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Stimme aus der Unterwelt

Stimme aus der Unterwelt

Titel: Stimme aus der Unterwelt
Autoren: Stefan Wolf
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Fausthiebe betrifft. Ich bin Judoka, trainiere
aber auch Karate und Kung Fu.“
    Tim zeigte seine kräftigen Fäuste mit
den verhornten Knöcheln der Zeige- und Mittelfinger.
    „Ich glaub’s dir ja“, meinte der
Inspektor. „Hast du eine Erklärung für den fehlenden Totschläger?“
    „Leider nicht. Nun ja, vielleicht
handelt es sich um ein recht kleines Instrument, das bei diesem Typ in der
Hosentasche Platz hat. Doch das ist unwahrscheinlich. Überhaupt: Der Täter ging
nicht besonders professionell vor. Die anderen Abteile des Waggons waren zwar
leer. Aber kurz bevor ein Zug hält, kann immer jemand vorbeikommen. Wäre ich
der Räuber, ich würde mich nicht darauf verlassen, daß es eine Blinde ist.“
    „Bevor wir herkamen“, sagte
Wondrascheck, „sind wir beim Krankenhaus vorbeigefahren. Mair-Chateaufort ist
aufgewacht. Er hat den Täter nicht gesehen, hat nur zum Fenster rausgeguckt — in
die Landschaft — und gehört, wie die Tür geöffnet wurde. Dann gingen bei ihm
schon die Lichter aus.“
    Er wandte sich Susi zu. „Also etwa 30,
mittelblond, mittelgroß, heller Anzug und ein Durchschnittsgesicht.“
    Susi hob die Achseln. „Ich kann ihn
nicht anders beschreiben.“
    „Entscheidend ist, daß Sie ihn
wiedererkennen, wenn wir ihn haben.“
    „Das bestimmt.“
    Wondrascheck sah seinen Assi an, einen
dünnen Menschen mit hochgezogenen Schultern.
    „Hast du alles?“

     
    Der Assistent nickte, schien sich aber
nicht sicher zu sein, ob er bei seinen Notizen das Nebensächliche vom Wesentlichen
getrennt hatte.
    „Was werden Sie tun, Frau Welmhoff?“
fragte Wondrascheck. „Für Ihre Leser ist es sicherlich sensationell, wenn Sie
von dieser gefährlichen Begegnung berichten. Aber dann weiß auch der Täter, wer
Sie sind und daß Sie ihn erkannt haben. Sie als einzige können ihn
identifizieren. Außer Ihnen hat ihn niemand gesehen.“
    „Meinen Sie, daß er mich bedrohen wird
— deshalb?“
    „Ich sitze nicht in seinem Kopf.
Immerhin — Sie wohnen sehr einsam dort draußen. Und der Typ ist brutal.
Mair-Chateaufort muß einige Wochen im Krankenhaus bleiben. Schwere
Gehirnerschütterung. Und Verletzung des Schädelknochens. Wenn ich Sie wäre,
würde ich mir den Bericht verkneifen.“
    „Inspektor! Der Zufall hat mir eine
Story zugespielt. Wenn ich die nicht nutze, bin ich fehl am Platz.“
    „Hoffentlich denken Sie auch um
Mitternacht so, wenn Sie allein sind in Ihrem Landhaus, wenn finstere Nacht
alles umhüllt, die Dielen knacken, die Hintertür knarrt, in der Tenne ein
Käuzchen schreit und Sie meinen, daß jemand ums Haus schleicht. Wir kommen ja
gern raus, sobald Sie einen Notruf absetzen. Aber eine halbe Stunde dauert’s.“
    Susi lächelte. „Angst machen, gilt
nicht.“
    Wondrascheck stand auf. „Vielleicht ist
der Kerl schon gar nicht mehr hier. So oder so — meine Leute werden die Augen
offenhalten.“
     
    *
     
    Karl und Klößchen schleppten ihre
Reisetaschen. Tim trug zwei, seine und die von Gaby.
    Die Sonne war hinter die Berge
gesunken, hinterließ heiße Luft in den engen Straßen und pinselte rosarotes
Alpenglühen an die Bergeswand im Osten.
    In Bad Fäßliftl füllten sich die
Restaurants mit Touristen und Kurgästen. In den Gassen duftete es nach Wiener
Zwiebelrostbraten und Salzburger Nockerln.
    Die TKKG-Bande stand vor dem Gasthaus
,Zur Traube’.
    „Man soll zwar das Alter ehren“, sagte
Tim, „aber sich wegen eines alten Grobians nicht in die Hose machen — wie du,
Willi. Bleib locker! Du hast zuviel Respekt vor diesem Oheim. Das verkrampft
dich. Du machst dann noch mehr Blödsinn als sonst, und dein Erbe ist futsch.“
    „Du hast gut reden“, meinte Klößchen.
    „Ich würde und werde auch so handeln.
Mach dir klar: Er will was von dir — weil er einen Erben braucht. Du mußt da
nicht mitmachen. Du bist in der stärkeren Position. Also kein Frackflattern,
Willi.“
    „Schon recht. Aber ich gehe nicht
allein rein. Ihr kommt mit.“
    Es war ein altehrwürdiges Gasthaus mit
dicken Mauern und einer blauen Traube aus Gußeisen über dem Eingang.
    Auf dem breiten Gehsteig parkten — schräg
zum Haus — mindestens zehn Wagen, überwiegend mit hiesigem Kennzeichen.
    An der weißgetünchten Mauer hing ein
Schild: Bitte, nur vorwärts parken.
    Auf einer schwarzen Tafel neben dem
Eingang hatte jemand mit Kreide das Tagesmenü aufgeschrieben. Es gab Waldviertler-Rahmsuppe,
Schweinsbraten mit Kraut und Eisbecher Blaue Traube.
    Irgendwer hatte den Preis
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