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Stirb schön

Stirb schön

Titel: Stirb schön
Autoren: Peter James
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nicht mehr, die Arthritis in den Knien bringt mich um.«
    Janie musste sich das Lachen verkneifen, auch Broom rang sichtlich um Fassung. Also hatten nicht nur Männer abartige Wünsche. Man lernte nie aus, und sie fragte sich manchmal, wo sie mehr gelernt hatte – an der juristischen Fakultät der Sussex University oder an der Hochschule des Lebens.
    Kurz vor ihrem rot-weißen Mini Cooper meldete ihr Handy piepsend eine SMS. Sie schaute aufs Display.
    Heute Abend. 20.30?
    Janie lächelte und bestätigte mit einem kurzen XX. Dann öffnete sie die Wagentür, stieg ein und überlegte kurz, was an diesem Tag auf dem Programm stand.
    Ihr Kater Bins hatte einen Knoten auf dem Rücken, der immer größer wurde und den sie unbedingt dem Tierarzt zeigen wollte. Bins war ihr vor zwei Jahren als völlig abgemagerter Streuner zugelaufen. Janie hatte ihn bei sich aufgenommen, und er machte keine Anstalten, sie wieder zu verlassen. Von wegen Unabhängigkeit der Katzen, andererseits hatte sie ihn auch sehr verwöhnt. Bins war anhänglich, und Janie hatte sonst niemanden zum Verwöhnen. Sie würde versuchen, einen Abendtermin zu bekommen. Wenn sie gegen halb sieben beim Tierarzt wäre, bliebe immer noch genügend Zeit.
    In der Mittagspause würde sie eine Geburtstagskarte und ein Geschenk für ihren Vater besorgen müssen – er wurde am Freitag fünfundfünfzig. Sie hatte ihn seit einem Monat nicht mehr gesehen, da er geschäftlich in den USA gewesen war. In letzter Zeit schien er nur noch herumzureisen, immer auf der Suche nach der Frau, die seine verstorbene Ehefrau ersetzen könnte. Er erwähnte es nie, doch Janie wusste, dass er einsam war – und sich Sorgen um seine Firma machte, die offenbar schweren Zeiten entgegenging. Und es war nicht wirklich hilfreich, dass sie achtzig Kilometer von ihm entfernt wohnte.
    Als sie sich anschnallte, ahnte sie nichts von dem surrenden Motor der Pentax Digitalkamera und dem langen Objektiv, das in zweihundert Metern Entfernung auf sie gerichtet war.
    Er beobachtete sie durch das Fadenkreuz und sagte ins Handy: »Sie kommt jetzt.«
    »Bist du sicher, dass sie es ist?« Die Stimme klang scharf wie eine stählerne Klinge.
    Die Antwort war eigentlich überflüssig. Eine echte Augenweide, dachte er.
    »Ja, ganz sicher«, sagte er.

2
    » ICH SITZE IM ZUG !«, brüllte der übergewichtige Vollidiot mit dem Babygesicht ihm gegenüber ins Handy. »Im Zug. Z-U-G«, wiederholte er. »Ja, miese Verbindung.«
    Sie fuhren in einen Tunnel.
    »Scheiße«, sagte der Vollidiot.
    Tom Bryce, der gegenüber dem Vollidioten und neben einem Mädchen mit widerlich süßem Parfum saß, das wie wild eine SMS nach der anderen tippte, musste ein Grinsen unterdrücken. Er war ein liebenswürdiger, gut aussehender Mann von sechsunddreißig im eleganten Anzug, mit ernstem und doch jungenhaftem Gesicht und dichtem dunkelbraunen Haar, das ihm ständig in die Stirn fiel. Die Hitze machte ihm zu schaffen, über ihm in der Gepäckablage welkte der Blumenstrauß dahin, den er für seine Frau gekauft hatte. Die Temperatur im Abteil lag bei etwa dreißig Grad, es fühlte sich aber noch heißer an. Im letzten Jahr war er in der 1. Klasse gefahren, die etwas besser klimatisiert oder einfach weniger voll war, doch inzwischen musste er sparen. Dennoch überraschte er Kellie gerne ab und zu mit Blumen.
    Als sie kurz darauf aus dem Tunnel herausfuhren, ging der Albtraum weiter. »Das war ein Tunnel!«, bellte der Vollidiot, als wären sie immer noch drin. »Scheiße, das ist nicht zu fassen! Wieso haben die keinen Draht oder so was, um die Verbindung zu halten? Im Tunnel, meine ich. In manchen Autobahntunneln gibt’s das doch schon, oder?«
    Tom versuchte, sich auf die E-Mails zu konzentrieren, während er seinen Mac-Laptop auf den Knien balancierte. Wieder eine beschissene Heimfahrt nach einem beschissenen Tag im Büro. Noch über hundert Mails zu beantworten, und es kamen ständig neue rein. Er erledigte sie konsequent jeden Abend, um irgendwie Schritt zu halten. Manchmal schickten Freunde irgendwelche Witze, die er später lesen konnte, oder anzügliche Attachments, die er unmöglich in einem voll besetzten Zug öffnen konnte. Einmal hatte er neben einer prüde wirkenden Frau gesessen und auf eine PowerPoint-Datei geklickt, worauf ein Esel auf dem Monitor erschien, der von einer nackten Blondine oral befriedigt wurde.
    Der Zug ratterte, rüttelte und ruckte in kurzen Stößen, als sie durch den nächsten Tunnel fuhren. Es war
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