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Stiefbruder - Liebe meines Lebens

Stiefbruder - Liebe meines Lebens

Titel: Stiefbruder - Liebe meines Lebens
Autoren: Kooky Rooster
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da konnten sie sich doch ein bisschen mit mir freuen.
    „Ihr zieht weg. Dein Vater und du, ihr zieht an den Arsch der Welt“, platzte Claudia endlich heraus. Worte, die einfach nicht bei mir ankommen wollten. Nicht so richtig. Nicht in ihrer Bedeutung.
    „Wieso? Warum? Hier ist doch alles in Ordnung!“, brabbelte ich, und wie um das zu untermauern klopfte ich fachmännisch gegen die Wand, so als prüfe ich die ausgezeichnete Bausubstanz. „Warum sollten wir hier wegziehen?“
    „Mann, Kleiner, kapier's endlich!“, stieß Claudia genervt hervor, richtete sich dann an unsere Eltern und rief: „Ist das die tolle Strategie, von der ihr geredet habt? Ihr sagt ihm nichts und stellt ihn, wie ein Hündchen, das man bei der Fahrt in den Urlaub aussetzt, vor vollendete Tatsachen?“
    Wovon sprach meine Schwester denn da? Angst kroch die Wirbelsäule hoch bis unter die Haarwurzeln. Da trat mein Vater vor mich hin und erklärte monoton:
    „Ich und Karin, das funktioniert nicht mehr. Wir wollten euch mit unseren Problemen nicht behelligen, deswegen haben wir das im Stillen unter uns geregelt. Wir zwei ziehen hier weg, Clemens. Deine Stiefmutter und ich haben uns darauf geeinigt, dass du die Schule dieses Jahr noch hier abschließen kannst ehe wir ausziehen. Dann hast den ganzen Sommer Zeit, dich in der neuen Heimat zurecht zu finden. Im Herbst gehst du dann in die neue Schule!“
    „Nein“, blökte ich und begann hysterisch zu lachen, „Ihr verarscht mich! Darauf falle ich bestimmt nicht rein.“ Die Wahrheit war: ich wusste nur zu gut, dass es stimmte. Die Erkenntnis kam wie das blanke Grauen in mir hoch. Panisch stürmte ich aus der Küche und stolperte in mein Zimmer. Dort dominierte gähnende, lähmende Leere. Offenbar hatten sie während der wenigen Stunden, die ich in der Schule gewesen war, ziemlich zügig gearbeitet, um alles wegzuschaffen.
    „Scheiße, was?“, murmelte Jakob, der in der Tür lehnte und das Zimmer ebenso betroffen musterte wie ich, und schob mit dem Finger eine seiner schwarzen, langen Strähnen hinters Ohr.
    „Wusstest du davon?“, fragte ich atemlos. Er senkte den Kopf und sein kinnlanges Haar rutschte wie ein Vorhang vor sein Gesicht.
    „Nein, gewusst habe ich es nicht, aber geahnt. Allerdings wusste ich nicht, dass ihr so weit weg zieht.“ In meinem Magen ballte sich eine Faust. Mein Herz raste.
    „Wieso? Was meinst du? Bleiben wir denn nicht in der Stadt?“ Meine Stimme versagte. Zwar hatte ich Claudias Anmerkung vom
'Arsch der Welt'
und der Hinweis meines Vaters, mich akklimatisieren zu müssen, gehört – aber es war nicht bis zu mir vorgedrungen.
    Jakob konnte mir nicht ins Gesicht sehen, als er es mir sagte. Fünfhundert Kilometer! Das war nicht um die Ecke! Das war nicht nah genug, um mit ihm an den Baggersee zu fahren. Fünfhundert Kilometer – das war verdammt weit weg. Zu weit, um mal eben vorbeizukommen, und ein Computerspiel zu zocken. Ich konnte mir wenig vorstellen, was fünfhundert Kilometer bedeuteten. Jakob erklärte mir, dass das mindestens fünf Stunden mit dem Auto wären, eher sogar einiges mehr, da es keine besonders guten Verbindungen dahin gab, wohin ich ziehen würde. Das war das Ende! Mein Vater wollte einen sauberen Schnitt, sichergehen, dass er ein neues Leben ohne Karin und ihren Kindern anfangen konnte.
    „Ich bleib hier“, fasste ich einen Entschluss. „Ich bleib hier!“, stieß ich ein weiteres Mal in verzweifelter Überzeugung aus, schubste Jakob grob zur Seite und stürzte aus dem kahlen Zimmer. In der Küche stellte ich mich vor meinen Vater hin und unterrichtete ihn über mein Vorhaben:
    „Ich bleib hier! Papa, du kannst allein fahren. Ich bleib hier!“
    „Das geht nicht“, erklärte er knapp und sah über mich hinweg.
    „Warum nicht! Sicher geht das!“, schrie ich und ballte meine Hände zu Fäusten.
    „Clemens, benimm dich nicht wie ein Kleinkind! Entweder, du verabschiedest dich jetzt anständig, oder wir fahren gleich!“, herrschte mein Vater mich an und stieß sich von der Küchenablage ab, um sich auf den Weg zu machen.
    „Du kannst allein fahren!“, fauchte ich, trat wütend gegen einen der Küchenstühle, und eilte durch den Flur Richtung Haustür. Jakob sah mich mit großen Augen an, hielt mich jedoch nicht auf. Vor dem Haus schnappte ich mein Fahrrad, manövrierte es am leidigen Umzugswagen vorbei und raste blind drauflos. Niemals würde mein Vater mich dazu kriegen, so weit weg zu ziehen! Nicht jetzt! Nicht, nachdem ich
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