet hatte und der Abschied vom letzten Hotel lang und angenehm gewesen war.
    Mr. Ward blickte Mick angeekelt und ziemlich zweifelnd an. »Sollen wir ihn wecken?« fragte er Larry.
    »Besser nicht. Er hat das nicht sonderlich gern und wird daher manchmal ziemlich ungehalten«, antwortete Larry gut gelaunt. »Wir heben ihn einfach heraus und legen ihn in den Schatten. Da kann er dann ausschlafen. Susan, pack du ihn an einem Bein, ich nehme das andere, und Mr. Ward wird sich um Micks Kopf kümmern.«
    Wir taten, wie uns gesagt worden war, allerdings mit größter Vorsicht. Offensichtlich hatte der Fremde Angst, Mick könnte ihn beißen, während ich für meinen Teil diese Zehen nicht gerade schätzte. Doch schafften wir es schließlich durch Ziehen und Zerren, den alten Mann aufs Gras zu legen, und Mr. Ward stand einen Augenblick schweigend da und blickte auf Mick hinunter. Dann versetzte er mich in fast blinde Wut, als er mit scheinheiliger Freundlichkeit fragte: »Ist das ein Verwandter von Ihnen, meine Dame?«
    Ich wollte gerade zornig protestieren, als sich Larry zu ihm umdrehte und sehr vertraulich antwortete: »Sie haben ihr Geheimnis entdeckt. Wir reden im allgemeinen nicht gerne darüber. Aber schließlich gibt es in jeder Familie ein schwarzes Schaf. Ich bin sicher, daß wir uns auf Ihre Diskretion verlassen können.«
    Auf diese Weise ging ein Gerücht durch den ganzen Bezirk, daß irgendein verrufener Verwandter Pauls — jemand behauptete sogar, sein Vater — nach einem mißratenen Leben zurückgekehrt sei.
    Aber das sollte meine geringste Sorge sein. Mr. Ward war nicht der Mann, dessen Bekanntschaft wir zu pflegen gedachten, und niemand, der uns kannte, kam auch nur auf die Idee, Mick für einen Verwandten von uns zu halten. Deshalb nahm ich die Bemerkung »Viv Ward ist nicht der Mann, der eine hübsche Dame ins Gerede bringt« dankbar hin und wartete nur darauf, bis ich Paul alles erzählen konnte, wenn möglich in Larrys Gegenwart. Und das, hoffte und glaubte ich, wäre das letzte, was ich je von Mr. Ward sehen sollte.
    Daher kann man sich mein Erstaunen vorstellen, als Larry, die für gewöhnlich mit ihren Freunden und Bekannten sehr wählerisch ist, ihn aufforderte, doch bei ihr hereinzuschauen, wenn er wieder einmal durch die Gegend käme. Die Einladung wurde herzlich entgegengenommen, und ich mußte zu meinem Entsetzen feststellen, daß Mr. Ward offensichtlich reichlich oft »durch diese Gegend« kam. Er hatte irgendeine wichtige Stellung im Versicherungsgeschäft und hatte in der Nachbarschaft eine Menge Kunden.
    Als er endlich abgefahren war, sagte ich: »Mein Gott, Larry, was hast du denn da für einen Kerl aufgegabelt!«
    »Bitte, Susan, sei nicht engstirnig und unvernünftig. Erstens hat er mich aufgegabelt, wie du dich ausdrückst, und ich war heilfroh darüber, denn zu dem Zeitpunkt schlief Mick noch nicht und war schon eine rechte Last. Aber, wie dem auch sei, ich vergewaltige meine eigenen Gefühle, und das alles zu Onkel Richards Bestem.«
    »Und meine Gefühle? Onkel Mick! Außerdem begreife ich nicht, was das mit O’Neill zu tun hat.«
    »Susan, es sieht dir gar nicht ähnlich, so schwerfällig zu sein. Es ist doch klar, daß ich alle nur erdenklichen Männer zusammensammeln muß. Mr. Ward
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