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Stille Kuesse sind tief

Stille Kuesse sind tief

Titel: Stille Kuesse sind tief
Autoren: Susan Mallery
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dafür noch genügend Zeit haben. Das Festival ist doch schon in zehn Wochen. Glaubst du wirklich, dass ich in so kurzer Zeit Reiten lernen könnte? Gut genug, um ein Pferd zum Tanzen zu bringen?“ Sie wandte sich an Charlie. „Vor mehr als tausend Jahren haben die Máa-zib-Frauen alles, was sie kannten, verlassen und sind hierher ausgewandert. Es waren starke Frauen, die sich ein neues Zuhause aufbauen wollten. Sie haben sich hier niedergelassen, und sicherlich steckt noch etwas von ihrer Kraft und Entschlossenheit in jeder Einzelnen von uns.“
    Charlie trank einen Schluck Bier. „Hübsche kleine Rede und netter Versuch, aber nein, ich werde nicht auf oder mit meinem Pferd tanzen.“
    Frustriert ließ Annabelle die Schultern hängen. „Dann habe ich nichts.“
    Heidi drückte ihren Arm. „Ich hab ʼ s doch schon gesagt, mach es selbst. Du bist diejenige, die ständig von den Máa-zib-Frauen redet, davon, dass sie ihre Töchter davor bewahrt haben, geopfert zu werden, indem sie ihre Heimat verlassen haben. Sie waren es leid, dass ihre Töchter getötet wurden, ehe sie überhaupt eine Chance hatten zu leben, deshalb sind sie hierhergekommen. Um frei zu sein. Sei genauso tapfer wie sie.“
    Annabelle straffte sich. Sie war nun wirklich nicht der Typ, der eine Parade anführte, sondern eher still, ein Mensch, der hinter den Kulissen wirkte.
    Sie öffnete den Mund, um zu erwidern: „Das kann ich nicht“, aber irgendwie blieben ihr die Worte im Hals stecken. Denn wenn sie wollte, konnte sie. Sie konnte vieles. Aber ihr Leben lang hatte sie versucht, sich unauffällig zu verhalten, sich anzupassen. Angefangen bei ihren Eltern, denen sie es immer hatte recht machen wollen, bis hin zu sämtlichen Männern, mit denen sie ausgegangen war. Sie hatte sich immer als angepasst, aber nicht als stark angesehen.
    Charlie starrte sie an. „Alles okay bei dir? Du siehst ein bisschen merkwürdig aus.“
    „Ich bin ein Schwächling“, stellte Annabelle fest. „Eine Fußmatte, auf der alle herumtrampeln, und das ist die schlichte, ergreifende, wenn auch wenig schmeichelhafte Wahrheit.“
    Heidi und Charlie tauschten besorgte Blicke aus. „Okay“, meinte Charlie langsam. „Du hast nicht gerade einen Anfall oder so was?“
    „Nein, ich hatte gerade eine Eingebung. Ich war immer diejenige, die sich gebeugt hat, die die eigenen Wünsche und Bedürfnisse hintangestellt hat, um es anderen recht zu machen.“
    „Du hast gerade auf dem Tresen getanzt“, meinte Heidi achselzuckend. „Unabhängiger kann man doch gar nicht werden.“
    „Nur um das mal festzuhalten: Ich bin nicht betrunken. Ich habe Charlie nur den Tanz der glücklichen Jungfrau gezeigt, um sie davon zu überzeugen …“ Sie schüttelte den Kopf und stand auf. „Wisst ihr was? Ich mach es selbst. Ich lerne den Tanz auf dem Pferd. Und ich lerne Reiten. Es ist mein Büchermobil. Mein Spendenaufruf. Ich übernehme Verantwortung. Ich stelle mich der Herausforderung. Der Geist der Máa-zib-Frauen lebt auch in mir weiter.
    „Auf geht ʼ s, Mädchen“, ermunterte Charlie sie und grinste.
    „Du warst gestern Abend aber früh zu Hause.“
    Shane drehte den Wasserhahn in der Scheune zu, und als er hochschaute, sah er seine Mutter auf sich zukommen. Es dämmerte gerade erst, doch sie war bereits aufgestanden und angezogen. Und, viel wichtiger, sie hielt in jeder Hand einen Becher Kaffee.
    Dankbar nahm er den Becher, den sie ihm reichte, und trank einen Schluck. Bilder einer feurigen Rothaarigen hatten ihn bis in seinen unruhigen Schlaf hinein verfolgt.
    „Stimmt, Jo ʼ s Bar war nicht ganz das, was ich erwartet hatte, auch wenn es hochinteressant dort war.“
    May, seine Mutter, die mit Mitte fünfzig noch immer sehr attraktiv war, lächelte. „Du warst in Jo ʼ s Bar? Ach Schätzchen, nein. Da gehen doch die Frauen aus der Stadt alle hin. Statt Sportsendungen kannst du dort die Shopping- oder Modesendungen im Fernsehen sehen. Du hättest deinen Bruder fragen sollen, wo sich die Männer zu einem Spielchen treffen. Kein Wunder, dass du so früh wieder zu Hause warst.“ Mit der freien Hand streichelte sie der Stute, die ihren Kopf über die Stalltür streckte, die Nüstern. „Hallo, meine Süße, hast du dich schon eingelebt? Ist es nicht toll in Fool ʼ s Gold?“
    Die Stute nickte, als wollte sie bekunden, dass alles bestens war.
    Shane musste zugeben, dass seine Pferde sich schneller eingelebt hatten, als er angenommen hatte. Die Fahrt von Tennessee hierher hatte
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