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Tangenten

Tangenten

Titel: Tangenten
Autoren: Greg Bear
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sie die Rechte an wenig seriöse Kleinhändler verkauft haben, die ihre Bilder in allen erdenklichen kompromittierenden Produkten plazieren.
    Aber seien Sie gewarnt – wenn Sie zu sehr in all dies miteinbezogen werden und es Ihnen passiert, herauszufallen – dann verlassen Sie die reale Welt und zappen entlang des Untergrundnetzes, wo alle Arten von fragwürdigen Simulationen verfügbar sind – die Wanzenpolizei klopft den Draht täglich ab. Es gibt genügend legitime Erwachsenen-Dienste, wie FantaFem und Frau-Deiner-Träume, aber viele von ihnen balancieren gefährlich nahe am Rande der Gesetzlosigkeit oder sind jenseits davon.
    »Buchhandlungen?« Der Angestellte reagiert mit einiger Überraschung auf Ihre Frage. »Wir haben von einigen Geschäften gehört, die den Sammlermarkt versorgen – und natürlich gibt es die Winston-Smith-Gesellschaft. Sie trifft sich einmal im Monat, um mit zerbröckelnden Taschenbüchern zu handeln.«
    Sie blicken sich im Geschäft um und sehen die Überfülle der Systeme, die die Kreativität mehr unterstützen und ersetzen sollen, als sie zu fördern. »Haben Sie nicht irgend etwas für jemanden, der lediglich seine eigene Geschichte mit seinen eigenen Bildern erzählen will?« fragen Sie stirnrunzelnd.
    »Mein Herr«, sagt der Angestellte indigniert, »das ist es, wo dies alles beginnt. Jedenfalls ist nicht jeder so privilegiert, wie Sie es offensichtlich sind.«
    Sie werden an elektronische Musikinstrumente erinnert, wie es sie vor Jahrzehnten gab. Einige sind so ausgefeilt worden, daß man kaum eine Taste berühren muß, um einen Ton zu erzeugen. Geschmacklos für den Konzertpianisten, aber ein großer Spaß für den Amateur.
    »Folgen Sie mir«, sagt der Angestellte und nimmt Sie an seine geisterhafte Hand. »Lassen Sie mich Ihnen einige Grundmodelle zeigen. Für jemanden, die kreieren möchte, statt zu konsumieren.«
    Sie werden in einen einfachen und geschmackvollen Raum geführt. Ein Junge und ein Mädchen, nicht älter als zehn Jahre, sitzen vor einer umfangreichen Tastatur. Farben und vage Gestalten flimmern auf einer freigeräumten Fläche hinter der Maschine. »Haben wir diesmal alle Zahlen richtig hinbekommen?« fragte das Mädchen. »Wir möchten, daß es so genau wie möglich ist.«
    »Sie sind in Ordnung«, versichert ihr der Junge.
    »Dann laß es sehen.«
    Der Junge drückt eine Display-Taste.
    Auf der freigeräumten Fläche erscheint ein Tyrannosaurus Rex in schrecklichen, faszinierenden Details. Sein Schwanz fegt vor und zurück, das Ungeheuer geht auf sechs klauenbewehrten Zehen. Er öffnet sein Maul und stößt einen kuriosen, vogel-ähnlich krächzenden Schrei aus.
    »Oh, so haben sie sich nicht angehört«, sagt das Mädchen und schüttelt energisch den Kopf.
    »Woher willst du das wissen?« fragt der Junge.
    »Mach es zu einem Brüllen.«
    Mit einigen flinken Berührungen der Tastatur bewirkt er, daß die Bestie ihren Schrei ändert und brüllt.
    »Ich liebe Dinosaurier!« sagt das Mädchen und klatscht in die Hände.
    Ihre Finger zucken. Wo gab es solche Maschinen, als Sie ein Kind waren? Sie treten vor und fragen höflich: »Darf ich mitspielen? Auch mir haben Monster schon immer Spaß gemacht…«
     
    (Der Autor, nebenbei bemerkt, ist sehr angetan von Büchern und anderen Druckmedien. Alle Protestbriefe sollten an jene adressiert werden, die noch nicht geboren sind.)
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    Originaltitel: ›THE MACHINERIES OF JOY‹ • Copyright © 1987 by Greg Bear • Erstmals erschienen in ›EARLY HARVEST‹ by The Nesfa Press • Copyright © 1997 der deutschen Übersetzung by Wilhelm Heyne Verlag, München • Aus dem Amerikanischen übersetzt von Andreas Irle
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