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Sweet about me

Sweet about me

Titel: Sweet about me
Autoren: Dietmar Sous
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überall auf seine Menschenkenntnis verlassen kann.
    Spätsommer im Herbst. Die Blicke, die andere Männer auf Betty warfen, taten mir wohl und weh. Es roch nach Grillfeuer und Sonnenmilch. Zwei zwölfjährige Bikinimädchen stolzierten mit einem Hauch von Brüsten auf und ab. Angler gruben nach Wattwürmern. Hundegebell und Lachen wehten herüber. Die Rehbergs, ein altes Ehepaar aus Düsseldorf, waren auch wieder da. Sie besaßen eine Eigentumswohnung in der Nähe unseres Ferienhauses und fanden immer alles reizend an uns. Sie hätten uns wohl am liebsten adoptiert. Wir duckten uns weg, entgingen so ihren zeitraubenden Nettigkeiten.
    Das Meer träumte weiter vor sich hin. Ein Storch landete und ließ sich von einer Kellnerin mit Käsestückchen füttern. Weil Maya an Land gespültes glitschiges Leben retten musste, ging ihrer Cola die Luft aus. Die Nichtraucherin Betty rauchte eine Zigarette, ich kippte mein zweites Heineken. Die Altersheimbelustigung war beendet, Boz Scaggs sang Lowdown. Das Stück war immerhin von 1975, Blumen kamen nicht darin vor. Es war ein perfekter Nachmittag.
    » Woran denkst du?«, fragte Betty.
    » Datenschutz«, antwortete ich. » Und du?«
    » Ans Ficken«, sagte sie und holte ihren Lippenstift aus der Handtasche, benutzte ihn aufreizend.
    Betty hatte das Wort bis vor einem halben Jahr nicht ausstehen können. Nur Frauen verachtende Blödmänner benutzten es bis dahin ihrer Meinung nach. An dem Samstagabend, an dem das Wort zu Ehren gekommen war, hatte Maya bei einer Freundin übernachtet, ich war früher als erwartet von einem Rockkonzert zurück. Gitarrensoli wie in den frühen Siebzigern hatten mich vertrieben. Als ich beim Öffnen der Haustür Schreie und Stöhnen hörte, rechnete ich mit dem Schlimmsten. Aber Betty hatte keinen triebgesteuerten Besuch. Sie saß mit Rotwein und Pizza vor einem Film, der in einer Samenbank spielte. Die weiblichen Bankangestellten waren hoch motiviert. An der Arbeitsmoral ihrer Kollegen gab es auch nichts auszusetzen. Die Bank florierte. Betty und mich überzeugte das alles nicht: Die Handlung war eine intellektuelle Zumutung, Dramaturgie und Kameraführung laienhaft, auf allerunterstem Niveau war die Wortwahl der Darsteller. Der Regisseur versteckte sich feige hinter dem Pseudonym Pim Pint. Dass er jemals eine Filmhochschule von innen gesehen hatte, war mehr als zweifelhaft. Nein, es war nicht auszuhalten, langweilig, immer dasselbe, deshalb sparten wir uns die letzte halbe Stunde des ordinären Streifens.
    » Soll ich dir einen blasen?«, hatte Betty gefragt.
    » Besser nicht, Liebling«, hatte ich geantwortet wie Gary Oversize, der tätowierte Häufigspender. » Mein Schwanz ist zu groß für deinen Mund, du würdest daran ersticken.«
    » Dann polier mir die Muschi auf die harte Tour«, hatte Betty die rasierte Assistentin Mary McBoobs zitiert. » Aber mach mir vorher die Zitzen hart mit deinem fetten Sahnespritzer.«
    » Ich hab übrigens kein Höschen an«, sagte Betty jetzt. » Aber einen schwarzen Push-up.«
    » O mein Gott«, sagte ich mit zittriger Stimme. » Einen Push-up brauchen deine strammen Titten doch gar nicht!«
    Wir waren wohl zu laut gewesen, denn die Frauen am Nebentisch redeten jetzt auch über Bettwäsche, BH s aus Latex und Slips, im Schritt offen.
    Eine verschwitzte, rotgesichtige Maya gab mir plötzlich einen Kuss auf die Stirn. » Tut mir leid«, sagte sie.
    » Was tut dir leid?«
    » Na ja, das mit der Pfeife und dem uralt und so. Stimmt ja überhaupt nicht. Corinna aus meiner Klasse hat neulich gesagt: Für Ende fünfzig hat dein Alter aber noch ’nen relativ knackigen Arsch.«
    Betty verschluckte sich an ihrem Bier und prustete. Gabriella Cilmi sang Sweet About Me. Maya übertönte mit ihrem Gesang das gackernde Lachen der Frauen am Nebentisch. Ein Windstoß zerstörte die Flugbahn eines Lenkdrachens.
    Ich schnitt Zwiebeln klein, zerteilte grüne und rote Paprika, eine Aubergine, dabei dachte ich an die runde Badewanne, wo ich später, während Maya einen Film mit Hugh Grant sehen würde, nicht nur ein Stück Seife in Betty verstecken wollte. Da rief Gerster an. Er war der stellvertretende Chef des Magazins, für das ich Plattenrezensionen und Konzertberichte schrieb.
    » Mein Kater Fritz ist eben gestorben«, sagte er mit schwerer Zunge. » Krebs, gelitten wie ein Hund.«
    Das Olivenöl in der Pfanne wurde heiß, Maya rief aus ihrem Zimmer: » Beeilst du dich? Hunger!«
    In der Uniklinik hatten sie dem Tier nicht helfen
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