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Sternenfaust - 197 - Gefangen im Nullum

Sternenfaust - 197 - Gefangen im Nullum

Titel: Sternenfaust - 197 - Gefangen im Nullum
Autoren: Thomas Höhl
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enthielt kein Bild von ihr.«
    Seufzend nahm er einen weiteren Schluck des inzwischen fast kalten Tees. »Haben Sie sich jemals gefragt, wer uns eigentlich vermisst?«
    »Vermisst?«
    »Im kosmischen Geschehen«, fügte Mutawesi hinzu. »Eine ganze Galaxie ist verschwunden. Doch wem fehlt sie? Wem werden wir fehlen? Was bleibt eines Tages noch von uns übrig? Ein Name in einer Datenbank. Und wäre die STERNENFAUST nicht über den Fixstrom ins ›Auge des Universums‹ geflohen, bliebe noch nicht einmal mehr das.«
    »Wollen Sie sich bestrafen?«, fragte William unvermittelt.
    Robert warf seine Stirn in Falten. »Eine seltsame Frage! Wie kommen Sie darauf?«, wollte er wissen.
    »Sie quälen sich mit diesen Gedanken«, sagte William. »Sie lassen keine Erklärung gelten. Sie versuchen sich den Verlust der Milchstraße und seine Folgen vor Augen zu halten. Sie reden sich ein, dass eines Tages alles von uns verschwunden sein wird, selbst die Erinnerung. Auf mich erweckt dies den Eindruck, als wollten Sie sich unter allen Umständen bestrafen. Oder steckt darin die Hoffnung, dass eines Tages alles vergessen sein wird?«
    »Beides ist möglich«, erwiderte Robert vorsichtig.
    »Dabei wäre es nicht nur falsch, Sie für etwas zu bestrafen, was ein ganz anderer Robert Mutawesi unter völlig anderen Umständen getan hat. Von einer solchen Strafe hätte niemand etwas, nicht einmal die Opfer des Evangelisten.«
    »Dann soll ich es einfach ignorieren?«, fragte Robert. »Soll ich einfach so tun, als ginge mich das, was mein anderes Ich in der anderen Zeitlinie getan hat, nichts an?«
    »Versuchen Sie, es besser zu machen«, sagte William unvermittelt. »Beweisen Sie Ihrem anderen Ich, dass Sie nicht so sind.«
    »Wie soll ich das tun?«, wollte Robert wissen.
    »Indem Sie jegliche Alienfeindlichkeit im Keim ersticken«, sagte William. »Die Entwicklung an Bord der STERNENFAUST ist erschreckend. Joel Kreiß ist die Spitze eines Eisbergs, den man nicht länger ignorieren sollte.«
    Robert nickte. »Ich habe von den extremen Ansichten von Private Kreiß gehört«, sagte er. »Schlimm genug, dass er überhaupt in den Senat gewählt wurde.«
    »In der anderen Zeitlinie haben die Wanagi viele Menschen getötet. Andere Aliens sind für die Große Leere verantwortlich. So mancher alienfeindliche Spruch scheint salonfähig geworden zu sein. Und nun auch noch Romana Hel’gara, die als Trägerin eines Akoluthorums versagt und uns an die Skianer verraten hat. Zumindest wird es von vielen so interpretiert.«
    »Und was soll ich dagegen tun?«, wollte Robert wissen. »Ich bin wohl der Letzte, der sich hier zum Moralapostel aufschwingen kann.«
    »Sie wissen nun, wohin so etwas führen kann. Und am Ende führt es immer nur zu einem: Noch mehr Leid und Zerstörung.«
    »Das mag sein«, erklärte Robert. »Doch erneut die Frage: Was kann ich tun?«
    »Das, was jeder tun kann. Vorurteile nicht unwidersprochen im Raum stehen lassen. Sich für jene einsetzen, die aufgrund dieser Vorurteile benachteiligt werden. Sich auf die Seite derer stellen, die unfair behandelt werden.«
    »Und das befreit mich von aller Schuld?«, fragte Robert leicht spöttisch. Er spürte, wie er sogar ein wenig wütend wurde.
    »Es überzeugt Sie vielleicht von etwas, von dem Sie mich längst überzeugt haben.«
    »Und das wäre?«
    »Sie wollen unter keinen Umständen so enden wie Ihr anderes Ich«, sagte William. »Ich glaube das. Und wenn Sie sich erst einmal für die richtige Seite entschieden haben, werden Sie es ebenfalls glauben.«
     
    *
     
    Selbstmord war ein Gedanke, der Romana Hel’gara nie gekommen war. Selbst dann nicht, als sie von den anderen Wanagi verstoßen worden war, als sie erkannt hatte, dass es nie eine Rückkehr in das Kollektiv der Wanagi geben würde.
    Dabei war es für eine Wanagi einfach, Selbstmord zu begehen. Sie musste sich nur in ein lebloses Objekt verwandeln.
    Ohne die Mentalkontrolle der anderen Wanagi, ohne die Möglichkeit, ihr Bewusstsein auf das Kollektiv zu übertragen, würde sie sich in einen Felsen oder eine andere tote Materie verwandeln. Sie würde nicht mehr in der Lage sein, zu denken. Ihre Sinne würden erlöschen.
    Sie würde zu einem Stein. Und als Stein würde sie ohne Bewusstsein, ohne Empfindungen und ohne Gedanken die Ewigkeit verbringen.
    Im Moment erschien Romana Hel’gara dieser Gedanke mehr als tröstlich. Ohne Bewusstsein gab es keine Gefühle mehr, keine Sehnsüchte, und vor allem keine Ängste.
    Und im Moment
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