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Staubige Hölle

Staubige Hölle

Titel: Staubige Hölle
Autoren: Roger Smith
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letzten Tropfen ab und zog den Reißverschluss hoch. Öffnete sein kariertes Sakko und zog die Pistole aus dem Holster an seiner Hüfte. Nicht die Waffe, mit der er den Weißen getötet hatte. Das hier war die Kanone, die er dem Jungen gegeben hatte. Immer noch kein Schuss abgefeuert. Er fand den Schalldämpfer in seiner Tasche und schraubte ihn auf, während er zurück zum Truck schlenderte. Meilenweit keine Menschenseele, aber Vorsicht hatte noch nie geschadet.
    Die fetten Arschbacken des Xhosa wölbten sich vor ihm. »Wir haben keine Coke, baba. Nur Pepsi.«
    Inja beugte sich in den Wagen und legte den Lauf der Waffe ins Genick des Jungen, auf die Hautfalte, die an das Hinterteil eines Stiers erinnerte. Drückte zweimal ab. Der Trottel sackte nach vorn, sein Hintern immer noch in der Luft. Inja hob einen grauen Halbschuh hinein und schob den Hintern solange, bis der Junge flach auf dem Bauch lag. Schnappte sich die auf der Metallfläche des Trucks liegende Plane und zog sie über den Jungen. Er schlug die Heckklappe zu und schloss den Camper-Aufsatz ab.
    Dann zog er das intime Bekleidungsstück aus seiner Jackentasche, hielt es zwischen Daumen und Zeigefinger hoch. Betrachtete es. Der Schlüpfer, den er im Schlafzimmer des weißen Mannes gefunden hatte. Winzig, unanständig. Die Unterwäsche einer Hure. Wenn er seine Frauen dabei erwischte, wie sie so etwas trugen, würde er sie die Peitsche schmecken lassen.
    Manche würden sagen, er hätte die farbige Schlampe über die E-Mail-Korrespondenz – sexuellen Inhalts – aufgespürt, die er auf dem BlackBerry fand, den er aus der Wohnung des fetten Mannes mitgenommen hatte. Aber Inja wusste es besser. Dieser Schlüpfer, getränkt mit den Säften des Mischlings, hatte es den Ahnen ermöglicht, ihn so zielsicher zu ihr zu führen, als trüge sie ein Leuchtfeuer. Zu dem Haus in den Vororten von Kapstadt, in das er hatte einbrechen und sie erledigen wollen, bevor sie mit ihrer Familie in dem silbernen Auto fortfuhr und ihm so eine sauberere Alternative bot.
    Inja ließ den Schlüpfer auf den Boden fallen und scharrte mit seinem Schuh Asche darüber. Er mochte sie nicht, diese Farbigen. Unreine Menschen. Weder weiß noch schwarz. Aber die untreue Frau hatte bekommen, was sie verdiente. Er glitt hinter das Steuer des Toyotas und holperte wieder auf das Asphaltband zurück.
    ***
    Dell schlug die Augen auf. Grelles Licht brannte sich in sein Hirn, sein Kopf schmerzte. Erinnerungsblitze explodierten in seinem Schädel wie Handgranaten. Der schwarze Truck. Der durch die silberne Leitplanke krachende Volvo. Die Schreie seiner Frau und Kinder, als der Wagen sich überschlug.
    Jesus.
    Er blickte nach rechts und sah den Abhang in die Ewigkeit. Sah öligen schwarzen Rauch von dem winzigen, zerschmetterten Volvo aufwallen, der auf dem Dach lag und auf den Felsen und der Asche brannte.
    Dell kniff die Augen zu. Versuchte, zurückzuspulen und den Alptraum zu löschen. Rosie, Mary, Tommy. Das Flattern von Flügeln. Er öffnete die Augen, als ein Vogel sich niederließ. Ein Kapgeier, dessen unbefiederter Kopf mit dem hakenförmigen Schnabel auf einem mageren rosa Hals wackelte, die staubigen Schwingen wie der Mantel eines Leichenbestatters. Auf faltigen grauen Klauen schlurfte er durch die Asche auf Dell zu.
    Dell setzte sich auf, brüllte und wedelte mit dem Arm. Seine Haut war blutverschmiert, und ein Ärmel seines Hemds war an der Schulter abgerissen. Der Vogel gab Laute von sich wie ein hustender alter Mann und hob ab, mit einem Mal elegant und anmutig, als er sich in die Leere stürzte und die Flügel ausbreitete.
    Als Dell brüllte, lösten sich Blutbläschen aus seinem Mund, und Scherben zersplitterten Glases glitzerten wie Diamanten, als er in den Sand zwischen seinen Füßen spuckte. Er sah, dass er seine Schuhe verloren hatte. Und eine Socke.
    Dell stand auf, und die Welt begann sich zu drehen, schleuderte ihn um ein Haar über den Rand in den Abgrund. Er hörte ein Auto, das sich in einem niedrigen Gang die Steigung hinaufkämpfte. Er torkelte auf die Straße hinaus, winkte mit einem blutigen Arm. Ein kleines, grünes, japanisches Auto hielt genau auf ihn zu. Als es bremste, sah Dell den Mann, dessen mit Sommersprossen übersäte Hände auf dem Steuer von der Sonne erfasst wurden. Neben dem Fahrer saß eine Frau, die ihn voller Entsetzen
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