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Stirb für mich: Thriller

Stirb für mich: Thriller

Titel: Stirb für mich: Thriller
Autoren: Robert Wilson
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Amy-Fait-accompli.
    »Und warum das Ganze?«, fragte er.
    »Ich muss für meine Prüfungen lernen.«
    »Bei Karen?«, fragte er und versuchte, nicht sarkastisch zu klingen.
    »Nein. Hier schlafe ich bloß. Ich arbeite in meinem Zimmer zu Hause bei Mom. Du kannst sie gerne anrufen. Sie wird es dir bestätigen. Wir haben alles besprochen, bevor sie gefahren ist.«
    »Nur mit mir nicht«, sagte Boxer. »Und du weißt genauso gut wie ich, dass sie bis zum Ende des Seminars nicht auf dem Handy erreichbar ist.«
    »Ach ja, stimmt …«
    »Und was fange ich mit deinem hundertfünfzig Pfund teuren Flug nach Lissabon an?«
    Schweigen. Er spürte ihre Aggression. Viel brauchte es dieser Tage nicht.
    »Weißt du, warum ich nicht mitkommen wollte?«, holte sie zum Schlag aus.
    »Wie du gesagt hast. Wegen deiner Prüfung. Obwohl ich dich gar nicht als so fleißige Schülerin in Erinnerung habe.«
    »Das liegt daran, dass du nie da bist.«
    »Deswegen wollten wir dieses Wochenende ja auch zusammen wegfahren.«
    »Wirklich?«
    »Ja.«
    »Ich wollte nicht mitkommen, weil ich wusste, dass du mich die ganze Nacht allein lässt, um zu einem von deinen blöden Kartenspielen zu gehen.«
    »Das war absolut nicht meine Absicht.«
    »Und warum hast du dann ein Hotel im Parque das Nações und nicht in der Innenstadt von Lissabon gebucht?«
    »Erstens, weil Bruno Dias, ein alter Kunde von mir, der dich kennenlernen möchte, in der Nähe wohnt, und weil es zweitens in der Nähe des Ozeanariums liegt, das du dir angucken wolltest, hast du gesagt.«
    »Quatsch.«
    »Nein. Ehrlich.«
    »Ich hab online nachgesehen, und weißt du was, es liegt sogar noch näher am Lissabonner Kasino. Hundert Meter, würde ich schätzen, und ich kenne dich; du würdest morgens um sieben Uhr zurückkommen, gut gelaunt, wenn du gewonnen hast, und supergenervt, wenn du verloren hast«, sagte sie. »Und so wollte ich das Wochenende nicht verbringen: alles davon abhängig, wie es für dich mit den Karten gelaufen ist.«
    Boxer schwang die Beine aus dem Bett und stützte die Ellbogen auf die Knie. Das schwarze Loch war zurück, etwa faustgroß in seinem Zentrum. Er spürte es seit seinem achtzehnten Lebensjahr, als sein Vater ihn verlassen hatte, für immer verschwunden war, ohne sich je wieder bei ihm zu melden. Es war das »Zurückweisungsloch«. Im Laufe der Jahre hatte er es bis zu einem Punkt gebracht, an dem er fast geglaubt hatte, es wäre verschwunden. Aber in jüngster Zeit musste er feststellen, dass er es zusehends weniger unter Kontrolle hatte, vor allem wenn es um Amy ging. Sie konnte das Loch mit einem Blick, einem Satz oder einem Kräuseln der Lippen aufreißen und ihn in die dunkle, trudelnde Leere von etwas für immer Verlorenem stoßen.
    So wie jetzt auch wieder. Vor eineinhalb Jahren hatte er seinen festen Job als Kidnapping-Consultant bei GRM aufgegeben, der privaten Sicherheitsfirma, die weltweit siebzig Prozent aller Verhandlungen mit Entführern abwickelte, um als Selbstständiger mehr Zeit für seine Tochter zu haben. Damit hatte es angefangen. Der Verlust der festen Firmenstruktur und der Kameradschaft unter den Kollegen schien sich auf seinen Verstand ausgewirkt, ihn irgendwie befreit zu haben – auf eine negative Art.
    Amy hatte auf seine neue Allgegenwärtigkeit reagiert, indem sie ihn daran erinnerte, wie häufig er in ihrem kurzen Leben abwesend gewesen war. Dass sie ihn mit dem Wochenende in Lissabon hatte sitzen lassen, war ihre Art, ihm zu sagen, dass er mit seinen kleinen Bestechungen mehr als fünfzehn Jahre Vernachlässigung nicht kompensieren konnte. Und das schwarze Loch war wieder aufgerissen, weil sie recht hatte.
    Er hatte mental mit seiner Unfähigkeit gerungen, eine Beziehung zu ihr herzustellen, und geglaubt, es läge daran, dass er sich einfach zu sehr daran gewöhnt hatte, als Einzelgänger irgendwo in Mexico City, Bogotá oder Karatschi festzusitzen, Krimis zu lesen, Karten zu spielen und auf den nächsten Zug irgendeiner Verbrecherbande zu warten.
    Er musste lernen, ein anderes Leben zu leben.
    Er brauchte Hilfe.
    Aber nicht heute Nacht. Für heute Nacht war das zu viel.
    »Das war ja wohl absolut daneben«, schimpfte Skin. Er hatte seine West-Ham-Kappe wieder aufgesetzt und zog, an die Tür des Transporters gelehnt, einen Fuß auf dem Armaturenbrett, hektisch an einer Zigarette.
    Dan sagte nichts, sondern fuhr weiter, immer noch mitgenommen von seinem ersten Mord. Warum musste es eine Strangulation sein? Er spürte es
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