Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tages-Deal: Kudamm 216 - Erbsünde (German Edition)

Tages-Deal: Kudamm 216 - Erbsünde (German Edition)

Titel: Tages-Deal: Kudamm 216 - Erbsünde (German Edition)
Autoren: Nika Lubitsch
Vom Netzwerk:
bewegte.
    „Grauenvoll, absolut unerträglich.“
    „Warum arbeiten Sie dann für sie?“
    „Sie ist meine älteste Freundin.“
    Judith erfuhr, dass Alice in den letzten vierzehn Jahren über zwanzig Operationen hinter sich hatte.
    „Sie schreibt also erst, seitdem sie krank ist?“ vermutete Judith.
    „Seitdem sie Bernie verlassen hat.“
    Interessant, Alice war also mal mit dem Maestro zusammen gewesen. Judith sah wieder die Szene mit dem Rollstuhl. Was hatte sie gesagt? „Ich schreibe über die Abgründe der menschlichen Seele.“ Judith bekam eine erste Ahnung davon, dass der Kaldenberg die Abgründe der menschlichen Seele durchaus nicht fremd waren.
    Natürlich wollte sie auch noch mehr über ihre neuen Kollegen wissen.
    „Was ist eigentlich die Funktion von Hüsy hier?“, fragte sie.
    „Hüseyin Aydin. Ein unglaublich begabter Junge. Seine Eltern kamen aus der Türkei, aber Hüsy ist bereits in Deutschland geboren. Seiner Familie gehören mehrere türkische Supermärkte und eine Joghurtproduktion. Die können sich bis heute nicht damit abfinden, dass ihr Kronsohn nicht BWL oder Jura studieren und Papis Unternehmen an die Börse bringen wollte. Aber das wäre auch Verschwendung eines einzigartigen Talents gewesen. Hüsy ist ein begnadeter Maler. Er hat sich sein Kunststudium bei Alice verdient, die damals ‚einen Studenten, der mir alles macht' gesucht hatte. Hüsy bekam das Atelier oben im Haus, und da arbeitet er heute noch. Alice hilft ihm, auf dem internationalen Kunstmarkt Fuß zu fassen. Und das wird auch gelingen, er ist wirklich gut.“
    „Er arbeitet hier also gar nicht, sondern ist ihr Protegé?“
    „Oh nein, bei Alice gibt es nichts umsonst. Hüsy fährt sie, macht für sie Einkäufe, ab und zu auch eine Recherche. Und er betet sie an.“
    Guter, großer Gurkengott, dachte Judith.
    „Und Oliwia?“
    „Oliwia Pawlak, sie kommt aus der Nähe von Stettin. Wenn sie nicht gerade an ihrem MBA bastelt, verdient sie ihren Lebensunterhalt mit allem, was bei uns so anfällt. Vor allem managt sie die Finanzen von Alice, sie ist ein echter Crack. Außerdem ist sie unsere Frau für alles rund um die Technik. Oliwia wohnt auch oben, neben Hüsys Atelier. Alice hat ihr das Aufbaustudium an der European School of Management and Technology spendiert.“
    Ein Crack, der Staub saugt. Das wurde ja immer bizarrer.
    „Ich nehme an, Maria ist Professor“, sagte Judith trocken.
    Elke lächelte. „Nicht ganz, und das macht ihr wirklich zu schaffen. Dr. Maria König. Sie hat über Pornografie in der englischen Literatur promoviert. Wenn man vergleichende Literaturwissenschaften studiert hat, dann liegt eine universitäre Karriere natürlich nahe. Aber unsere gute Maria wollte lieber ihren Doktorvater heiraten als selbst zu habilitieren. Jetzt hat sie zwei kleine Kinder, der Herr Professor ist mit einer Studentin durchgebrannt, und da sie über keinerlei Berufserfahrung verfügt, hat sie sich als freie Lektorin selbstständig gemacht.“
    „Und Frau Dr. Porn schuftet hier als Sekretärin?“
    „Es bricht ihr das Herz, wenn Alice sie als ihre Sekretärin bezeichnet. Sie lektoriert nicht nur die Manuskripte von Alice ganz hervorragend.“
    „Und Sie, Elke, was machen Sie hier?“
    „Kochen. Kommen Sie, Schätzchen, lassen Sie uns den Dreck hier in die Geschirrspülmaschine schaffen.“
    „Was für eine seltsame Ansammlung von Menschen“, murmelte Judith, während sie den Holztisch schrubbte.
    „Alice von Kaldenberg sammelt Menschen“, erwiderte Elke.
    Nachdem sie abgeräumt hatten, brachte Elke sie in ihr neues Arbeitszimmer.
    Als Erstes nahm Judith ihren Schreibtisch in Besitz. Ihr Büro war das mit der Tür rechts vom Kamin, durch eine breite Schiebetür hatte sie Augenkontakt zu Maria. Die Büros waren zweckmäßig mit hellen Holzmöbeln eingerichtet. Wenn sie nach rechts schaute, hatte sie einen Blick mitten ins ‚Jrüne', wie die Berliner sagen. Genauer gesagt, sie schaute direkt in den Wipfel einer Platane. Ich mag Platanen, dachte sie. Wenn sie nach links blickte, dann sah sie auf die Tür zur Eingangshalle, die, wie Maria ihr sagte, eigentlich immer offen stand. Hier standen alle Türen offen, es sei denn, Besucher wurden erwartet.
    Hinter ihrem Schreibtisch hing über einem halbhohen Regal ein wundervolles, sehr modernes Bild in vielen verschiedenen, gebrochenen Türkistönen. Ein echter Hüsy, wie sie von Elke erfuhr. Der Computer war vom Feinsten. Sie solle doch erst mal ihre Mailbox
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher