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Tango Vitale

Tango Vitale

Titel: Tango Vitale
Autoren: Eva Wlodarek
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Überzeugung anführen – es handelt sich um Ihre subjektive Weltanschauung, deren Wahrheit weder endgültig bewiesen noch widerlegt werden kann.
    Es hilft also nichts, wie eh und je gilt: So wenig wie wir sicher wissen, wo das Leben seinen Ursprung hat, wissen wir, welche Macht hinter dem steht, was wir als Schicksal erleben. Der Religionsphilosoph Romano Guardini drückt diese Erkenntnis in seiner poetischen Sprache aus:
     
    »Ich erfahre das Schicksal letztlich als etwas Numinoses. Es ist mit geheimnisvoller Energie geladen und hat Macht über mich. Es ›will‹ etwas von mir, oder wider mich oder über mich hin. Die Notwendigkeiten des Gesetzes bilden den Ausdruck einer Gewalt, die ich nicht beeinflussen kann. In den Tatsachen offenbart sich ein ›Wille‹, der macht, dass sie so seien, ohne mich erkennen zu lassen, warum; und der sie aufrecht hält, wie heftig mein Lebenswille auch gegen sie anrennen mag. Der Zufall endlich, der sich bis zur Sinnlosigkeit zuspitzt, verrät mir, dass die Richtung jener Mächtigkeit mit dem, was mein Geist und Herz als sinnvoll empfinden, nicht übereinstimmt. Letztlich kommen die Bewegungen des Schicksals aus dem undurchdringlich Fremden.« 5
    |24| Welchen Einfluss haben wir auf unser Schicksal?
    Bis hierher klingt das noch nicht sonderlich ermutigend. Mit seinen Facetten bestimmt das Schicksal unser Leben im Positiven wie im Negativen. Und was dahintersteckt, wissen wir offenbar auch nicht sicher, wir können es nur glauben. Gibt es also keine Chance für uns, Einfluss zu nehmen?
    Mit einer solchen Ansicht bliebe uns nur der Fatalismus. Vertreter dieser Weltanschauung gehen davon aus, dass alles Geschehen durch das Schicksal (lateinisch fatum) oder eine übergeordnete Macht – eine Gottheit, ein Naturgesetz oder eine kosmische Ordnung – unabänderlich bestimmt wird. Fatalisten halten die Fügungen des Schicksals für unausweichlich und meinen, der Wille des Menschen könne dem nichts entgegensetzen. Eine lähmende Vorstellung, die dazu führt, die Hände in den Schoß zu legen.
    Die Praxis zeigt aber etwas ganz anderes. Tatsächlich gibt es nur sehr wenige Ausnahmen, in denen sich das Schicksal von uns überhaupt nicht beeinflussen lässt. Bei denen handelt es sich vor allem um die in Facetten beschriebenen schicksalhaften Ereignisse, insbesondere plötzliche Katastrophen und Unglücke mit tödlichem Ausgang, in denen es definitiv keine Chance gibt zu entkommen. In fast allen anderen Fällen aber haben wir die Möglichkeit, mehr oder minder stark Einfluss zu nehmen. Wobei unter »Einfluss« nicht nur ein offensives Handeln zu verstehen ist, sondern auch, wie wir mit dem umgehen, was uns passiert.
    Ich gebe dazu gerne Elizabeth Gilbert, Autorin des Bestsellers
Eat, Pray, Love
, das Wort. Sie drückt diese Erkenntnis besonders schön aus:
     
    »Auch das Schicksal empfinde ich als Beziehung – als Wechselspiel göttlicher Gnade und eigener Willenanstrengung. Die eine Hälfte haben wir nicht in unserer Gewalt, die andere liegt gänzlich in unseren Händen, und unsere Handlungen werden messbare Folgen zeigen. Der Mensch ist weder |25| zur Gänze Marionette der Götter noch völlig Herr seines Schicksals; er ist ein wenig von beidem. Wie Zirkusartisten reiten wir durch unser Leben, Artisten, die auf zwei nebeneinander galoppierenden Pferden stehend balancieren – eine Fuß auf einem Ross namens ›Schicksal‹, den anderen auf einem Pferd namens ›freier Wille‹. Und die Frage, die man sich jeden Tag stellen muss, lautet: Um welches Ross sollte ich mich nicht länger sorgen, weil ich es gar nicht mehr unter Kontrolle habe, und welches muss ich weiterhin mit konzentrierter Aufmerksamkeit lenken? Vieles an meinem Schicksal habe ich nicht in der Hand, manches aber fällt durchaus in meine Zuständigkeit.« 6
     
    Wir dürfen also durchaus selbstbewusst sein. Ganz im Sinne des englischen Sprichwortes »It takes two to tango« haben wir Anteil daran, wie sich unser Schicksal gestaltet. Ohne uns kann das Schicksal nicht tanzen, es braucht uns als Partner.
    Der Tanz mit dem Schicksal
    Tatsächlich ein passendes Bild: Tango mit dem Schicksal. Schließlich handelt es sich um einen leidenschaftlichen Tanz, bei dem Anziehung und Abwehr eine Rolle spielen. Das Besondere unseres Tanzes mit dem Schicksal ist allerdings, dass ständig wechselt, wer führt. Mal übernimmt das Schicksal die Führung und wir müssen uns anpassen. Mal sind wir es, die die ersten Schritte tun und damit das
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