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Sühnetag - Patterson, J: Sühnetag - Worst Case

Sühnetag - Patterson, J: Sühnetag - Worst Case

Titel: Sühnetag - Patterson, J: Sühnetag - Worst Case
Autoren: James Patterson
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Vielleicht gewinnen wir ja diesmal.«

4
    Die Adresse One West 72 nd Street gehörte zum Dakota Building, dem berühmten schlossartigen Gebäude im gotischen Stil, in dem John Lennon gewohnt hatte, bevor er genau davor erschossen worden war. In diesem Haus war auch das Baby in Rosemaries Baby zur Welt gekommen, fiel mir zu meiner Freude ein. An diesem Nachmittag hagelte es ja geradezu gute Omen.
    Ich fuhr am Gebäude vorbei, stellte meinen Van um die Ecke an der Columbus Avenue ab und ging die 72 nd Street zurück. Auch wenn es unwahrscheinlich war, doch im Falle einer Entführung könnte das Haus bereits unter Beobachtung stehen. Ich wollte es jedenfalls nicht an die große Glocke hängen, dass die Familie Kontakt mit der Polizei aufgenommen hatte.
    Ich schritt durch das schmiedeeiserne Tor. Genau hier, unter dem breiten Torbogen, hatte der Ex-Beatle von Chapman eine Kugel in den Rücken bekommen, bevor er es die wenigen Stufen in die Eingangshalle hinauf geschafft hatte. Das Gebäude war ein beliebter Anlaufpunkt bei Stadtrundfahrten. Yoko, die immer noch hier wohnte, musste sich tierisch freuen, wenn Touristen nach Einschusslöchern suchten.
    Die schweren, mit Messing beschlagenen Türen öffneten sich. Ein stattlicher Asiate in jagdgrünem Mantel und Hut stand neben einem » Besucher bitte anmelden«-Schild.
    » Ich möchte zur Familie Dunning«, sagte ich und zeigte ihm unauffällig meine Dienstmarke.
    Nachdem ich angemeldet worden war, erschien ein älterer Mann und führte mich durch die Eingangshalle, die mit dunklem, reich verziertem Mahagoni vertäfelt war. Ein massiver Ballsaalkronleuchter und Messingwandlampen tauchten die aufwändig gearbeitete Decke und den weißen Travertinboden in sanftes Licht.
    Der Hallen-Mann wiederum übergab mich einem Aufzug-Mann. Oben winkte mich ein kleiner Butler durch die offene Tür der Wohnung 10 B.
    Durch die Flügeltüren, die fast doppelt so hoch waren wie normal, konnte ich quer durch die Wohnung bis zum Central Park blicken. Die Räume waren wie klassische Zimmerfluchten angeordnet, so dass Gäste dank der vielen Türen nicht mit dem Personal in Kontakt kommen mussten. Bei den Böden und Wänden wechselte sich kubanisches Mahagoni im Fischgrätmuster mit, wie es aussah, dem Holz des Schwarznussbaums ab.
    Eine eindrucksvolle schwarzhaarige Frau kam durch den langen Flur auf mich zugeeilt. Sie trug ein blaues Abendkleid im Knitter-Look, und trotz der Entfernung war die Angst in ihrem schmalen Gesicht nicht zu übersehen. Mein Ärger darüber, zu diesem Fall gerufen worden zu sein, wich meinem Mitgefühl. Selbst in ihrem eleganten Kleid und in dieser Umgebung sah sie einfach nur aus wie eine vor Sorge vergehende Mutter.
    » Gott sei Dank, dass Sie da sind. Detective Bennett, richtig?«, fragte sie mit englischem Akzent. » Es geht um meinen Sohn, Jacob. Ihm ist etwas zugestoßen.«
    » Ich bin hier, um Ihnen bei der Suche zu helfen, Ma’am«, versuchte ich sie zu beruhigen, während ich mein Notizbuch herauszog. » Wann haben Sie Jacob das letzte Mal gesehen oder mit ihm gesprochen?«
    » Gesprochen vor drei Tagen. Jacob wohnt an der Uni. Hayden Hall, gleich gegenüber vom Washington Square Park. Mein Mann und mein Vater sind noch dort. Sie haben mit seinen Freunden gesprochen, aber niemand hat ihn seit Freitag gesehen. Sein Zimmergenosse auch nicht. Niemand.«
    Vielleicht hat er ein hübsches Mädchen kennengelernt, wollte ich schon sagen.
    » Jemanden ein paar Tage nicht zu sehen bedeutet nicht unbedingt etwas Schlimmes, Mrs. Dunning. Gibt es einen besonderen Grund, warum Sie glauben, ihm könnte etwas zugestoßen sein?«
    » Mein Mann und ich haben gestern Abend im Le Cirque unsere silberne Hochzeit gefeiert. Das Essen hatten wir seit Monaten mit unserem Sohn geplant. Jacobs Großvater ist zu diesem Anlass extra aus Bordeaux gekommen. Jacob hätte diesen Abend nicht vergessen. Er ist unser einziges Kind. Sie begreifen nicht, wie nah wir uns stehen. Er hätte weder diese Feier noch die seltene Gelegenheit verpasst, seinen Großvater zu treffen.«
    Langsam verstand ich ihre Sorge. Was sie mir erzählte, kam mir nicht fremd vor.
    » Hat er Ihnen gegenüber irgendetwas gesagt, als Sie das letzte Mal mit ihm sprachen? Etwas Seltsames? Dass er jemanden getroffen oder …«
    In dem Moment klingelte das Telefon auf der antiken Kommode neben ihr. Entsetzt blickte sie auf die angezeigte Nummer, dann zu mir.
    » Ich kenne diese Nummer nicht«, sagte sie mit panischer Stimme. »
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