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Spuren im Nichts

Spuren im Nichts

Titel: Spuren im Nichts
Autoren: Jack McDevitt
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Teleskopen aufgebaut. Eine Technikerin stand bei einem der Instrumente und unterhielt sich mit einem jungen Mädchen. Das Teleskop war nach Südosten gerichtet, wo Alpha Maxim als einer von vielen winzigen Stecknadelpunkten aus Licht am Himmel schimmerte.
    Das Mädchen hieß Lyra. Sie war die Tochter der Technikerin, etwa zehn Jahre alt und mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von gut zwei Jahrhunderten.
    »Ich frage mich, ob sie hofft, die Nova zu sehen?«, sagte Woodbridge.
    Kim trat zur Seite. »Fragen Sie sie selbst.«
    Er wandte sich an das Mädchen, und Lyra lächelte auf die unbestimmt herablassende Art von Kindern, wenn sie glauben, Erwachsene verkaufen sie für dumm. »Nein, Canon«, antwortete sie, und ihre Mutter blickte zufrieden drein. »Der Stern wird sich nicht verändern, solange ich lebe.«
    Und auch nicht, solange deine Kinder leben, dachte Kim. Licht war schrecklich langsam.
    Woodbridge kehrte zu ihr zurück. »Kim«, begann er, »darf ich Ihnen eine persönliche Frage stellen?«
    »Nur zu.«
    »Haben Sie eine Vermutung, was Emily zugestoßen sein könnte?«
    Es war eine eigenartige Frage, offensichtlich aus dem Nichts. Vielleicht aber auch nicht, jetzt, wo sie darüber nachdachte. Emily wäre in dieser Nacht gerne bei ihnen gewesen. Woodbridge hatte sie gekannt.
    »Nein«, antwortete Kim. »Sie ist in dieses Taxi eingestiegen und niemals im Hotel eingetroffen.
    Das ist alles, was ich weiß.« Ihr Blick ging an den Teleskopen vorbei. Lyras Mutter hatte entschieden, dass es zu kalt geworden war, um noch länger draußen zu bleiben, und brachte das Kind nach drinnen. »Wir haben nie wieder ein Wort von ihr gehört.«
    Woodbridge nickte. »Es ist schwer zu verstehen, wie so etwas geschehen konnte.« Sie lebten in einer Gesellschaft, in der Kriminalität so gut wie unbekannt war.
    »Ja. Es hat die Familie tief getroffen.« Sie zog den Kragen enger, um sich vor der Kühle der nächtlichen Luft zu schützen. »Sie hätte das Leuchtfeuer-Projekt sicherlich unterstützt, und sie wäre sehr ungeduldig gewesen.«
    »Warum?«
    »Weil alles viel zu lange dauert. Wir versuchen auf wissenschaftliche Weise, dem Universum Hallo zu sagen, aber in den nächsten Jahrtausenden rechnet niemand mit einer Antwort. Günstigstenfalls. Sie hätte noch heute Nacht ein Resultat erwartet.«
    »Wie steht es mit Ihnen?«
    »Wie steht es mit was?«
    »Was halten Sie von dieser ganzen Geschichte? Ich mag nicht recht glauben, dass Sie zufrieden sind mit dem Leuchtfeuer.«
    Kim blickte zum Himmel hinauf. Vollkommene Leere, so weit das Auge reicht. »Canon«, sagte sie, »ich würde zu gerne die Wahrheit erfahren. Aber es ist nichts, das mein Leben bestimmt.« Ich bin nicht meine Schwester.
    »Mir geht es genauso. Allerdings muss ich zugeben, dass ich es vorziehen würde, wir wären allein. Es wäre viel sicherer.«
    Kim nickte. »Warum haben Sie gefragt?«, fragte sie. »Wegen meiner Schwester, meine ich.«
    »Kein besonderer Grund, wirklich nicht. Sie sehen ihr so ähnlich, und Sie sind beide mit dem gleichen Problem beschäftigt. Vorhin, im Besprechungsraum, hatte ich fast das Gefühl, als wäre sie wieder zurück.«
     
    Kim rief ein Taxi und ging hinauf auf das Dach. Während sie wartete, sah sie in ihrem Briefkasten nach und fand eine Nachricht von Solly: Morgen, vergessen Sie das bitte nicht.
    Solly war einer der Piloten des Instituts und genau wie Kim ein begeisterter Taucher. Vor ein paar Tagen hatten sie Pläne geschmiedet, hinunter zum Wrack der Caledonian zu tauchen. Sie waren für den späten Nachmittag verabredet, nachdem die Übertragungen von der Trent hereingekommen waren und alle entsprechend gefeiert hatten, und nachdem die Medienleute abgezogen waren, um ihre Berichte zusammenzubasteln.
    Kim hatte das Wrack schon einmal besucht. Die Caledonian war eine Fischerjacht. Sie lag auf der seewärtigen Seite von Capelo Island in einer Tiefe von zwanzig Faden. Kim mochte das Gefühl von Zeitlosigkeit, das von dem gesunkenen Schiff ausging, das Gefühl, gleichzeitig in verschiedenen Epochen zu leben. Der Ausflug bot außerdem eine willkommene Abwechslung zu den langen Stunden im Büro und den verstärkten Anstrengungen der letzten Wochen und Monate.
    Das Taxi landete, und sie stieg ein, berührte mit dem Armband das Dex und befahl ihm, sie nach Hause zu bringen. Die Maschine erhob sich vom Boden, schwang auf Ostkurs und beschleunigte. Kim hörte eine Signalhupe, während sie davonflog, ein letzter Gruß von
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