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Sushi Für Anfaenger

Sushi Für Anfaenger

Titel: Sushi Für Anfaenger
Autoren: Marian Keyes
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Zeit...«
    »Ich habe gehört, Sie können wunderbar organisieren«, sagte Calvin mit einem Funkeln in den Augen. »Ich lasse mich gern von Ihnen beeindrucken. Sonst noch Fragen?«
    Sie konnte sich nicht bremsen. Normalerweise lächelte sie auch dann noch, wenn sich der Strick um ihren Hals festzog, weil sie das große Ziel vor Augen hatte, aber jetzt stand sie unter Schock.
    »Was ist mit der Position der stellvertretenden Chefredakteurin von Manhattan?«
    Barry und Calvin sahen sich an.
    »Tia Silvano vom New Yorker ist die erfolgreiche Kandidatin«, sagte Calvin genervt.
    Lisa nickte. Sie hatte das Gefühl, für sie sei das Ende der Welt gekommen. Steif stand sie auf.
    »Bis wann muss ich mich entscheiden?«, fragte sie.
    Wieder wechselten Barry und Calvin Blicke.
    Schließlich war es Calvin, der das Wort ergriff. »Wir haben Ihre Stelle hier schon neu besetzt.«
    Als Lisa klar wurde, dass sie vor vollendeten Tatsachen stand, bewegte sich plötzlich alles wie in Zeitlupe. Ihr war jede Entscheidung genommen. Erstarrt in einem stummen Aufschrei stand sie da und begriff allmählich, dass ihr keine andere Wahl blieb, als aus dem Raum zu humpeln.
    »Lust auf eine Runde Golf?«, fragte Barry, als Lisa gegangen war.
    »Lust schon, aber leider keine Zeit. Muss nach Dublin und die anderen Stellen besetzen.«
    »Wer ist der Geschäftsführer für Irland?«, fragte Barry.
    Calvin runzelte die Stirn. Barry müsste das eigentlich wissen. »Ein Typ namens Jack Devine.«
    »Ach, der. Ein Einzelgänger, wie?«
    »Soweit ich weiß, nicht.« Calvin hatte nichts für Rebellen übrig. »Ich hoffe nicht.«
    Lisa versuchte die Situation schönzureden. Sie würde sich ihre Enttäuschung nicht eingestehen. Nicht nach allem, was sie geopfert hatte.
    Aber aus einem Kieselstein lässt sich kein Diamant schleifen. Dublin war nicht New York, wie man es auch drehen und wenden mochte. Und die »großzügige« Umzugspauschale war rechtlich anfechtbar. Und was noch schlimmer war, sie würde ihr Mobiltelefon aufgeben müssen. Ihr Mobiltelefon! Als würde ihr ein Bein amputiert!
    Von ihren Kolleginnen war keine besonders niedergeschmettert, dass sie ging. Sie hatte nie eine Mitarbeiterin zu einer Patrick-Cox-Präsentation gehen lassen, auch nicht eine von denen mit Schuhgröße achtunddreißig. Und weil sie gehässige und unwahre Bemerkungen über andere so freizügig verbreitet hatte, nannte man sie auch Lästerlisa. Trotzdem wurde die Belegschaft von Femme an Lisas letztem Tag zu dem üblichen Abschiedsfest im Konferenzzimmer zusammengetrommelt, bei dem lauwarmer, auch als Terpentinersatz geeigneter Weißwein in Plastikbechern, ein Tablett mit mürben Salzringen und Chips und ein - sich nicht bewahrheitendes - Gerücht, dass Cocktail-Würstchen auf dem Weg seien, die Runde machten.
    Als alle ihren dritten Becher Wein in Händen hielten und folglich einigermaßen fröhlich waren, wurde um Ruhe gebeten, und Barry Hollingsworth hielt seine Standardrede, dankte Lisa für ihre Mitarbeit und wünschte ihr alles Gute. Man war sich einig, dass es eine schöne Ansprache gewesen war, schon deshalb, weil er sich Lisas Namen gemerkt hatte. Beim letzten Mal hatte er alle mit einer zwanzigminütigen Rede zu Tränen gerührt und einer Heather für ihre einzigartigen Talente und gute Mitarbeit gedankt, während Fiona, die verabschiedet wurde, dabeistand und vor Verlegenheit fast im Erdboden versunken wäre.
    Dann wurde Lisa ein Marks & Spencer-Gutschein im Wert von zwanzig Pfund überreicht und eine Karte, auf der ein großes Flusspferd abgebildet war und in erhabenen Buchstaben zu lesen stand: »Wir werden dich vermissen«. Ally Benn, Lisas Stellvertreterin, hatte das Abschiedsgeschenk sorgfältig ausgesucht. Lange hatte sie darüber nachgedacht, was Lisa am meisten ärgern würde, und kam dann auf die Idee, dass ein M&S-Gutschein besonders geeignet wäre. (Ally Benn hatte genau Schuhgröße achtunddreißig.)
    »Auf Lisa!«, rief Barry abschließend. Inzwischen waren alle angeheitert und ausgelassen, sie hoben ihre Plastikbecher, schwappten Weißwein und Korkenstückchen über ihre Kleidung und riefen: »Auf Lisa!«, während sie kicherten und sich gegenseitig mit den Ellbogen in die Rippen stießen.
    Lisa blieb nicht länger als unbedingt nötig. Seit langem hatte sie die Abschiedszeremonie herbeigesehnt, allerdings hatte sie sich vorgestellt, sie würde auf einer Welle des Ruhms davonsegeln, auf dem Weg nach New York. Stattdessen wurde sie ausrangiert, nach
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