Südlich der Grenze, westlich der Sonne

dass man auf ihr hätte schreiben können. Ein neuer Tag war angebrochen. Und ich hatte keine Ahnung, was er für mich bereithielt.
    Ich würde die Mädchen in den Kindergarten bringen und anschließend schwimmen gehen. Wie immer. Ich dachte an das Schwimmbad, in dem ich in meiner Schulzeit immer gewesen war. An den Geruch und an das Echo der Stimmen. Damals war ein neuer Mensch aus mir geworden. Wenn ich vor dem Spiegel stand, konnte ich die Veränderungen an meinem Körper sehen. In stillen Nächten vermeinte ich sogar zu hören, wie er wuchs. Ich war dabei, mich in ein neues Ich zu kleiden und die ersten Schritte in eine neue Welt zu wagen.
    Am Küchentisch sitzend, beobachtete ich die Wolke über dem Friedhof. Sie rührte sich nicht. Sie stand so still, als sei sie am Himmel festgenagelt. Es wurde Zeit, die Kinder zu wecken. Es war längst Morgen, und sie mussten aufstehen. Sie brauchten diesen neuen Tag viel dringender als ich. Ich musste jetzt in ihr Zimmer gehen, die Decken zurückschlagen, die Hand auf ihre warmen kleinen Körper legen und verkünden, dass ein neuer Tag angebrochen sei. Aber ich schaffte es einfach nicht, vom Küchentisch aufzustehen. Alle Energie schien aus meinem Körper gewichen zu sein, als hätte sich jemand von hinten angeschlichen und mir lautlos den Stecker herausgezogen. Die Ellbogen auf den Tisch gestützt, barg ich das Gesicht in den Händen.
    In der Dunkelheit dachte ich an Regen, der ins Meer fällt. Still und leise, ohne dass jemand davon weiß. Lautlos trifft er auf die Wasseroberfläche, und nicht einmal die Fische merken es.
    Bis jemand kam und mir sanft die Hand auf den Rücken legte, dachte ich an das Meer.