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Sündige Gier

Sündige Gier

Titel: Sündige Gier
Autoren: Sandra Brown
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Desinfektionsseife auf der Damentoilette in der Polizeistation abgeschrubbt, aber sie hatte noch keine Gelegenheit gehabt, nach Hause zu fahren und sich umzuziehen.
    Paul zuliebe hatten Doug und sie sich immer umeinander bemüht, trotzdem waren sie nie warm miteinander geworden. Doch jetzt fühlte sie bedingungslos mit ihm. Sie sah, dass es ihn schockierte, das Blut seines Bruders an ihren Kleidern zu sehen. Es war der unübersehbare Beweis dafür, wie brutal Paul aus dem Leben gerissen worden war.
    Sie ging auf ihn zu, aber er war derjenige, der die Arme ausbreitete und sie umarmte. Verlegen. Trotzdem auf Abstand bedacht. So wie typischerweise ein Mann die Freundin seines Bruders umarmt.
    »Es tut mir so leid, Doug«, flüsterte sie. »Du hast ihn geliebt. Er hat dich geliebt. Das muss entsetzlich für dich sein.«
    Er ließ sie los. In seinen Augen glänzten Tränen, aber er hielt sich standhaft, so wie sie es von ihm erwartet hatte. »Wie geht es dir?«, fragte er dann. »Bist du verletzt?« Sie schüttelte den Kopf.
    Er betrachtete sie prüfend und rieb sich dann mit beiden Händen übers Gesicht, als wollte er den Anblick der Blutflecken auf ihren Kleidern ausradieren.
    Die beiden Detectives, die sich Julie vorgestellt hatten, gleich nachdem sie am Tatort eingetroffen waren, hielten sich diskret im Hintergrund, um ihr und Doug ein paar ungestörte Momente zu lassen.
    Detective Homer Sanford war ein großer, breitschultriger Schwarzer, dem das Alter, Julies Schätzung nach knapp über vierzig, lediglich an einem kleinen Bäuchlein anzusehen war. Er wirkte wie ein ehemaliger Footballspieler.
    Äußerlich war seine Partnerin das genaue Gegenteil. Detective Roberta Kimball war gerade mal einen Meter fünfzig groß und versuchte vergeblich, den zehn Kilo schweren Reifen um ihre Hüften zu verbergen, indem sie einen weit geschnittenen schwarzen Blazer über der grauen, straff um die Schenkel spannenden Stoffhose trug.
    Auf den Notruf hin war im Hotel Moultrie zuerst eine Streife aus dem zuständigen Polizeirevier von Buckhead eingetroffen. Die Streifenbeamten hatten dann umgehend ein Spurensicherungskommando angefordert, das gemeinsam mit zwei Ermittlern vom Morddezernat angekommen war.
    Julie hatte den Eindruck, dass Sanford und Kimball ausgesprochen professionell und umsichtig arbeiteten. Am Tatort hatten die beiden sie mit Glacehandschuhen angefasst und sich immer wieder entschuldigt, dass sie schon jetzt die Ermittlungen aufnehmen und ihr Fragen stellen müssten, obwohl Julie nach dem Verbrechen, das Paul das Leben gekostet hatte, bestimmt noch unter Schock stand.
    Jetzt wandte sich Kimball behutsam an Doug: »Brauchen Sie noch ein paar Minuten, bevor wir anfangen, Mr Wheeler?«
    »Nein, es geht schon.« Die Antwort kam ein bisschen zu forsch, so als würde er sich selbst Mut zusprechen wollen.
    Die Detectives hatten ihn direkt vom Leichenschauhaus hierhergefahren. Allen dreien haftete ein unverkennbarer Geruch an. Julie fröstelte nach ihrem Besuch in dieser freudlosen Gruft immer noch.
    »Ich hoffe, es stört Sie nicht, wenn Mr Wheeler zuhört, während wir noch einmal Ihre Aussage durchgehen«, sagte Sanford.
    »Gar nicht.« Irgendwann würde Doug ohnehin von ihr hören wollen, was sich eigentlich zugetragen hatte. Warum nicht gleich jetzt?
    Sie betraten das Morddezernat, und Sanford führte sie in einen winzigen, von Stellwänden abgetrennten Arbeitsbereich, der offenbar sein Reich war. Julie hatte richtig getippt. An einer Wand hing ein Foto, auf dem er, einen Football unter den Arm geklemmt, in einem Bulldogs-Trikot und mit verkratztem Helm in die Endzone hechtete. Auf anderen Fotos waren drei lächelnde Kinder und eine hübsche Frau zu sehen. Er trug einen Ehering. Roberta Kimball nicht.
    Sanford zog für Julie einen Stuhl heraus. »Ms Rutledge.« Sie setzte sich. Dann brachte er Doug einen zweiten Stuhl. Kimball behauptete, sie würde lieber stehen. Sanford setzte sich hinter den Schreibtisch und griff nach einem Ordner, auf dem das aktuelle Datum, Pauls Name und ein Aktenzeichen standen. Er war erst vor knapp fünf Stunden gestorben, und schon war er zu einer Nummer geworden.
    Sanford wandte sich an Julie. »Die anderen Zeugen haben inzwischen auch ausgesagt. Ihre vorhin aufgezeichnete Aussage wurde währenddessen niedergeschrieben. Bevor Sie die Niederschrift unterzeichnen, möchte ich alles noch einmal mit Ihnen zusammen durchgehen, um zu sehen, ob Ihnen noch etwas einfällt, ob Sie etwas hinzufügen
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