Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme

Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme

Titel: Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme
Autoren: Anna Tarneke
Vom Netzwerk:
Heroinjunkies zugedröhnt unter den Waschbecken lagen.
    Auch wenn Romina G. auf mich nicht den Eindruck einer echten Dauerkonsumentin machte, musste diese Möglichkeit ausgeschlossen werden.
    Also ließ ich mich unter Seufzern breitschlagen, auf die Suche nach meiner Patientin zu gehen. Unser damaliger Nachtwächter Horst wollte mich unterstützen, allerdings stellte sich schnell heraus, dass er nicht wirklich eine Hilfe war. Im Gegenteil, der Mann schien eindeutig den falschen Beruf gewählt zu haben.
    Wir begannen unsere Suche im Treppenhaus, das eine stattliche Größe hatte und viele Winkel, Treppenabsätze und andere gute Verstecke bot. Horst nahm sich die oberen vier Etagen vor, ich die unteren.
    Als ich mich bis zur dritten Etage hochgearbeitet hatte, kam mir Horst aufgeregt entgegen.
    Â»Im achten Stock ist etwas!«, flüsterte er nervös.
    Â»Warum flüsterst du so?«, fragte ich mit normaler Stimme.
    Â»Pscht! Da oben ist jemand! Ich hab es genau gehört!«
    Ich staunte über die fast ängstliche Aufgeregtheit, die Horst an den Tag legte.
    Â»Na, dann wird das wohl Romina G. sein. Warum hast du sie nicht geholt?«
    Horst sah mich an, als hätte ich ihm gerade vorgeschlagen, seine Mutter zu töten.
    Â»Ich?!«, rief er und vergaß zu flüstern.
    Ich verdrehte die Augen. »Mein Gott, sie ist eine drogenabhängige Prostituierte und nicht der verdammte Charles Manson. Sie ist harmlos, glaub mir.«
    Aber Horst schüttelte energisch den Kopf.
    Â»Nee, nee, DIE ist nicht harmlos, garantiert nicht. Ich weiß nicht, was die da oben macht, aber es hört sich so an, als würde die ’ne Teufelsaustreibung durchführen oder so. Normal ist das jedenfalls nicht, so viel ist sicher!«
    Natürlich nicht, dachte ich verständnislos. Was war schon normal daran, sich im Krankenhaus Drogen zu spritzen.
    Ich konnte ja nicht ahnen, was sich wirklich im achten Stock abspielte, und so ging ich energisch an Horst vorbei und beschloss, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Im Abstand von zwei Metern folgte mir der Nachwächter, ganz alleine wollte er mich dann doch nicht lassen.
    Ich muss zugeben, die Atmosphäre in der leer stehenden Etage war wirklich etwas unheimlich. Die Lichter funktionierten nicht, es war stockdunkel dort oben. Nur der Mond brachte ein bisschen Helligkeit in den Flur, aber wie man sich denken kann, wurde die Stimmung dadurch nicht unbedingt weniger gruselig. Es hätte mich nicht einmal mehr überrascht, wenn plötzlich das Heulen von Wölfen erklungen wäre. Was natürlich nicht der Fall war.
    Als ich die kaputte Tür zur ehemaligen Station öffnete, begriff ich, was Horst mit Teufelsaustreibung meinte. Undefinierbare Laute drangen aus dem hinteren Teil hervor. Es klang wie ein Jaulen oder Schnaufen, ein Stöhnen oder Schreien, und es kam definitiv nicht nur von einer Person.
    Was ging da vor?
    Â»Die wird doch nicht …«, ich konnte den Satz nicht einmal zu Ende sprechen, so wenig konnte ich mir das Szenario vorstellen.
    Aber meine Theorie wurde bestätigt. In unserem ehemaligen Schwesternzimmer.
    Romina G. wollte keine Nacht auf ihre Einkünfte verzichten. Kurzerhand bestellte sie sich ihren Freier also ins Krankenhaus und bearbeitete ihn nun auf der kaputten Liege eines stillgelegten Krankenhaustrakts. Die Antibiotika-Infusion hatte sie immer noch im Arm.
    Â»Ich hab voll aufgepasst!«, sagte Romina G., als sie von dem dickbäuchigen Mittfünfziger abstieg. »Wenn ich oben bin, kommt der kaum an meine Wunde ran, ehrlich, das ist kein Problem.«
    Â»Doch, das ist ein Problem«, sagte ich und merkte, wie meine Stimme streng und tadelnd wurde. »Abgesehen von Ihrer hochinfektiösen Wunde wird hier so was nämlich nicht einfach gemacht, klar? Das ist ein Krankenhaus und kein Bordell!«
    Romina G. schaute genervt, und der dicke Mann murmelte etwas von »Verständnis haben«, während er sich schnell die Hose hochzog.
    Â»Nee, ich hab da nicht das geringste Verständnis«, schimpfte ich nun auch mit ihm. »Ich kann nur hoffen, dass Sie sich nicht angesteckt haben, und jetzt verschwinden Sie!«
    Der Mann nickte nur und wollte schnell den Raum verlassen, aber Romina G. hielt ihn zurück.
    Â»Was ist mit meinen dreißig Euro?«
    Â»Aber ich war noch nicht fertig!«
    Â»Dann gib mir wenigstens zwanzig!«
    Seufzend steckte der Dicke ihr einen Schein zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher