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Sterbensangst (German Edition)

Sterbensangst (German Edition)

Titel: Sterbensangst (German Edition)
Autoren: David Mark
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ältesten Teil der Stadt herumeiern. In den nahe gelegenen Großstädten York oder Lincoln wäre alles von Touristen verstopft. Aber hier ist Hull. Der letzte Stopp vor dem Meer, auf der Straße ins Nirgendwo, und die Stadt geht verdammt noch mal vor die Hunde.
    Wieder ein Vibrieren an seinem Herzen. Er fummelt nach den Telefonen.
    Diesmal ist es dienstlich. Das Bereitschaftstelefon. Er spürt, wie sich sein Magen zusammenzieht.
    »Detective Sergeant McAvoy, Dezernat für Kapitalverbrechen und organisierte Kriminalität«, meldet er sich. Der Titel begeistert ihn immer noch.
    »Hallo, Sarge. Bin gerade reingekommen.« Helen Tremberg ist dran, eine hochgewachsene, ernste Detective Constable, die erst vor ein paar Monaten die Uniform der Streifenpolizistin an den Nagel hängte und von Grimsby hierher versetzt wurde.
    »Schön. Was gibt es?«
    »Ziemlich ruhig für die Jahreszeit. Dieses Wochenende ist ein Auswärtsspiel, deshalb nur der übliche Kleinkram. Leichter Unfall an der Beverly, aber niemand will Anzeige erstatten. Ein Familienfest, das ein bisschen außer Kontrolle geraten ist. Ach ja, und der ACC hat darum gebeten, dass Sie ihn anrufen, wenn Sie mal kurz Zeit haben.«
    »Ja?« McAvoy hat Mühe, nicht zu erregt zu klingen. »Irgendeine Ahnung, warum?«
    »Ach, nichts Schlimmes, glaube ich. Es geht wohl um irgendeinen Gefallen. Er tobte nicht oder dergleichen. Hat keine Schimpfwörter benutzt.«
    Sie müssen beide ein wenig lachen. Der Assistant Chief Constable ist nicht gerade eine Respekt einflößende Figur. Hager, flink und zurückhaltend, eher wie ein Buchhalter als einer, der Räuber jagt; entsprechend waren seine größten Leistungen im Amt bisher die Einrichtung einer ›Intranet-Matrix zum Datenaustausch‹ und das Verfassen einer Aktennotiz, die vor unflätigen Reden während eines Besuchs von Prinzessin Anne im Revier an der Priory Road warnte.
    »Gut. Also. Nichts Dringendes?«
    »Tut mir leid, Sarge. Normalerweise hätte ich gar nicht angerufen, aber Sie wollten ja …«
    »Nein, nein. Sie haben das ganz richtig gemacht.«
    McAvoy legt seufzend auf. Seine unmittelbare Vorgesetzte, Acting Detective Superintendent Trish Pharaoh, ist an diesem Wochenende auf Fortbildung. Die Detective Inspectors des Reviers haben beide dienstfrei. Sollte sich also irgendetwas Größeres ereignen, ist er der dienstälteste Beamte in Bereitschaft und müsste die Zügel in die Hand nehmen. In seinem Magen regt sich das vertraute, nagende Schuldgefühl, weil er sich nach etwas sehnt, das für irgendeine arme Seele Unglück und Schmerz bedeutet, aber gleichzeitig weiß er, dass das Eintreten solcher Umstände unvermeidlich ist. Verbrechen ereignen sich. Genau wie Schnee fällt.
    Die Frage ist immer, wo es geschieht, und wie tief die Scheiße ist.
    Eine Kellnerin mit Gänsehaut auf den nackten Unterarmen taucht auf. Sie schneidet McAvoy und seinem Sohn gutmütig eine Grimasse. »Brr. Ihr beide müsst verrückt sein«, meint sie mit geschauspielertem Frösteln.
    »Ich bin nicht verrückt«, sagt Fin empört. »Sie spinnen ja.«
    McAvoy lächelt, spricht aber warnend Fins Namen aus, um ihn zu ermahnen, nicht unhöflich zu Erwachsenen zu sein. »Es ist ein herrlicher Tag«, meint er zu der Kellnerin, die einen schwarzen Rock und ein ebensolches T-Shirt trägt und Anfang dreißig sein muss.
    »Es soll Schnee geben«, sagt sie und räumt die Überbleibsel des Schokoladenkuchens, Fins Limonadenglas und den Becher heiße Schokolade zusammen, den McAvoy in drei brennenden, köstlichen Schlucken hinuntergeschüttet hat.
    »Heute höchstens ein paar Flocken, viel mehr nicht. Vielleicht in ein oder zwei Tagen. Dann schneit es richtig. Mindestens zehn Zentimeter.«
    Die Kellnerin betrachtet ihn neugierig. Diesen großen Mann mit einem Brustkorb wie eine Tonne in seinem zweireihigen Designermantel. Gut aussehend, trotz der störrischen Haare und dem breiten Bauerngesicht. Er muss über eins fünfundneunzig groß sein, aber es liegt eine gewisse Sanftheit in seinen Bewegungen, als hätte er Angst vor seiner eigenen Größe und wäre ständig besorgt, dass er etwas zerbrechen könnte. Seinen Akzent kann sie nicht genauer definieren als ›kultiviert‹ und ›schottisch‹.
    »Sind Sie Meteorologe?«, fragt sie lächelnd.
    »Ich bin auf dem Land groß geworden«, erwidert er. »Man bekommt einen Riecher für so etwas.«
    Sie dehnt ihr Lächeln auf Fin aus und nickt. »Dein Vater hat einen Riecher für das Wetter?«
    Fin mustert sie
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