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Sterbensangst (German Edition)

Sterbensangst (German Edition)

Titel: Sterbensangst (German Edition)
Autoren: David Mark
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kühl. »Wir warten auf Mami«, sagt er.
    »Ach ja? Und wo ist Mami?«
    »Besorgt Geschenke für Papa.«
    »Dann waren Sie wohl ein braver Junge, was?«, fragt sie McAvoy mit routinierter Anzüglichkeit. Sie wirft noch einen schnellen Blick auf seinen muskulösen Körper, den Stiernacken, das runde Gesicht mit dem kantigen Kinn, das bei diesem Licht von einer kaum sichtbaren Narbe durchzogen zu sein scheint.
    McAvoy lächelt. »Man tut, was man kann«, meint er ruhig.
    Die Kellnerin schenkt ihm ein letztes kleines Lächeln und verdrückt sich dann rasch wieder nach drinnen.
    McAvoy stößt langsam den Atem aus. Er fördert aus den Tiefen der Ledertasche zu seinen Füßen ein Malheft und eine Schachtel Buntstifte für Fin zutage. Einer Männertasche, wie Roisin sie nannte, als sie sie ihm vor ein paar Monaten zum Geschenk machte, zusammen mit dem Designermantel und drei teuren Anzügen. »Vertrau mir«, hatte sie gesagt, als sie ihm die alte, speckige Anzughose herunterzerrte und ihm die wasserdichte Wanderjacke entriss. »Probier es einfach. Lass dich ein Weilchen von mir einkleiden.«
    Er hatte nachgegeben. Die Männertasche getragen. Sich an den Mantel gewöhnt, der warm war und den Regen abhielt und ihm etliche Anzüglichkeiten wegen seines störrischen roten Haares ersparte.
    Wenn er darauf bestand, dass Kleider keine Leute machten, sagte sie bloß: »Wenn die Leute dich anschauen, sollen sie einen Mann sehen, den sie ernst nehmen müssen. Jemand mit Selbstvertrauen. Mit Stil. Es ist ja nicht so, als wärst du Columbo. Du bist bloß schlecht angezogen.«
    Und so war Detective Sergeant Aector McAvoy ein Opfer der Mode geworden. An dem Morgen, als er zum ersten Mal so auf dem Revier auftauchte, hatte ihn Johlen und Pfeifen und ein Chor mit dem Titelsong »Rawhide« aus dem gleichnamigen Western-Klassiker empfangen. Doch es war gutmütiger Spott gewesen. »Sie sind ja schon im Normalfall ein furchteinflößender Bursche«, hatte DC Ben Nielsen gesagt, während sie darauf warteten, dass ein des Einbruchs verdächtiger Mann aus seiner Zelle geholt wurde. »Und jetzt stehen Sie auch noch einschüchternd mit Ihrem Täschchen herum. Die armen Teufel wissen nicht mehr, ob sie erschossen oder bloß in den Arsch gefickt werden sollen. Das verwirrt sie. Guter Trick.«
    McAvoy mag Nielsen. Er gehört zu dem halben Dutzend neuer Gesichter, die die Lamettaträger vor sechs Monaten holten, um den Gestank der schlechten alten Zeit zu vertreiben. Der Ära, die McAvoys Ruf begründet und ihn diesen gleichzeitig gekostet hat. Ihn als den Bullen brandmarkte, der einen Detective Superintendent um seinen Job gebracht und eine interne Ermittlung in Gang gesetzt hatte, die ein ganzes Team korrupter CID-Beamter in alle vier Winde zerstreute. Der es geschafft hatte, die ganze Geschichte ohne den geringsten Makel zu überstehen. Er ist der Bulle, der Doug Roper erledigt hat, der Bulle, der fast zwischen den Bäumen unter der Humber-Brücke sein Ende gefunden hätte. Um ein Haar getötet von der Hand eines Mannes, von dessen Verbrechen nie jemand erfahren wird, mit Ausnahme einer Handvoll hoher Beamter, die mehr für McAvoys Gesicht getan haben als die Ärzte im Hull-Royal-Krankenhaus. Er ist der Bulle, der den leichteren Weg einer Versetzung an ein gemütliches Revier auf dem Land ausgeschlagen hat. Der jetzt in einem Team gelandet ist, das ihm nicht vertraut, für eine Chefin arbeitet, die ihn nicht zu schätzen weiß und versucht, mit seiner Umgebung zu verschmelzen, während er eine Samsonite-Tasche mit verstellbaren Riemen und gottverdammten wasserdichten Seitentaschen …
    Pharaoh musste da bereits in den Startlöchern gestanden haben. Nach Doug Ropers unrühmlichem Abgang beschloss der Chief Constable, dass das Team der bösen Buben zu einer Eliteeinheit umgeformt werden sollte, spezialisiert auf Kapitalverbrechen. Eine Sondergruppe innerhalb des CID, geleitet von einer erfahrenen, zuverlässigen Kraft und besetzt mit den besten Beamten, die Humberside zu bieten hatte. Niemand hatte ernsthaft erwartet, dass die Leitung Trish Pharaoh von der anderen Seite des Humber zufallen würde, der entschlossenen ›Quotenfrau‹ mit dem losen Mundwerk. Bei den Buchmachern war Detective Chief Inspector Colin Ray als Favorit für den Posten gehandelt worden und sein Protegé Sharon Adler als Nummer zwei. Stattdessen hatte der Chief Constable persönlich Trish Pharaoh ausgewählt, weil er endlich mal wieder eine gute Presse brauchte. Erteilte ihr
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