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Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin

Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin

Titel: Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin
Autoren: Lynn Flewelling
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auf den Platz neben sich. Als sich Tobin zu ihr gesellte, drehte sie sein Gesicht ins Licht und musterte ihn eine Weile, ehe sie den Kragen seines Hemds öffnete, um die Narbe zu begutachten.
    »Ist gut«, sagte sie, dann deutete sie auf seinen Schoß. »Du mehr Blut hast gesehen?«
    Tobin errötete und schüttelte den Kopf. »Das wird nicht mehr geschehen, oder?«
    »Eine spätere Zeit. Aber du vielleicht spürst Mondzeiten in Bauch.«
    Tobin erinnerte sich an die Schmerzen zwischen seinen Hüftknochen, die ihn zu ihr getrieben hatten. »Das mag ich nicht. Es tut weh.«
    Lhel kicherte. »Kein Mädchen das mag.«
    Tobin schauderte bei dem Wort Mädchen, aber Lhel schien es nicht zu bemerken. Sie griff in die Schatten hinter sich und reichte ihm einen kleinen Beutel, der getrocknete, bläulich grüne Blätter enthielt. »Akosh. Wenn Schmerz kommt, du machst Tee mit nur so viel, nicht mehr.« Sie zeigte ihm eine großzügige Prise der Blätter und deutete an, sie in einen Becher zu zerreiben.
    Tobin steckte den Beutel in sein Hemd, dann starrte er auf seine verschränkten Hände hinab. »Ich will das nicht, Lhel. Ich will kein Mädchen sein. Und ich will keine – keine Königin werden.« Er brachte das Wort kaum heraus.
    »Du nicht änderst dein Schicksal, Keesa.«
    »Schicksal? Du hast das getan. Du und die Zauberer!«
    »Göttin Mutter und dein Lichtträger sagen, es muss so sein. Das es macht Schicksal.«
    Tobin schaute auf und stellte fest, dass sie ihn mit weisen, traurigen Augen beobachtete. Sie deutete himmelwärts. »Die Götter sein grausam, oder? Zu dir und Bruder.«
    »Bruder! Hat Arkoniel dir gesagt, was er getan hat? Ich werde ihn nie wieder rufen. Niemals! Ich bringe dir die Puppe. Behalte du ihn hier.«
    »Nein, du das tust. Du musst. Seelen eng verbunden.« Lhel verschränkte die Hände ineinander.
    Tobin ballte die seinen auf den Knien so heftig zu Fäusten, dass die Knöchel weiß hervortraten. »Ich hasse ihn!«
    »Du ihn brauchst.« Lhel ergriff seine Hände und sprach ohne Worte in seinem Geist, wie sie es immer tat, wenn sie sich unmissverständlich ausdrücken wollte. Du und er müssen zusammen sein, damit die Magie hält. Gewiss, er ist grausam. Wie könnte er anders sein? Er ist zornig, ständig allein und sieht dich das Leben führen, das ihm verweigert wurde. Vielleicht kannst du ihn jetzt, da du die Wahrheit kennst, ein wenig verstehen.
    Tobin wollte ihn weder verstehen, noch ihm verzeihen, dennoch verfehlten Lhels Worte nicht ihre Wirkung. »Du hast ihm wehgetan, als du den Knochen in meine Brust genäht hast. Er hat Blut geweint.«
    Lhel verzog das Gesicht. Ihn sollte es eigentlich gar nicht geben, Kind. Ich habe für ihn getan, was ich konnte, aber er ist die Bürde meines Herzens, seit du geboren wurdest.
    »Deine Bürde?«, spie Tobin hervor. »Du warst nicht da, als er mich verletzt hat, als er meine Mutter und meinen Vater verletzt und die Bediensteten vertrieben hat. Und er hätte Ki fast getötet!« Das Feuer verschwamm vor ihm, als ihm Tränen in die Augen traten. »Hast du Ki gesehen? Er wacht einfach nicht auf!«
    Das wird er. Und du behältst die Puppe und kümmerst dich um Bruder.
    Zornig wischte sich Tobin über die Augen. »Das ist nicht gerecht!«
    »Pst, Keesa!«, herrschte sie ihn an und löste die Hände von den seinen. »Welche Götter kümmert ›gerecht‹? Ist gerecht, dass ich bleibe hier, fern von meine Volk? Dass ich lebe in Baum? Für dich ich das mache. Für dich wir alle leiden.«
    Tobin schrak zurück, als hätte sie ihn geschlagen. So hatte sie noch nie mit ihm gesprochen; noch niemand hatte das getan.
    »Du werden Königin für Skala. Das dein Schicksal! Würdest du lassen in Stich deine Volk?« Sie setzte ab und schüttelte den Kopf, wurde wieder freundlich. »Du jung, Keesa. Zu jung. Das wird enden. Wenn du legst ab Bruders Haut, ihr dann werden sein beide frei.«
    »Aber wann?«
    »Ich nicht sehe. Illior dir vielleicht sagt.« Sie streichelte ihm über die Wange, dann ergriff sie seine Hand und drückte sie auf ihre rechte Brust, die sich unter der rauen Wolle weich und schwer anfühlte. Nun ertönte ihre Stimme wieder gleich einer dunklen Liebkosung in seinem Geist. Du wirst eines Tages eine Frau sein, Keesa. Ich sehe Furcht in deinem Herzen – Furcht davor, deine Macht zu verlieren. Aber auch Frauen besitzen Macht. Warum denkst du, hat euer Mondgott für Skala Königinnen vorgesehen? Deine Vorfahrinnen waren allesamt Kriegerinnen. Vergiss das nie.
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