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Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt

Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt

Titel: Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt
Autoren: Nick L. Brille
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verbrannten Fleisches nicht leiden kann. Wenn ja, könnte es eklig sein.)
Neidfaktor: * (Wenn der Nachbar fragt, ob er Sie mal zum Einsatz begleiten darf, lehnen Sie ab. Schicken Sie ihn stattdessen in die Therapie.)

Virologe
     
    A ch, das waren noch Zeiten, als die Erdbevölkerung in regelmäßigen Abständen auf ein erträgliches Maß zurechtgestutzt wurde. Malaria, Pest, Typhus, Cholera – allesamt Seuchen, die mit der unbeirrbaren Gründlichkeit einer ostwestfälischen Finanzbeamtin dafür sorgten, dass der Homo sapiens nicht allzu übermütig wurde. In für die Evolution durchaus zumutbaren Abständen machten sich die flotten Erreger auf, um dem grimmen Schnitter properen und noch nicht allzu gut abgehangenen Nachschub zu besorgen – Alter, Vermögen, Herkunft oder gar Geschlecht spielten bei ihrer Auswahl keine große Rolle, was zumindest im Massensterben die klassenlose Gesellschaft garantierte.
    Doch seit Pasteur und Penicillin, seit Hygiene, Impfungen und Vorsorge sind uns die Seuchen zumindest in den westlichen Industriestaaten irgendwie abhandengekommen. Die Spanische Grippe machte sich noch einmal mit Bravour ans Werk, doch seitdem scheitern Comeback-Versuche durch Vogelgrippe, Tetanus und SARS zumeist sang- und klanglos in den keimfreien Isolationszelten der Universitätskliniken. Das Zeitalter der großen Ansteckungskrankheiten scheint vorbei zu sein, wofür wir selbstverständlich angemessen dankbar sind.
    Allerdings gäbe es natürlich die Möglichkeit, die guten alten Zeiten »wiederaufleben« zu lassen, denn in diversen Laboren der verschiedenen Militärbasen wird schon seit den Anfängen des Kalten Krieges – noch so eine nostalgische Floskel – eifrig nach neuen lautlosen Totmachern im Miniaturformat gefahndet.
    Was wird da alles zusammengebraut, welch teuflische Cocktails werden da gemischt! In Romanform hat der treffliche Stephen King, im Hauptberuf Angstmacher für Amerikaner, das Thema mit seinem Roman »The Stand« vor einigen Jahren aufs Tapet gebracht: Eine künstlich hergestellte Supergrippe bahnt sich in diesem Epos ihren tödlichen Weg durch die nordamerikanische Zivilisation und entvölkert binnen weniger Wochen den Kontinent. Dass die Handlung sich auch noch mit religiösen Botschaften und moralischen Endzeitfragen herumschlagen muss – Schwamm drüber: Der Kern der Story trifft den Nagel auf den Kopf, denn nach wie vor gibt es – heute zuweilen künstlich produzierte – Keime und Viren, die einen Großteil der Menschheit ebenso geräuschlos wie effektiv von der Erdoberfläche in die Grube und vom Leben zum Tode befördern könnten. Dagegen ist das Ebola-Virus ein sanftes Säuseln, damit verglichen geht die Schwarze Pest als Lachnummer durch.
    Verantwortlich für das lustige Experimentieren in jenen Penny-Märkten des Grauens sind sogenannte Virologen im Dienst verschiedener Armeen. Eingehüllt in Schutzanzüge, deren Flanellanteil gegen Null tendiert, rühren und schütteln sie, gucken interessiert zu, wie Mäusen zunächst die Haare vom zitternden Körper fallen, ehe die bedauernswerten Viecher unter der grellen Sonne der Neonröhren mit einem letzten Fiepser ihren Geist aushauchen. Anschließend erstellen sie Excel-Tabellen, in denen die jeweilige Tödlichkeit adäquat und erfolgsorientiert in eine Kosten-Nutzen-Rechnung der Apokalypse verwandelt wird. Chapeau – endlich eine Beschäftigung, für die neben Hingabe, Fleiß und der Bereitschaft, sich ständig desinfizieren zu lassen, auch eine solide Vorliebe für morbide Planspiele verlangt wird. Bravo!
    Voraussetzung für eine Anstellung als Virologe einer militärischen Einheit sind also die besagte Hingabe, Präzision, die Bereitschaft zu Überstunden sowie eine möglichst ruhige Hand. Allergien gegen künstliches Licht, eine Abneigung gegen selbsttätig schließende Türen und Bedenken gegen Sicherheitschecks aller Art wären hingegen hinderlich. Der moderne Virologe im Dienste des Militärs sollte sich mit den mannigfaltigen Facetten der Sterblichkeit auseinandersetzen können, möglichst wenig lästiges Gewissen mit sich herumschleppen und die Fähigkeit zum Selbstbetrug besitzen (»Ich tue etwas Nützliches«). Ein gesunder Hang zur Eigensicherung (Impfstoff!) kann ebenfalls nicht schaden.
    Natürlich gibt es auch Virologen, die in zivilen Einrichtungen arbeiten, sich an der Schnittstelle zwischen Medizin und Biologie bewegen und äußerst nützliche Arbeit verrichten. Sie erforschen Viren, fahnden nach
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