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Stunde der Wahrheit

Stunde der Wahrheit

Titel: Stunde der Wahrheit
Autoren: Miranda J. Fox
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noch genauso schön war, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Auch nachts verlor das gewaltige Anwesen nichts von seinem Glanz, im Gegenteil: Die beleuchteten Hecken und das im Mondlicht glitzernde Wasser des Brunnens ließen die Umgebung noch königlicher wirken. Und königlich lebte James allemal. Doch der wunderschöne Anblick konnte sie nicht von dem flauen Gefühl im Magen ablenken. Denn war Emma zu Beginn der Fahrt noch zuversichtlich gewesen, sank ihre Entschlossenheit nun mit jedem weiteren Schritt. Es war nicht gut, hier zu sein, dieser Ort weckte böse Erinnerungen. Als sie die Haustür erreicht hatte, brauchte sie drei Anläufe, um zu klingeln. Sie spielte sich nervös an den Fingern herum und wünschte sich an jedem anderen Ort, nur nicht an diesem. Sie hörte Schritte hinter der Tür und räusperte sich ein letztes Mal, dann setzte sie eine gleichgültige Miene auf und fragte, kaum dass er die Tür geöffnet hatte:
    »Wo ist sie?« Sie sah ihm fest in die Augen und suchte nach Anzeichen von Belustigung wegen ihres Outfits. Sie glaubte, etwas in seinem Blick flackern zu sehen, konnte aber nicht sagen, was es war. James hielt ihr die Tür auf und deutete auf die Couch.
    »Sie schläft.« Er machte eine einladende Geste, doch Emma verharrte auf der Türschwelle.
    »Bist du sicher, dass ich reinkommen soll? Nicht, dass ich wieder eine halbnackte Frau erschrecke.« Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, bereute sie sie auch schon. Sie wollte nicht, dass er dachte, sie sei gekränkt. Diese Genugtuung wollte sie ihm nicht geben. Doch er maß sie mit einem lieblosen Blick.
    »Ich bin allein, du kannst reinkommen.« Emma nickte und lief an ihm vorbei ins Wohnzimmer. Der cremefarbene Marmor, der von den Wänden über den Boden floss, glänzte wie eh und je. Auch die dunkelbraunen Möbel waren keinen Zentimeter verrückt worden und die komplett verglaste Fensterfront gab einen wunderbaren Blick auf den Hintergarten. Als sie Rachel mit einer Decke umwickelt auf dem Sofa liegen sah, schloss Emma einen Moment die Augen. Wie konnte jemand, der sich so rührend um eine Fremde kümmerte, nur so ein Mistkerl sein?
    »Ich habe sie draußen stehen lassen, nachdem du aufgelegt hast. Und als ich zehn Minuten später nach ihr geschaut habe, lag sie auf dem Boden.« Emma zwang sich, ihn anzusehen und brachte die nächsten Worte nur mit Mühe raus.
    »Das ... war nett von dir.« Nett von ihm? Da gab es dutzende Beleidigungen, die sie ihm lieber an den Kopf geworfen hätte. Stattdessen war sie ihm zu Dank verpflichtet, weil er sich so rührend um ihre Freundin kümmerte. Das war wirklich nicht fair! Verwirrt von dem Gefühlschaos in ihrem Innern, lief sie zum Sofa, indem sie vor einem Monat noch selbst gelegen hatte und strich ihrer Freundin behutsam über den Kopf. Wenn Rachel einmal eingeschlafen war, war es eigentlich unmöglich, sie aufzuwecken - vor allem, wenn sie betrunken war. Dennoch rüttelte Emma an ihrer Schulter.
    »Rachel, wach auf. Ich bin’s, Emma.« Doch wie erwartet rührte sie sich keinen Zentimeter.
    »Rachel!«, sagte Emma mit Nachdruck. Nichts.
    »Sicher, dass es ihr gut geht?«, fragte James und trat näher an das Sofa. Er klang ehrlich besorgt, doch Emma konnte ihn beruhigen. Sie kannte ihre Freundin.
    »Keine Sorge. Wenn sie getrunken hat, schläft sie wie ein Stein«, sagte Emma und drehte sich mit einem Lächeln zu ihm um. Doch als sie sich besann, mit wem sie da gerade sprach, erstarb es auf ihren Lippen. James schenkte ihr einen unergründlichen Blick und ging dann zur Minibar, um sich einen Drink einzuschenken. Dann setzte er sich ihnen gegenüber und nippte an seinem Glas.
    »Dann sollte sie hier bleiben und ihren Rausch ausschlafen«, schlug er vor. Emma klappte beinahe die Kinnlade runter.
    »Auf keinen Fall! Ich lass sie doch nicht alleine hier.«
    »Dann bleib. Ihr könntet zusammen auf dem Sofa schlafen. Entsprechend gekleidet bist du ja bereits«, antwortete er achselzuckend. Konnte es sein, dass er hinter seinem Glas ein Lächeln verbarg?
    »Das soll ja wohl ein Witz sein«, sagte Emma und starrte ihn fassungslos an. Wie konnte er es wagen, sich ihr gegenüberzustellen und Witze zu reißen? Nach allem, was er ihr angetan hatte? Sie rüttelte erneut an Rachels Schulter, diesmal ungeduldiger und grober, doch diese gab nur ein Grunzen von sich und schlief weiter.
    »Rachel Thornton!«, rief Emma ungeduldig. Sie musste hier raus. Sie konnte James Anblick keine Sekunde länger ertragen. Da wachte
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