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Stop saying Goodbye: Roman (German Edition)

Stop saying Goodbye: Roman (German Edition)

Titel: Stop saying Goodbye: Roman (German Edition)
Autoren: Sarah Dessen
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spätgeborene Kind eines Automechanikers und einer Grundschullehrerin. Unterschiedlicher konnten zwei Menschen kaum sein. Meine Mutter war eine höhere Tochter, Debütantin und Ballkönigin mit einem Abschluss im Fach »Charme« (im wahrsten Sinne des Wortes, denn sie war auf eine Schule gegangen, die das Wort »Charme« im Namen führte). Mein Vater wischte sich den Mund mit dem Ärmel ab und besaß keinen einzigen Anzug. Dennoch waren sie das perfekte Liebespaar, bis meine Mutter beschloss, dass sie nicht mehr wollte. Wodurch von einem Moment auf den nächsten alles anders wurde.
    Als sie Dad Peters wegen verließ, konnte ich zunächstnicht glauben, dass es tatsächlich geschah. Es ging einfach nicht in meinen Kopf, obwohl ich die schmutzige, traurige Realität durchaus wahrnahm: wie auf dem Flur in der Schule hinter meinem Rücken getratscht und getuschelt wurde; Moms Auszug; die tiefe, schwere, nie zuvor gesehene Erschöpfung in Dads Gesicht. Ich war so durcheinander, so wie in einem Nebel, dass es mir nicht einmal in den Sinn kam zu protestieren, als über meinen Kopf hinweg entschieden wurde, ich würde unter der Woche bei meiner Mutter im Hamilton’schen Domizil wohnen und die Wochenenden bei meinem Vater in unserem alten Haus verbringen. Ich bewegte mich wie eine Schlafwandlerin durch dieses neue Arrangement. Und durch alles andere auch.
    Peter Hamilton wohnte in einem exklusiven, eingezäunten und bewachten Villenviertel,
The Range,
direkt an einem See. Man musste durch ein Tor mit Pförtner fahren, um hineinzugelangen; für Gärtner und Handwerker gab es einen separaten Eingang, damit den Anwohnern der Anblick der niederen Chargen gar nicht erst zugemutet wurde. Die Häuser waren allesamt riesig. Die Eingangshalle von Peters Villa war so groß, dass alles, was darin gesprochen wurde, bis hoch, hoch hinauf an die unmöglich hohe Decke schallte und widerhallte und einen tief unten buchstäblich sprachlos zurückließ. Das Anwesen umfasste einen Freizeitraum mit allen Spielen, die es auf dieser schönen Erde gibt, darunter ein
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(Spezialanfertigung und Willkommensgeschenk des Fördervereins) sowie ein Schwimmbecken, auf dessen Boden am tiefen Ende eine gigantomanische Reproduktion des
Defriese
-Abzeichens prangte (der Schwimmbadbauer war begeisterter
DB
-Fan und das Abzeichen eine kleine Gratis-Dreingabe). Jedes Mal, wenn ich diese Dinge sah, schoss mir der schmerzliche Gedanke durch den Kopf, dass derMensch, der all das am meisten zu würdigen und zu schätzen gewusst hätte, gleichzeitig der Einzige war, der nie die Chance dazu bekommen würde: mein Vater. Ich brachte es nicht einmal übers Herz, ihm davon zu erzählen   – es wäre mir wie ein neuerlicher Schlag ins Gesicht vorgekommen.
    Was die Mahlzeiten betraf: Peter Hamilton kochte nicht. Meine Mutter ebenso wenig. Stattdessen gab es eine Haushälterin, Miss Jane, die jederzeit in den Startlöchern stand, um einem zuzubereiten, was man wollte, selbst wenn man gar nichts wollte. Jeden Tag, wenn ich aus der Schule kam, wartete ein gesunder, hübsch angerichteter Snack auf mich. An den spielfreien Tagen stand pünktlich um sechs ein ernährungsphysiologisch ausgewogenes Abendessen   – Fleisch, Gemüse, kohlenhydrathaltige Beilage, Dinnerbrötchen   – auf dem Tisch. Doch ich vermisste die Dosencremesuppen und Kartoffelchips. Ich vermisste alles, was mein bisheriges Leben ausgemacht hatte, Punkt. Wollte es einfach bloß wiederhaben und begriff erst in dem Moment, als meine Mutter mir mitteilte, sie sei schwanger   – mit Zwillingen   –, dass mein altes Leben endgültig vorbei war. Dass es nie wieder so sein würde wie früher. Die Nachricht von der bevorstehenden Geburt der Zwillinge war, als hätte man einen Eimer Wasser über meinem Kopf ausgekippt: Erst dadurch erwachte ich jäh aus meinem Schlafwandelzustand.
    Als meine Mutter sich von meinem Vater trennte, hatte sie die Zwillings-Kleinigkeit geflissentlich verschwiegen. Aber wenn man nur ein bisschen nachrechnete   – und ich rechnete nach, auch wenn ich es hasste   –, merkte man rasch, dass sie es bei der Trennung nicht bloß bereits gewusst haben musste, sondern die Schwangerschaft wohl überhaupt der Anstoß gewesen war, endlich reinen Tisch zu machen. Ich weiß noch, dass ich damals ursprünglich mal dachte: In dem Tempo, wiesich die Ereignisse überstürzen und ich mit unfasslichen Neuigkeiten konfrontiert werde (wir trennen uns, du wohnst ab sofort die
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