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Sündiger Mond

Sündiger Mond

Titel: Sündiger Mond
Autoren: L Burton
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versprach, mich vor der Hochzeit noch ein-oder zweimal zu besuchen, hatte ich einen Ring mit Saphiren und Diamanten an der linken Hand und die Erinnerung an einen züchtigen Abschiedskuss, der für mich ein ganzes Leben voll fleischlicher Lust als Lady Hickley verhieß. Ich redete mir ein, er hätte mich sicher leidenschaftlicher geküsst, wenn wir nur einmal allein gewesen wären. Vielleicht hätte er sich dann ja sogar noch intimere Freiheiten herausgenommen. Mir wäre es nur recht gewesen, denn vierzehn Monate waren eine lange Zeit, um auf die erwähnte Lust zu warten. Jetzt, da meine Tage als Jungfrau gezählt waren, konnte ich es kaum erwarten herauszufinden, was ich verpasst hatte. Ich dachte an nichts anderes mehr.
    Gegen Ende Juli schickte Consuelo mir ein Telegramm, in dem sie mir mitteilte, dass es ihr gelungen sei, mir eine Einladung zu König Edwards Krönung am 9. August zu verschaffen, wo sie eine der Kammerjungfern von Königin Alexandra sein sollte. Meine Eltern bestanden darauf, dass Tante Pembridge
mich nach London begleitete, wo wir Gäste der Marlboroughs in Spencer House waren, das Sunny damals vermietete. Ich hatte Hickley vor unserer Abreise eigentlich eine Nachricht schicken wollen, fand aber dann, dass es mehr Spaß machen würde, ihn zu überraschen. Ich erkundigte mich in London nach ihm, aber man sagte mir, er reise mit Freunden durch Frankreich, wobei er sich zunächst im Château de la Grotte Cachée aufhielte.
    Als ich meine Enttäuschung überwunden hatte, wurde mir klar, dass ich keineswegs nach New York zurückkehren musste, ohne ihn zu sehen. Seit ein paar Jahren trug ich eine kleine Visitenkarte in meiner Tasche mit mir herum, die Kit Archer mir gegeben hatte, als er eine Einladung auf das Château ausgesprochen hatte, sollte ich mich jemals in der Auvergne aufhalten.
    »Ich garantiere dir, dass es eine einzigartige Erfahrung wird«, hatte er gesagt. »Zeig diese Karte der Torwache.«
    Die Karte, die in einem winzigen Umschlag steckte, auf dem Persönlich und vertraulich stand, war aus elfenbeinfarbenem, goldgerahmtem Papier, das man kaum biegen konnte. Auf der Vorderseite stand in Französisch und Englisch Das Recht zum Eintritt wird folgender Person gewährt. Darunter hatte Kit mit Tinte Miss Emily Townsend und seine Initialen gesetzt. Auf der Rückseite der Karte zeigte ein Plan, wie man von Clermont-Ferrand über verschlungene Wege zu Grotte Cachée gelangte. Ich fragte Kit, ob sein Arbeitgeber nichts dagegen hätte, wenn eine vollkommen fremde Person zu Besuch käme.
    »Seigneur des Ombres ist viel zu sehr damit beschäftigt, seine gesellschaftlichen Verbindungen zu kultivieren«, sagte er, »aber er hat gerne Gäste im Château, deshalb hat er mir Carte blanche gegeben einzuladen, wen ich möchte. Ich muss dich allerdings warnen, Em, es ist ein sehr freizügiger Ort. Du wirst höchstwahrscheinlich einigen äußerst unzüchtigen Vorgängen
beiwohnen, aber ich glaube nicht, dass dir die Erfahrung schaden wird – eher wird sie dir guttun.«
    Ich hatte die Karte in meine Tasche gesteckt und sie vergessen. Jetzt war ich froh, dass ich sie dabeihatte. Nach der Krönung überredete ich Tante Pembridge, einen kleinen Umweg über Frankreich zu machen, bevor wir nach Hause zurückfuhren. Ich hatte jedoch nicht die Absicht, eine Anstandsdame mitzuschleppen, wenn ich überraschend den Mann besuchte, der mir seit vier Monaten libidinöse Träume bescherte.
    Auf der Karte sah ich, dass Clermont-Ferrand etwa hundertsechzig Kilometer von Lyon entfernt war, wo Biddie, die Cousine meiner Mutter, ein Château besaß. Biddies richtiger Name, Obedience, also Gehorsam, Blick, hätte nicht unpassender sein können, da die Blicks der wilde Zweig der Familie waren und Biddie besonders unkonventionell war. Das war einer der Gründe, warum ich sie immer gemocht hatte. Da ich wusste, dass sie jeden Sommer auf dem Schloss verbrachte, schickte ich ihr ein Telegramm, und sie lud uns ein.
    Als wir dort waren, erzählte ich ihr, dass mein Verlobter in Grotte Cachée war. Sie lachte und verdrehte die Augen, weil sie natürlich genau wusste, warum ich zu Besuch gekommen war. Sie bot mir an, mir ihren Wagen und Fahrtkleidung zu leihen, wobei sie mir erklärte, ich solle mir mit dem Aufenthalt dort ruhig Zeit lassen. Ich versprach ihr allerdings, ich würde nicht länger als vier Tage bleiben und am Sonntag, dem Siebzehnten, zurückkommen. Sie überzeugte auch Tante Pembridge, dass sie im Schloss bleiben und
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