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Splitterndes Glas - Kriminalroman

Splitterndes Glas - Kriminalroman

Titel: Splitterndes Glas - Kriminalroman
Autoren: dtv
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»Der Anblick   … die Gewalt, mit der er zusammengeknüppelt wurde.«
    »Zusammengeknüppelt?« Will zog eine Augenbraue in die Höhe. »Das ist ein schönes altmodisches Wort.«
    »Du kennst mich, Will. Ich bin ein altmodisches Mädchen.«
    Er grinste. »Um acht zu Hause, ein bisschen Sticken und dann eine Ovomaltine und früh zu Bett.«
    »So in die Richtung.«
    »Ich hab allerdings was anderes gehört.«
    »Oh, Will«, sagte sie und klimperte mit den Wimpern, »das ist mein kleines Geheimnis.«
    »Können wir vielleicht zur Sache kommen?«, sagte Will. Helen grinste. »Zur Sache, genau.«
    »Ein Beziehungsstreit, das hast du gemeint.«
    »Oder das Offensichtliche.«
    »Und das ist?«
    »Die harte Nummer. Bryan geht auf die Pirsch, reißt einen Kerl auf und nimmt ihn mit nach Hause. Und im vierten Akt wird die Sache dann unangenehm.«
    |19| »Hältst du das nicht für ein Klischee?«
    »Klischees sind meistens aus gutem Grund Klischees.«
    Will nickte. Sexualität, Gender und Identität: Vielleicht hatte das etwas zu bedeuten. »Ist die Brieftasche aufgetaucht?«, fragte er.
    »Bislang noch nicht.«
    »Kreditkarten? Bargeld?«
    Helen schüttelte den Kopf.
    »Auf den Laptop brauchen wir uns gar keine Hoffnungen zu machen.«
    »Leider.«
    »Also meinst du, der Raub war das Motiv?«, sagte Will. »Oder kam das nur hinzu, nachdem die Dinge aus dem Ruder gelaufen sind?«
    Helen zeigte auf den Rücksitz. »Vielleicht wissen wir mehr, wenn ich das alles durchgesehen habe. Briefe und Notizbücher aus dem Haus.«
    »Soll ich die Hälfte übernehmen?«
    »Nicht nötig. Geh nach Hause und sei nett zu Lorraine und den Kindern.«
    Auf halbem Weg zu seinem Auto drehte Will sich um. »Wenn der Zahnstatus übereinstimmt, müssen wir morgen als Erstes die Familie ausfindig machen, die nächsten Angehörigen.«
    »Ich weiß.«
    Während er auf eine Lücke im Verkehr wartete, sah er sie hinter dem Steuer ihres VWs. Sie zündete sich noch eine Zigarette an.
     
    Will setzte den Wagen langsam auf den Kiesweg, schloss ab und ging zum Haus, wo im unteren Stockwerk die Vorhänge bereits zugezogen waren. Lorraine saß im Halbdunkel, und der Sound der Cowboy Junkies, träge und ein bisschen |20| psychedelisch, kam leise aus der Stereoanlage; Jake hatte sich auf dem Sofa neben ihr zusammengerollt und den Kopf in ihren Schoß gelegt, das Baby schlief an ihrer Schulter.
    Einen Augenblick lang glaubte Will, sein Herz stünde still.
    Lorraine drehte sich zögernd und überrascht zu ihm um, und als er sich hinunterbeugte, um ihr das Baby abzunehmen, streiften seine Finger ihren Nacken; dann lag das Gesicht der Kleinen an seinem, und er nahm den vertrauten Moschusgeruch ihres Atems und ihre verwirrend kleinen Knochen wahr.
    Lorraine hob Jake in die Höhe. Der Junge war zu müde zum Laufen, und gemeinsam trugen sie die Kinder nach oben ins Bett.
    »Weißt du, wie lange es her ist«, sagte Will, als er den Verschluss auf der Rückseite ihrer Bluse öffnete, »seit wir das letzte Mal miteinander geschlafen haben?«
    »Lange?«
    Will lachte. »Wenn man ein paar Ballvorlagen nicht mitzählt.«
    Sie grub ihren Ellenbogen tief in seine Rippen, und er schrie lauter auf als notwendig, ließ sich auf das Bett fallen und zog sie mit. Ihr dunkles Haar fiel über ihr und sein Gesicht, als ihre Münder sich trafen.

2
    Stephen Bryans Eltern waren von Chesterfield weggezogen und wohnten jetzt in einem neu erbauten Bungalow am Stadtrand von Kirkby Stephen. Sein Vater, der einen Posten bei der Bezirksverwaltung von Derbyshire gehabt hatte |21| und früh in den Ruhestand gegangen war, arbeitete jetzt hochzufrieden im Garten vor sich hin und brachte diesen langsam auf Vordermann; seine Mutter, eine ehemalige Hebamme, war ehrenamtlich drei Tage pro Woche in der Bürgerberatungsstelle tätig. Körperlich fit machten sie am Wochenende bei jedem Wetter eine Wanderung von zehn bis zwölf Meilen.
    Das Gesuch war am Vormittag aus Cambridgeshire gekommen, und der örtliche Sergeant hatte gewartet, bis eine Polizistin frei war und ihn begleiten konnte. Schon im Normalfall war es keine angenehme Aufgabe, und das hier klang besonders schlimm.
    Das Unausweichliche hinauszögernd parkte der Sergeant am Ende der Straße.
    Ted Bryan grub gerade einen Graben; seine Frau Grace saß im Mantel in der schwachen Nachmittagssonne und las. Als die beiden Beamten durch die Seitenpforte traten, rutschte ihr unbemerkt das Buch vom Schoß und fiel auf den Boden.
    »Ted, Ted   …« Sie
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