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Stadt der Sterne strava2

Stadt der Sterne strava2

Titel: Stadt der Sterne strava2
Autoren: hoffman
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gestopften Schaufensters in einem kleinen Trödelladen. In diesem Fenster hatte Georgia es Tag für Tag auf dem Heimweg von der Schule angesehen, seit es zum ersten Mal dort aufgestellt worden war. Das war vor einem Monat gewesen und jetzt hatte sie fast genug Geld zusammengespart, um den Preis zu bezahlen, der auf dem kleinen weißen Schildchen stand. Das Sparen hatte einige Zeit gedauert, denn Georgia brauchte fast ihr gesamtes Taschengeld für Reitstunden. Alle vierzehn Tage konnte sie sich die leisten. »Was muss sie auch so ein teures Hobby haben?«, hatte ihr Stiefvater Ralph murrend zu ihrer Mutter gesagt, als sie sie damals mit Reithosen und Reithelm ausgestattet hatten. »Warum kann sie sich nicht für all diese Sachen interessieren, die andere Mädchen mögen?«
    »Denkst du vielleicht, die wären billiger?«, hatte Georgias Mutter zurückgegeben und dabei ausnahmsweise mal die Seite ihrer Tochter ergriffen. »Sei doch froh, dass sie nicht jede Woche neue Klamotten will oder Handys oder sich die Haare färben möchte. Außerdem bezahlt sie ihre Stunden ja selbst.« Das war vor zwei Jahren gewesen, als Ralph Maura geheiratet und seinen Sohn Russell mit in die Familie gebracht hatte.
    Kaum dachte Georgia an Russell, da wurde ihr Mund trocken und sie bekam schwitzige Handflächen. Schnell, konzentrier dich auf das geflügelte Pferd, befahl sie sich selbst. Wenn es in Wirklichkeit ein Pferd mit Schwingen gäbe, wie wunderbar wäre es dann, sich auf seinem Rücken in die Lüfte zu erheben und für immer davonzureiten! Georgia schloss die Augen und stellte sich die Bewegungen eines Pferdes unter sich vor, den Wechsel von Schritt zu Trab, von Trab zu Galopp und dann, ja, warum nicht noch eine Gangart weiter? Wie ein fünfter Gang auf der Autobahn gäbe es noch einen weiteren sanften Übergang und dann würde das Schlagen von Flügeln Pferd und Reiterin vom festen Boden heben und dorthin tragen, wo einen keiner mehr erreichen konnte. Es klopfte an das Glas und Georgia riss die Augen auf. Ein Gesicht mit grauen Haaren und einer Brille sah sie aufmunternd durch die Scheibe an. Georgia erkannte den Besitzer des Trödelladens: Mr Goldsmith, falls sein Name mit den verblassten Buchstaben über dem Schaufenster übereinstimmte. Er winkte sie mit einladenden Bewegungen herein und sie stieß die Ladentür auf.
    Paolo wusste, dass das schwarze Stutfohlen so bald wie möglich aus der Stadt gebracht werden musste. Wenn sich die Kunde von der wundersamen Geburt herumsprach, würde das Fohlen in Gefahr sein, entführt zu werden. Es war ein unsagbares Glück, das ihrem Stadtbezirk widerfahren war, und ein gutes Omen für die Stellata im Sommer, doch Paolo bestand darauf, dass es geheim gehalten werden musste.
    »Mit ihr können wir an dem Rennen nicht teilnehmen«, sagte er zu Cesare. »So einen Vorteil würde man uns niemals zugestehen.«
    »Aber diesen Sommer könnten wir sie sowieso noch nicht zum Rennen zulassen«, sagte Cesare. »Dazu ist sie doch noch zu jung.«
    »Da sei dir mal nicht so sicher«, erwiderte Paolo. »Die geflügelten sind ganz und

    gar nicht wie andere Pferde. Sie wachsen in einem völlig anderen Tempo.«
    Vater und Sohn hielten die ganze Nacht Wache, rieben das Fohlen und die Mutter mit Stroh trocken, richteten ihnen ein neues Lager aus Streu und gaben ihnen frisches Wasser. Es stimmte zwar, dass das neue Fohlen schon wenige Stunden nach seiner Geburt viel kräftiger wurde, aber so war das schließlich auch bei anderen Pferden. Das war eine der Eigenarten, die Cesare an Pferden liebte: dass ihre Jungen aufstanden und einfach loslebten. Nicht wie seine kleinen Geschwister, die so viel von der Aufmerksamkeit seiner Mutter in Anspruch nahmen und eine Ewigkeit brauchten, um halbwegs normale Menschen zu werden.
    Cesare hielt sich viel lieber mit seinem Vater im Stall auf, bei dem warmen Geruch der Pferde, als in ihrem überfüllten Haus, das immer überquoll vor Wäsche und in dem ständig Säuglingsbrei in Töpfen blubberte. Außerdem war hier der einzige Ort, wo er Paolo dazu bekommen konnte, ihm von solchen Wunderdingen wie dem geflügelten Pferd zu erzählen.
    »Rund alle hundert Jahre«, sagte Paolo, »so oft passiert es in Remora. Es ist das erste, das ich selbst erlebe – und das in unserem Bezirk.« Paolo war überglücklich. »Es ist das Beste, was zu meinen Lebzeiten im Widder passiert ist.«
    »Aber wie kann so etwas geschehen?«, fragte Cesare. »Wir kennen schließlich den Vater. Sternenlicht
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