Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)

Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Iain Gale
Vom Netzwerk:
aufschlugen und im Springen blutige Schneisen rissen, aber unter diesen Gegebenheiten zielten die Schützen direkt in die feindlichen Reihen. Zwei Kugeln flogen über die Köpfe der Kompanien hinweg, aber die vier anderen fanden ihr Ziel und hinterließen Bahnen der Verwüstung inmitten der Rotröcke. Einem Grenadier wurde der Kopf schlichtweg abgerissen – der blutige Schädel flog mitsamt Grenadiersmütze in die hinteren Reihen und traf einen weiteren Soldaten. Unmittelbar hinter Steel erbrach ein junger Rekrut seine Frühmahlzeit. Slaughter rief den Männern in den vorderen Reihen zu: »Reihen schließen! Die Reihen schließen, Männer! Schafft die Leiber dort fort. Ihr da, Jenkins. Bringt den Toten nach hinten.«
    So begann es immer. Die Grenadiere standen in geordneten Reihen, ließen den Beschuss über sich ergehen und warteten auf den Befehl zum Angriff. Hier und jetzt musste sich jeder beweisen; hier zeigte sich, was einen Mann zum Soldaten machte. Steel wusste, dass es keine besseren Soldaten unter Beschuss gab als die Briten und keine besseren Männer als die Grenadiere. Nur so lernte ein jeder sein Handwerk.
    Steel blickte linker Hand die Reihe entlang. In der Mitte des Regiments sah er die beiden Fahnen aus schillernder Seide, die in der Brise wehten – das blau-weiße Andreaskreuz Schottlands und die Fahne des Colonels: Das Wappen der Farquharsons auf rotem Grund, gekrönt von dem Schriftzug Nemo Me Impune Lacessit , »Niemand reizt mich ungestraft«. Diesen Worten werden wir heute wieder einmal Nachdruck verleihen, dachte Steel.
    Vor den Standarten thronte Colonel Sir James Farquharson auf einem schwarzen Hengst, flankiert von zwei Adjutanten. Der Colonel schwenkte seinen Degen hoch über seinem Haupt.
    Sir James hat in den letzten zwei Jahren dazugelernt, ging es Steel durch den Kopf. Blutüberströmt hatte er sich bei der Schlacht um Blenheim den Respekt des Bataillons verdient. Aus dem zuvor eitlen und arroganten Colonel war ein Mann geworden, der gestählt aus der Realität des Kampfes hervorgegangen war. Ein Anführer, der sich seiner Verantwortung beim Ausheben eines Regiments bewusst war. Farquharson war schlussendlich klar geworden, dass dieses Regiment, das er aus eigener Tasche bezahlt, mit Kleidung versehen, ausgerüstet und ausgebildet hatte, kein Spielzeug war, sondern eine scharf geschliffene Kriegswaffe, ein Instrument, das man schätzte und pflegte.
    Ja, sagte sich Steel, du verdienst es, unser Colonel zu sein, alter Mann, und wir haben dich verdient.
    Während er zum Colonel hinüberschaute, ließ Sir James den Degen sinken und zeigte mit der Spitze auf den Feind. Über den Geschützdonner hinweg vernahm Steel den Befehl, den der Wind herübertrug. »Bataillon … vorrücken!«
    Kaum waren die Worte verhallt, stellten die sechs Trommler sich hinter den Grenadieren auf und gaben im Einklang mit den anderen Trommlern entlang der Linien dem Regiment den Rhythmus für den Angriff vor.
    Steel spürte, dass die Männer hinter ihm unruhig wurden. Sie warteten auf seinen Befehl.
    »Grenadiere, mir nach!«, rief er. »Packen wir sie uns, Jungs!«
    Slaughter hielt die Männer mithilfe seiner Hellebarde – dem Spieß des Sergeants – auf einer Höhe und trieb die Truppe seinerseits an. »Kommt, ihr faulen Hunde! Vorwärts! Die warten nicht auf uns. Deswegen sind wir ja hier, oder etwa nicht? Durchbrechen wir ihre Reihen!«
    Das Bataillon rückte geschlossen vor. Die Trommlerjungen gaben einen langsamen Angriffsmarsch vor; die Geschwindigkeit war gerade so bemessen, dass Ordnung in den Reihen herrschte, das Schlachtfeld aber trotzdem zügig überquert wurde. Kaum schnell genug, dachte Steel und rechnete jeden Moment damit, dass die feindlichen Kanoniere sich auf die Kompanie einschossen. Nach dem ersten Geschützdonner war eine lastende Stille eingetreten, die nun jedoch von weiteren Kanonenschüssen unterbrochen wurde. Schon sirrten die Kugeln wieder mit lautem Kreischen durch die Luft. Die Trommelschläge wurden drängender und trieben die Männer voran. Der Rhythmus blieb selbst unter dem Beschuss beharrlich.
    Steel schaute kurz nach links und sah, dass die gesamte Formation von Lord Orkneys Brigade über die Ebene strömte und hügelabwärts auf den Fluss zuhielt. Den müssen wir überqueren, dachte Steel. Nur das Marschland hinter uns bringen, dann geht es besser. Bis dahin müssen wir es schaffen. War das zu viel verlangt? Lieber Gott, betete er, was auch immer du bist, gewähre mir nur
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher