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Staatsanwalt sucht  Polizist

Staatsanwalt sucht Polizist

Titel: Staatsanwalt sucht Polizist
Autoren: N. Schwalbe
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Küchenfernseher, den meine Mutter sich vor zwei Jahren zu Weihnachten gewünscht hatte, weil sie immer so viel in der Küche zu tun hatte und Ablenkung brauchte. Aber das war doch …
    „Nico!“, rief ich überrascht aus und stürmte zum Bildschirm, um meinen Schwarm besser sehen zu können. Er war es tatsächlich. Zusammen mit seinem Kollegen, einem bulligen Riesen, führte er eine männliche Gestalt ab, die einen schwarzen Kapuzenpulli über den Kopf und das Gesicht gezogen hatte.
    „So ein feiges Schwein!“, schimpfte Katja und stemmte sich entrüstet die Hände in die Hüften. „Erst vergreift er sich an dem Jungen und bringt ihn um und dann versteckt er sich vor den Kameras. Den sollten sie auf den Marktplatz stellen und ich wette mit dir, da gibt es einige, die gerne den ersten Stein werfen.“
    „Katja!“ Meine Mutter hatte die Küche betreten und Katjas letzte Worte mitbekommen. „Wie redest du denn, Kind?“
    „Ach Mama! Du würdest genauso denken, wenn eines deiner Kinder oder Enkelkinder betroffen wäre …“
    „Wieso, wovon redet ihr?“ Gerlinde Kruse schnappte sich die frisch geschlagene Sahne von der Arbeitsplatte und ließ einen großen Löffel in die Schüssel gleiten.
    „Von dem Kinderschänder aus Bremen, Mama“, antwortete ich.
    „Ja, das ist wirklich eine schlimme Sache. Aber heute wollen wir uns nicht mit solchen Geschichten belasten. Katja, du hast Geburtstag, deine Tanten und Onkel warten im Wohnzimmer auf den Kuchen, kommt also mit und lasst uns etwas feiern.“ Entschlossen schob meine Mutter ihre Tochter nach draußen.
    Widerwillig löste ich mich vom Fernseher und trabte hinterher. Ich ließ die blöden Sprüche meiner beiden Tanten und Onkel über mich ergehen und lächelte stumm. Dann setzte ich mich zwischen Jonas und Fine an den gedeckten Kaffeetisch.
    „So, Marten. Du bist jetzt also Staatsanwalt“, fing Onkel Gerd an und strich sich über seinen dicken Bauch.
    Seine Frau Gertrud schlug ihm gegen den Oberarm. „Ach, Gerd! Das weißt du doch…“
    „Ja, ja …aber irgendwie muss ich doch anfangen, oder?“
    Grimmig wandte sich Gerd von seiner Frau ab. „Und wie siehst du die Sache mit dem Kinderschänder? Diese ganzen schwulen Säcke …“
    „Also, Gerd, wirklich!“, unterbrach ihn seine Frau erneut.
    Unwirsch schob Gerd die Hand seiner Gattin beiseite. „Nee, lass nur! Diese Schwuchteln sind doch alle gleich! Sie vergreifen sich an kleinen Kindern und als wäre das nicht schon schlimm genug, bringen sie sie anschließend auch noch um.“ Gerd nahm seine Serviette und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er war so aufgebracht, dass er innerhalb seiner kurzen Ansprache hochrot und patschnass geschwitzt war. „Also, Junge! Was sagst du dazu?“
    Ich hatte gerade von meinem Marmorkuchen abgebissen und versuchte, mit gequältem Gesichtsausdruck, den trockenen Bissen hinunter zu schlucken.
    Mitleidig reichte meine Mutter mir die Sahne, die ich dankend auf den Teller klatschte. Damit Onkel Gerd nicht glaubte, ich wolle mich vor einer Antwort drücken, fuchtelte ich schon mal geschäftig mit den Händen in der Luft herum und warf dabei Fines Saftglas um.
    Meine Mutter sprang nervös auf und flitzte in die Küche. Sie kam mit ein paar Küchentüchern beladen zurück und entfernte die Schweinerei.
    Meine Eltern, Katja und ihr Mann Thomas wussten natürlich, dass ich auch zu den eben so betitelten Schwuchteln gehörte und die Luft war so zum Zerreißen gespannt, dass ich aufstand und das Fenster öffnete, bevor ich zu einer Antwort ansetzte.
    „Onkel Gerd“, begann ich und holte erst einmal tief Luft, „zuerst einmal sind Schwule nicht gleichbedeutend mit Pädophilen. Ich kenne keinen einzigen Mann, der auf Kinder steht und zweitens …“
    „Ja, Marten“, unterbrach mich nun Tante Klarissa, die Schwester meines Vaters, „was kennst du denn für Männer? Etwa … diese … diese … Schw… na ja, ihr wisst schon, was ich meine…Ich meine, in deiner Position als Staatsanwalt!.
    Alle starrten mich an, als wäre ich nackt zum Kaffeetrinken erschienen. Unsicher schaute ich zu meiner Mutter. Ich glaube kaum, dass es ihr recht wäre, wenn ich ausgerechnet jetzt beichtete, dass ich selbst schwul war.
    „Ich sage nur Wowereit und Ole von Beust. Beides schwule Männer in gehobenen Positionen, sie sind immerhin Bürgermeister von Großstädten“, warf meine Schwester ein.
    „Mama, was ist schwul?“ Mit großen Kinderaugen sah Jonas meine Schwester an und zog an
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