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Stiefbruder - Liebe meines Lebens

Stiefbruder - Liebe meines Lebens

Titel: Stiefbruder - Liebe meines Lebens
Autoren: Kooky Rooster
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Freunde war – lag mir nicht. Als ich erfahren hatte, dass mein Stiefbruder ein paar Wochen bei meinem Vater und mir wohnen würde, entschied ich, hierzubleiben und auch nicht meine Stiefmutter und Stiefschwester nach Italien zu begleiten.

Der erste Kuss [1997]

    Ich lenkte mein Fahrrad geschickt zwischen einem Betonpfeiler und einem Klein-LKW vorbei in die Einfahrt meines Elternhauses. Es war heiß und ich freute mich schon auf die Sommerferien. In der hinteren Hosentasche steckte zusammengerollt mein Zeugnis – ein gutes Zeugnis. Meine Eltern hatten mir versprochen, sollte ich in den Hauptfächern keine schlechtere Note als eine Zwei heimbringen, bekäme ich die aktuellste Spielekonsole. Dieses Ziel hatte ich erreicht und ich brannte schon darauf mit meinem Stiefbruder zu zocken. Außerdem würde ich mit ihm und seinen Freunden den halben Sommer am Baggersee verbringen. Jakob war schon fünfzehn, und obwohl ich zwei Jahre jünger als er war, durfte ich mit ihm und seiner Clique abhängen.
    Jakob war mein Beschützer seit ich vier Jahre alt war. So alt war ich gewesen, als mein Vater und ich zu seiner Mutter und der zwei Jahre älteren Schwester Claudia gezogen waren. Vom ersten Moment an waren mein Stiefbruder und ich ein Herz und eine Seele. Er brachte mir vieles bei – lehrte mich etwa schwimmen und das Radfahren, zeigte mir, wie ich bei Computerspielen gewinnen konnte und welche Filme man unbedingt gesehen haben musste. Er lehrte mich kämpfen, lernte mit mir für die Schule, damit ich bessere Noten bekam und haute Mitschülern aufs Maul, die es wagten mich zu ärgern. Von Anfang an gehörte ich zu seinem Freundeskreis, niemand durfte etwas gegen mich sagen – ich wurde behandelt wie einer der Großen – zumindest wenn er dabei war.
    Ja, es würde der Sommer meines Lebens werden! Das ahnte ich vor allem deswegen, weil ich in den letzten Wochen viel tiefere Empfindungen Jakob gegenüber entwickelt hatte. In seiner Gegenwart fühlte ich mich angenommen, warm, regelrecht geborgen, konnte ihn stundenlang einfach nur ansehen und er roch so phänomenal gut. Bisher war er mein Idol gewesen, ein Vorbild, wie große Brüder eben so sind, doch nun sah ich ihn mehr wie einen – Freund, jemanden, dem ich tief in die Augen sehen wollte. Ich war nicht länger der kleine Bruder, ein Kind, das er beschützen musste, sondern sehnte mich danach ihm ebenbürtig zu sein, ein Mann. Okay, ich war erst dreizehn – aber ich war definitiv kein Kind mehr. Ich wollte ihn beeindrucken, überzeugen, überwältigen, und ich fühlte mich so aufgeladen, so kräftig, dass ich sicher war, das würde mir in diesem Sommer auf jeden Fall gelingen.
    Das Fahrrad ließ ich achtlos in den Kies fallen und stürmte ins Haus, zog dabei das Zeugnis aus der Hosentasche und entrollte es. Irgendetwas war anders, aber was, darauf achtete ich zunächst nicht – viel zu stolz war ich auf meine guten Noten, viel zu fixiert auf den Lohn, den ich dafür erhalten sollte.
    Als ich in die Küche kam, standen meine Eltern so weit voneinander entfernt, wie die baulichen Gegebenheiten es zuließen. Jakob und Claudia saßen angespannt auf der Küchenbank und starrten betroffen auf die Tischdecke. Irgendetwas Schlimmes war passiert. Sie hoben ihre Köpfe um mich durchdringend zu fixieren. Hatte ich etwas angestellt?
    „Clemens, verabschiede dich von deinen Geschwistern und deiner Stiefmutter“, befahl mein Vater so staubtrocken, dass es mir die Nackenhaare aufstellte. Ich begriff nicht. Hilfesuchend blickte ich zu Jakob, dessen Mundwinkel so seltsam wackelten, als würde er gleich weinen. Das machte mir Angst, denn ich hatte ihn bis jetzt nur ein Mal weinen sehen, und da war sein Hund gestorben. Ich wedelte, um die Situation zu retten, mit dem guten Zeugnis in der Luft herum.
    „Ich habe fünf Einsen und keine einzige Vier!“
    Meine Stiefmutter wandte sich von mir ab, starrte aus dem Fenster in den Garten und wischte sich etwas aus den Augen. Claudia knurrte:
    „Das interessiert gerade keine Sau!“
    „Clemens, sag auf Wiedersehen zu Jakob und Claudia, damit wir endlich fahren können!“, wiederholte mein Vater. Er sprach, als wäre ich vier Jahre alt. Wohin wollte er mit mir fahren? Warum waren alles so bedrückt? Warum weinte meine Stiefmutter und zitterten Jakobs Finger?
    „Ich krieg' die Konsole!“, wies ich ein weiteres Mal darauf hin, dass ich ein gutes Zeugnis geschrieben hatte. Das war ihnen doch so wichtig gewesen! Jetzt hatte ich es geschafft,
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