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Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt

Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt

Titel: Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt
Autoren: Nick L. Brille
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Helden sich in den vergangenen Jahrzehnten sehr zu seinen Ungunsten verändert hat. Vom Schnurrbärtchen tragenden Degenfuchtler (Errol Flynn) über die geistige Dunkelkammer im Muscle-Shirt (Dolph Lundgren) bis hin zum eloquent-zynischen Eigentumsnihilisten im Stile eines George Clooney – das Heldenbild verschiebt sich immer mehr in Richtung Friedensnobelpreis.
    Ein ganz spezieller Heldentypus jedoch ist zeitlos, unvergänglich und niemals angekränkelt von modischem Firlefanz und/oder politischer Korrektheit: der Feuerwehrmann. Nicht umsonst drehen kleine Buben vor Aufregung reihenweise durch, wenn das knallrote Abenteuer-Lustmobil der Floriansjünger zwecks Nachwuchswerbung den örtlichen Kindergarten heimsucht. Da werden dann Sirene und Blaulicht dergestalt betätigt, dass Großmama Wennicke jäh aus dem mittäglichen Schlummer schreckt. Da wird von Notrufen erzählt und die Bedienung eines handelsüblichen Feuerlöschers demonstriert. Feuerwehrmänner, so lernen es bei dieser Gelegenheit die staunenden Dreikäsehochs, sind »Helden des Alltags«, schlagen ihre Breschen durch lodernde Flammen, stets im Dienste der leidenden Menschheit und Tierwelt.
    Was bei solchen Gelegenheiten zumeist dezent verschwiegen wird: Viel häufiger als zum Löschen werden Feuerwehrleute damit beauftragt, ehemalige Sportwagenfahrer stückchenweise aus ihren auf der Autobahn bis zur Unkenntlichkeit zerfetzten Trümmerboliden zu fieseln, die Reste entleibter Motorradfahrer von kurvigen Bergstraßen zu kratzen und einem blutüberströmten Zwölfjährigen das Händchen zu halten, während die mausetote Ernährerin mittels Rettungsspreizer aus dem Kleinwagenwrack geschnitten wird.
    Zu drastisch? Das muss doch nicht sein? Tschuldigung – muss es doch, denn sonst kommt noch jemand auf die absurde Idee, Feuerwehrleute um ihren Alltag zu beneiden. Und um ihren Status. Die Typen sind nämlich tatsächlich Helden … und wünschen sich ziemlich oft, es nicht ständig sein zu müssen.
    Der absolute Held der Helden ist der Feuerspringer. Dieser archetypische, ultracoole Megaheld kommt dem Bild vom verrußten Sylvester Stallone mit der Kippe im Mundwinkel und dem irren Blick – umgeben von lodernden Flammenwänden – schon ziemlich nahe. Und wenn der »normale« Feuerwehrmann schon recht gute Nerven benötigt, dann ist die Bezeichnung »Drahtseil« für jene des Hitzehüpfers noch charmant untertrieben. Denn Feuerspringer seilen sich aus Hubschraubern ab und springen zuweilen auch mit Fallschirmen aus Flugzeugen – mitten hinein ins Flammenmeer. Sie nutzen Lichtungen und Brandschneisen für ihre waghalsigen Manöver und versuchen, große Busch- oder Waldbrände von innen heraus zu bekämpfen. Viel Wasser haben sie nicht dabei – sie sind stattdessen mit Hacke, Beil und Schaufel ausgerüstet, versuchen damit Barrieren zu bauen, Flammenwege zu ändern oder auch einfach Unterholz zu beseitigen, das die rasende Feuerhölle als Trampelpfad fürs Weiterkommen benötigen könnte. Um zu entkommen, wenn es gar zu brenzlig wird, spurten sie auch schon mal durch ein paar Dutzend Meter Flammen, buddeln sich ein oder haken sich an den herabbaumelnden Seilen fest, die von waghalsig tief fliegenden Hubschrauberpiloten nach unten gelassen werden. Ihre Überlebenschancen sind statistisch betrachtet größer als die von Leibgardisten südamerikanischer Potentaten, aber deutlich kleiner als jene eines Undercover-Drogenermittlers in den Slums von Bogotá.
    Feuerspringer werden zuweilen nach Einsatz bezahlt, manchmal haben sie auch Fixgehälter. Reich werden sie nie. Sie melden sich immer freiwillig zum Dienst, und wer einmal mit dabei war, kommt komischerweise immer wieder zurück.
    Bei der Feuerkatastrophe von Storm King Mountain im US -Bundesstaat Colorado kamen im heißen Sommer 1994 immerhin vierzehn von ihnen ums Leben. Plötzlich auffrischende Winde fachten das Feuer in Sekundenschnelle so sehr an, dass die Feuerspringer es nicht mehr unter Kontrolle bringen konnten. Die Walze, die über sie hinwegfegte, war das tödlichste Inferno, das ein Mensch sich vorzustellen vermag.
    Manchmal sterben Helden eben auch.
     
Gefahr: ***** (Viel mehr geht nicht.)
Langeweile: * (Schwer zu sagen, wann so ein Feuerspringer seinen Job als Routine betrachtet. Wir vermuten mal: nie.)
Seltenheit: **** (In der unmittelbaren Nachbarschaft Ihrer Reihenhaussiedlung dürften Sie mit diesem Job recht konkurrenzlos sein.)
Ekelfaktor: *** (Kommt drauf an, ob man den Geruch
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