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Sushi Für Anfaenger

Sushi Für Anfaenger

Titel: Sushi Für Anfaenger
Autoren: Marian Keyes
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Jahre lang - länger, als ihr lieb war - bei Woman‘s Place , einer Nicht-Hochglanz-Wochenzeitschrift, gearbeitet. Sie war sowohl die Redakteurin für Unterhaltung, Mode, Gesundheit, Kosmetik, Wohnen und Kochen gewesen als auch zuständig für Leserbriefe, als Textchefin und für die spirituelle Betreuung, alles in Personalunion. Allerdings war es nicht so schwierig, wie es klang, denn Woman‘s Place wurde nach einer strengen und hinlänglich erprobten Formel gestaltet.
    In jeder Ausgabe gab es ein Strickmuster - meistens war es eine Hülle für eine Toilettenpapierrolle in der Form einer Südstaaten-Schönheit. Dann war da die Seite mit Rezepten, in denen gezeigt wurde, wie man billige Fleischprodukte zu köstlichen Gerichten verarbeiten konnte. In jeder Ausgabe gab es eine Kurzgeschichte; sie handelte immer von einem Jungen und seiner Großmutter, die sich am Anfang spinnefeind sind und am Ende dicke Freunde werden. Dann natürlich die obligatorische Problemseite, typischerweise mit einem Brief, in dem sich jemand über die vorlaute Schwiegertochter beklagte. Auf den Seiten zwei und drei wurden witzige, von den Lesern eingeschickte Geschichtchen abgedruckt, zum Beispiel über ihre Enkelkinder und die niedlichen Sachen, die sie gemacht oder gesagt hatten. Die letzte Seite der Zeitschrift war einem Brief voller frommer Plattitüden vorbehalten, angeblich von einem Geistlichen verfasst, aber normalerweise von Ashling eine Viertelstunde, bevor die Ausgabe in den Satz ging, zusammengeschmiert.
    Und dann gab es die Tipps für die Leser. Und einer von denen hatte zu Ashlings Sturz geführt.
    Normalerweise wurden Tipps von Leserinnen eingesandt und auf diesem Weg an die Leserschaft weitergegeben. Es ging immer darum, wie man mehr für sein Geld oder Dinge umsonst bekommen konnte. Die Grundannahme war, dass man nichts zu kaufen brauchte, weil man alles aus den Dingen, die man schon im Haus hatte, selbst machen konnte. Zitronensaft war ein wichtiger Bestandteil dabei.
    Warum sollte man beispielsweise ein teures Shampoo kaufen, wenn man sich aus Zitronensaft und Spülmittel eins herstellen konnte? Und wenn man Strähnchen haben wollte, brauchte man sich nur den Saft von zwei Zitronen über das Haar zu gießen und sich in die Sonne zu setzen. Ungefähr ein Jahr lang.
    Und wie bekam man Preiselbeerflecken aus einem beigefarbenen Sofabezug wieder heraus? Mit einer Mischung aus Zitronensaft und Essig, ganz einfach. Oder doch nicht so einfach. Bei dem Sofa von Mrs. Anna O‘Sullivan aus Waterford County klappte es jedenfalls nicht. Es ging ganz furchtbar schief - der Fleck wurde immer größer, und selbst der Fleckenteufel konnte nichts mehr ausrichten. Und obwohl Mrs. O‘Sullivan das Zimmer großzügig mit einem Piniennadelspray ausgesprüht hatte, stank es penetrant nach Essig. Mrs. O‘Sullivan war gut katholisch und glaubte an Vergeltung. Sie drohte mit einer Klage.
    Als Sally Healy, die Chefredakteurin von Woman‘s Place , Nachforschungen anstellte, gab Ashling zu, dass sie den Tipp selbst erfunden hatte, denn in der Woche waren nicht genügend Lesertipps eingegangen.
    »Ich dachte, das glaubt sowieso niemand«, verteidigte Ashling sich mit leiser Stimme.
    »Ich bin überrascht«, sagte Sally. »Du hast mir immer erzählt, dass du keine Fantasie hast. Der Brief von Father Bennett zählt nicht; ich weiß, dass du ihn aus dem Catholic Judger abschreibst, der übrigens - wenn du das vorerst für dich behalten könntest im Begriff ist einzugehen.«
    »Es tut mir Leid, Sally, es wird nicht wieder vorkommen.«
    »Mir tut es auch Leid, Ashling. Ich werde dir kündigen müssen.«
    »Weil ich einen Fehler gemacht habe? Das glaube ich nicht.«
    Damit hatte sie Recht. Der tatsächliche Grund war der, dass die Geschäftsleitung von Woman‘s Place über die sinkenden Verkaufszahlen besorgt war und fand, dass die Zeitschrift keinen Pep mehr hatte. Jetzt wurde ein Sündenbock gesucht. Ashlings Missgeschick hätte zu keinem besseren Zeitpunkt passieren können. Man konnte sie einfach entlassen, ohne ihr eine Abfindung zahlen zu müssen.
    Sally Healy nahm das sehr schwer. Ashling war die zuverlässigste und fleißigste Mitarbeiterin, die man sich wünschen konnte. Sie hielt die ganze Produktion in Gang, während Sally spät zur Arbeit kam, früh wieder ging und jeden Dienstag und Donnerstag Nachmittag verschwand, um ihre Tochter vom Ballett und ihre Söhne vom Rugby abzuholen. Aber die Geschäftsleitung hatte ihr zu verstehen gegeben,
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