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Sturm über der Wüste

Sturm über der Wüste

Titel: Sturm über der Wüste
Autoren: Linda Lael Miller
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Fenstern. Hinter ihnen erstreckte sich eine weitere Veranda. Und dahinter lag ein großer Garten.
    Stumm stellte Molly ihren Rucksack auf einen der Stühle.
    „Sie können sich ebenso gut setzen“, sagte Florence.
    Ohne etwas zu sagen, zog sie einen der schweren Eichenstühle zurück und ließ sich darauf sinken.
    „Kaffee?“, fragte Florence. „Tee?“
    „Wasser wäre gut“, entgegnete Molly.
    „Mit Kohlensäure oder still?“
    „Still, bitte.“
    Florence stellte ein mit Eis gefülltes Glas und eine Flasche vor sie und lehnte sich mit verschränkten Armen an das Spülbecken.
    „Was haben Sie hier zu suchen?“, stieß sie hervor. Offenbar hatte sie die Frage so lange wie möglich zurückgehalten.
    „Ich weiß es nicht“, antwortete Molly wahrheitsgemäß. Vor einer Woche hatte Psyche sie angerufen und ohne weitere Erklärung gebeten zu kommen. „Wir müssen uns persönlich sprechen“, hatte sie nur gesagt.
    „Mir scheint, Sie haben schon genug angerichtet“, fuhr Florence fort. „Auch ohne hier aufzutauchen. Ausgerechnet jetzt.“
    Molly schluckte. Mit ihren dreißig Jahren leitete sie eine der größten Literaturagenturen in Los Angeles. Sie verhandelte praktisch jeden Tag mit egomanischen, höchst erfolgreichen Autoren, mit Lektoren und Filmschaffenden. Und nun saß sie in Jeans, T-Shirt und Turnschuhen, die sie bereits seit achtundvierzig Stunden trug, in Psyche Ryans Küche und hatte das Gefühl, immer mehr zu schrumpfen.
    „Mach ihr nicht das Leben schwer, Florence“, erklang eine freundliche Stimme hinter ihr. „Ich habe sie gebeten zu kommen, und Molly war nett genug, Ja zu sagen.“
    Sowohl Molly als auch Florence drehten sich um, wobei Molly so hastig aufstand, dass sie beinahe ihren Stuhl umstieß.
    In der Küchentür stand eine erschreckend dünne Frau in einem Seidenmorgenmantel und dazu passenden Slippers. Zwei Dinge fielen Molly sofort auf: Erstens, wie schön Psyche war, und zweitens, dass sie offenbar unter der kleinen Häkelmütze eine Glatze verbarg.
    „Würdest du bitte nach Lucas sehen? Vor ein paar Minuten hat er noch geschlafen. Aber noch hat er sich nicht an dieses Haus gewöhnt. Ich möchte nicht, dass er allein aufwacht.“
    Einen Moment zögerte Florence, dann nickte sie steif, warf Molly einen letzten bösen Blick zu und ging aus der Küche.
    „Setzen Sie sich“, sagte Psyche. „Danke, dass Sie gekommen sind.“ Sie reichte Molly die Hand. „Ich bin Psyche Ryan.“
    Molly schüttelte die Hand, die so leicht war wie ein Blatt Pergamentpapier. „Molly Shields“, entgegnete sie. Unwillkürlich wanderte ihr Blick zu Psyches Mütze und dann wieder zurück zu den riesigen lilafarbenen Augen.
    Psyche lächelte. „Ja“, nickte sie. „Ich habe Krebs.“
    „Tut mir leid“, erwiderte Molly bestürzt. Nicht nur das mit dem Krebs . „Ist er …?“
    „Unheilbar“, bestätigte Psyche.
    Tränen des Mitgefühls brannten in Mollys Augen. Doch sie schluckte sie entschlossen hinunter, und auf einmal dachte sie an Lucas.
    Guter Gott, wenn Psyche starb, was würde dann aus ihm werden? Sie selbst hatte ihre Mutter mit fünfzehn verloren. Sie kannte die Leere und das ständige Gefühl des Verlusts.
    Anscheinend konnte Psyche ihre Gedanken lesen, zumindest einige davon. Denn sie lächelte wieder, langte über den Tisch und drückte Mollys Hand. „Wie Sie wissen, lebt mein Mann nicht mehr. Keiner von uns hat Verwandte. Und da Sie Lucas’ biologische Mutter sind, hoffe ich …“
    Vor Aufregung machte Mollys Herz einen kleinen Satz, doch sie zügelte sich aus Furcht vor einer möglichen Enttäuschung.
    „Ich hoffe, Sie kümmern sich um Lucas, wenn ich nicht mehr da bin“, sagte Psyche. „Seien Sie ihm eine Mutter, nicht nur auf dem Papier – sondern wirklich.“
    Molly öffnete den Mund und schloss ihn gleich wieder, zu erschüttert, um ihrer eigenen Stimme zu trauen.
    Besorgt lehnte Psyche sich zurück. „Vielleicht war es anmaßend, Sie einfach so herzubestellen“, bemerkte sie leise. „Wenn Sie Lucas hätten aufziehen wollen, hätten Sie ihn nicht weggegeben.“
    „Aber natürlich möchte ich ihm eine Mutter sein“, stieß sie hervor.
    Nach dieser Antwort wirkte Psyche erleichtert – und erschöpft. „Allerdings gibt es da ein paar Bedingungen“, warnte sie.
    Molly wartete stumm.
    „Lucas muss in oder in der Nähe von Indian Rock aufwachsen“, erklärte Psyche. „Am besten in diesem Haus. Ich bin hier aufgewachsen, und ich möchte, dass mein Sohn es auch
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