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Sterbensschön: Thriller -

Sterbensschön: Thriller -

Titel: Sterbensschön: Thriller -
Autoren: Chelsea Cain , Fred Kinzel
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wärmte sein Gesicht, und die kühle Sommerbrise kitzelte die Haare in seinem Nacken. Ein weißer Schmetterling kreiste träge durch die Luft und verschwand immer wieder aus dem Blick. Kein Wölkchen am Himmel. Jake schloss die Augen und drehte das Gesicht zur Sonne. Solche Tage waren kostbar im pazifischen Nordwesten.
    Er roch etwas: Sandelholz? Nelken? Schließlich öffnete er die Augen. Der Schmetterling war fort.
    Dann hörte er einen dumpfen Schlag, wie von einem Baseballschläger, der auf eine Melone trifft, und fühlte einen stechenden Schmerz im Kopf, der ihn von den Beinen holte. Es dauerte einige Sekunden, bis er begriff, dass die beiden Empfindungen zusammenhingen. Das Letzte, was er sah, als er dort auf dem Asphalt lag und in die Dunkelheit abglitt, war der Wäschekorb neben ihm, wo sich ein feiner Nebel aus Blut wie Tau auf die schmutzigen Laken gelegt hatte.

3
    Menschliches Fleisch hat einen besonderen Geruch. Es ist Blut und Gewebe, metallisch und salzig, Fäkalien und Fett. Wie der Gestank geschlachteter Tiere, aber anders. Saurer.
    Es war ein Geruch, den Archie nur schwer beschreiben konnte, aber immer sofort erkannte.
    Die Handgelenke und Knöchel des Mannes waren mit Stricken gefesselt, und er baumelte senkrecht vom unteren Ast einer Zeder wie ein perverser Weihnachtsschmuck, die Füße nur ein kleines Stück über dem Boden. Er schien vom Hals abwärts gehäutet worden zu sein. Die kräftigen roten Muskeln seines Brustkorbs glänzten blutig, und die an Schnürsenkel erinnernden Fäden freiliegenden gelben Fetts sahen beinahe hübsch aus vor dem rohen Fleisch.
    Die Sonne stand hoch an diesem Sommerwochenende, und die kühle Brise ließ noch nichts von der Hitze ahnen, die der Nachmittag bringen würde. Sonnenstrahlen bohrten sich durch die Zedernzweige. Das helle Haar der Leiche flatterte sanft im Gleichklang mit den Blättern. Er schien Mitte dreißig zu sein, durchschnittlich groß und schwer. Aber es war schwer zu sagen.
    Zu Füßen des Toten lag – bereits mit einem Fähnchen markiert – eine verwelkte weiße Lilie.
    Zedernnadeln bedeckten den Boden unter der Leiche, und wo das Erdreich durchkam, war es mit einem Zweig glatt gezogen worden, um Fußabdrücke zu verwischen.
    Archie neigte den Kopf, um den fernen Geräuschen spielender Kinder zu lauschen, die durch den Wald hallten.
    Henry war als Erster am Tatort erschienen, auf seinem rasierten Schädel glänzten bereits winzige Schweißperlen. Er sah in die Ferne. »Ein Spielplatz«, erklärte er.
    Archie kannte den Park. Ben und Sara spielten dort.
    Sie befanden sich auf dem Mount Tabor, der weniger ein Berg war als ein eindrucksvoller Hügel, der hoch hinauswollte. Er erhob sich aus Portlands flachem Ostteil, ein schlafender Vulkankegel, an dessen Hängen sich elegante alte Wohnhäuser zwischen uralte Nadelbäume schmiegten. Die Kuppe des Mount Tabor war ein bewaldeter Park. Es gab Wanderwege, Tennisplätze, Picknickzonen. Ein gemauertes Wasserreservoir. Einen beliebten Spielplatz. Jedes Jahr im August bauten Hunderte erwachsener Bewohner Portlands Seifenkistenautos, verkleideten sich und rasten die kurvenreiche Straße vom Park zum Fuß des Hügels hinunter.
    »Ich lasse die Gegend räumen«, sagte Henry. Er machte kehrt und ging zu einer Einheit von Streifenbeamten an der Straße. Er hinkte immer noch, auch wenn Archie ihm ansah, dass er sich große Mühe gab, es zu verbergen.
    »Wie geht es ihm?«, fragte Robbins, sobald Henry außer Hörweite war. Robbins war der Gerichtsmediziner, er hatte seinen Ausrüstungskoffer geöffnet und Tüten über die Hände der Leiche gestülpt. Jetzt stand er in seinem weißen Schutzanzug da, stemmte die Fäuste in die Hüften und betrachtete den Leichnam wie ein Schlachter, der ein Stück Fleisch mustert.
    »Er ist noch schwach«, sagte Archie.
    »Physiotherapie?«, fragte Robbins.
    »Klar«, sagte Archie. Henry sollte zweimal die Woche mit einem Therapeuten arbeiten. Aber für einen Polizisten war es schwer, Termine einzuhalten. Mordfälle hatten so eine Art, sich immer dann zu ereignen, wenn es am ungelegensten kam.
    Das weiche Bett der Zedernnadeln auf dem Boden unter der Leiche war von Blut getränkt, und als Archie sich näher zu dem Opfer hinbewegte, achtete er darauf, nicht hineinzutreten. Blut, das aus einem noch lebenden Opfer fließt, gerinnt. Das ist der Grund, warum man nicht jedes Mal verblutet, wenn man sich beim Aufschneiden eines Bagels den Finger ritzt. Solange man keine Arterie öffnet,
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