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Sweet about me

Sweet about me

Titel: Sweet about me
Autoren: Dietmar Sous
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können, zuletzt war Gerster an eine Homöopathin geraten, die ihm und dem Kater Hoffnungen gemacht hatte. » Rausgeschmissenes Geld, die Qual um zwei Monate verlängert.«
    » Ist das Essen bald fertig?«, rief Betty aus dem Bad. » Ich sterbe!«
    » Heute Morgen hat Fritz geschrien, das kannst du dir nicht vorstellen«, sagte mein Chef. » Als würde ihm das Fell bei lebendigem Leib abgezogen. Nie werd ich das vergessen!« Gerster weinte. » Und dann dieser Blick, nachdem er die Giftspritze –«
    » Ich sterbe auch!«, rief Maya.
    Endlich legte Gerster auf.
    Die Pfanne qualmte, die Spaghetti waren zerkocht. Statt in eine Paprika schnitt ich mir in den linken Daumen. Ich fluchte, fuchtelte herum. Blut tropfte auf die Arbeitsplatte, die Zwiebelscheiben, überall dahin, wohin ich meinen Daumen hielt.
    » O nein, o nein, verdammt!«, jammerte ich.
    Maya sah sich die Wunde kaltblütig an. » Ist doch nicht so schlimm, alte Memme«, sagte sie und lachte.
    Ich packte und schüttelte sie, dass ihre Mütze in den dampfenden Spaghettitopf flog.
    » Sag das nicht noch mal, du Miststück!«, schrie ich. » Raus hier, verschwinde, ich will dich nicht mehr sehn!«
    » Was ist denn hier los?«, rief Betty. » Was macht ihr denn da?«
    Ich schwitzte, in meinem Kopf Tumult und ein schriller Pfeifton.
    Die Sonne wurde wässrig. Ich verstand nichts von dem, was mir die Möwen zuriefen. Das Meer schäumte, aber ich schlug alle Gedanken an Robert Louis Stevenson in den kalten Wind. Ich trug Mayas Jacke unter dem Arm.
    Maya war nach dem Vorfall im dünnen T-Shirt und ohne Mütze aus dem Haus gerannt. Betty suchte den Strand in der anderen Richtung ab. Ich hätte sofort meine Plattensammlung einschließlich aller Raritäten dafür hergegeben, wenn Maya jetzt aufgetaucht wäre. Ich hatte das Gefühl, mich übergeben zu müssen. In der Ferne verschwand ein Containerschiff im Nebel. Der schwarz-weiße Leuchtturm war im Dienst. An Land gespülte Quallen warteten auf ihre Retterin.
    Ich dachte an den Tag, an dem Maya ihre Haare für hundert Briefmarken aus Laos, Fidschi und Uganda hergegeben hatte. Wie sie selbstvergessen vor dem kleinen Album saß, die Marken erst nach den Anfangsbuchstaben der Staaten sortierte, dann nach Tierarten, zuletzt nach Schönheit. Mein Mädchen, meine Kleine. Und ich, der ich mich damals seit Stunden über Gersters Anweisung geärgert hatte, ein Loblied auf das Debüt einer läppischen Studentenband zu schreiben, ein Album ohne Schwachpunkt, Aufregenderes ist zurzeit nicht zu haben, 5 Sterne. Ich meinte immer wieder sticheln zu müssen gegen die Kurzfrisur und die wertlosen Briefmarken, so lange, bis Maya zu weinen anfing und sich in ihrem Zimmer einschloss.
    Außer Atem rief ich jetzt ihren Namen, wieder und immer wieder, aber nur die Rehbergs antworteten. Sie stellten sich mir in den Weg, ließen mich ihr Wohlwollen spüren.
    » Sie haben ja so eine bezaubernde Frau«, sagte die Düsseldorferin, und ihr Mann fügte augenzwinkernd hinzu: » Und noch so jung! Gut gemacht, alter Schlawiner!« Er klopfte mir brutal gutmütig auf die Schulter, ich scharrte mit den Füßen vor Ungeduld und Überdruss, riss mich endlich los. Die beiden riefen mir eine Einladung zu Kaffee und Kuchen hinterher.
    Ich lief, rannte, hätte auf Jahre meines Lebens verzichtet, wenn Maya jetzt sofort wieder da gewesen wäre. Und da stand sie, gegen den muschelbewachsenen Stamm eines Wellenbrechers gelehnt, und lächelte verfroren. Mein Herz klopfte wild vor Freude und Erleichterung. Aber dann musste ich daran denken, dass Maya mich eine Memme genannt hatte. Ich warf ihr die Jacke zu und ging weiter, stumm, wie in Trance. Maya rief meinen Namen und dass ihr leidtue, was sie gesagt habe. Ich ging schneller, sie rannte hinter mir her, rief: » Ich hab dich lieb!« Meine Augen und die Schnittwunde brannten, es tat so weh, dass es beinahe eine Lust war. Am Himmel zerkratzte ein Düsenjet die blasse Light-Show der untergehenden Sonne.
    Ich ging und ging, bis ich genug hatte von meiner verkniffenen Einsamkeit, der bitteren Leere in meinem Kopf. Die neonblau flackernde Leuchtreklame einer Strandkneipe zog mich an. Die Eingangstür quietschte wie in einem Gruselfilm für Kinder.
    » Oude Genever, dubbel, alstublieft«, sagte ich, der vorbildliche Tourist, der die Produkte des Gastlandes zu schätzen weiß und sich bemüht, die Sprache der Einheimischen zu sprechen. » Kommt sofort, mein Herr«, antwortete der Mann hinter der Theke auf Deutsch und mit
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