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Splitterndes Glas - Kriminalroman

Splitterndes Glas - Kriminalroman

Titel: Splitterndes Glas - Kriminalroman
Autoren: dtv
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Bücher, sondern Videos und DVDs standen; auf dem Boden lagen Stapel mit Zeitschriften – ›Cineaste‹, ›Film Comment‹, ›Sight and Sound‹. Ein Exemplar von ›Shepperton Babylon‹ lag aufgeschlagen und umgedreht auf einer Sessellehne, und |13| auf dem Einband sah der junge Dirk Bogarde in glänzenden schwarzen Lederhosen und einem ungewöhnlichen schwarzen Hut dem Betrachter entgegen. Vielleicht hatte das Opfer darin gelesen, als es gestört wurde, als jemand zu Besuch kam.
    Ein Flachbildfernseher stand in einer Ecke des Raumes, eine Digibox und anderes Zubehör gleich daneben. Eingerahmte Filmplakate auf dem Flur und auf der Treppe.
    Das mittlere Zimmer, dessen Fenster auf den seitlichen Weg sah, der zum Garten führte, diente als Arbeitszimmer. Will bezweifelte, dass dort normalerweise eine solche Unordnung herrschte. Die untere Schublade eines hohen dreiteiligen Aktenschrankes war aufgezogen worden, eine Reihe von Ordnern lag davor auf dem Boden; zwei der Schreibtischschubladen waren ausgekippt worden und ihr Inhalt lag im ganzen Raum verstreut; der Fußboden war mit Papieren übersät.
    Hatte das jemand gemacht, der nach Wertsachen suchte, die er stehlen wollte, überlegte Will, oder war es ein willkürlicher Akt der Zerstörung gewesen?
    Links auf dem Schreibtisch ein Laserdrucker von Hewlett-Packard, und eine leere Stelle, wo vielleicht ein Computer gestanden hatte. Ein Anschlusskabel hing lose auf den Boden herab. Am Rand des Schreibtisches lehnten mehrere dünne Computerhandbücher an der Seitenwand, darunter der ›User’s Guide to an Apple iBook G4 laptop‹.
    Ganz sicher einen Diebstahl wert.
    Aber auch einen Mord?
    Über ein kleines Ankleidezimmer hatte das Schlafzimmer im hinteren Teil des ersten Stocks Zugang zum Badezimmer, wo die Leiche gefunden worden war. Auch hier herrschte ein großes Durcheinander. Cremefarbene Laken waren vom Bett gezerrt, der Inhalt sowohl des Schranks |14| als auch der Kommode wild durch den Raum geschleudert worden. Hemden, Jacken, Boxershorts, Jeans. Einige der Hemden waren fast in zwei Teile zerrissen. Eine Fotografie, die vermutlich auf dem Nachttisch gestanden hatte, war aus dem Rahmen gezogen worden. Das Glas war gesprungen und zersplittert, das Foto war einmal und dann noch einmal in zwei Teile gerissen worden.
    Sorgfältig hob Will die Teile auf und legte sie auf dem Bett zusammen.
    Zwei Männer in Hemdsärmeln hatten einander die Arme um die Schultern gelegt und lächelten. Sie blinzelten ein wenig wegen der Sonne. Einer von ihnen war etwas älter, aber nicht viel – Mitte dreißig, mehr nicht. Er war stämmig und dunkelhaarig; dem jüngeren Mann, der größer war und schlank, fiel das blonde Haar ins Gesicht; er erinnerte Will an eines der Plakate auf der Treppe: Montgomery Clift oder James Dean – er konnte die beiden nie auseinanderhalten.
    Will betrachtete die Fotografie noch einmal: das glückliche Lächeln des Paares.
    Was hatte Helen gesagt? Ein Ehekrach?
    Als er nach draußen kam, seine Handschuhe auszog, in die Tasche griff und nach einem Pfefferminzbonbon suchte, stand Helen auf der anderen Straßenseite und rauchte eine Zigarette. Es war kalt, kalt genug, um ihren Atem sehen zu können.
    »Meine Lungen und deine Zähne geben sich nicht viel«, sagte sie, als er sich ein Pfefferminzbonbon in den Mund steckte.
    »Ohne Zähne kann man leben«, sagte Will.
    »Schlaues Kerlchen«, sagte Helen und streckte ihm die Zunge heraus.
    »Wie weit sind wir mit der Identifizierung?«, fragte Will.
    |15| »Noch zu früh.«
    »Brieftasche? Führerschein? Ein Pass in irgendeiner Schublade?«
    Helen schüttelte den Kopf. »Bislang nicht. Keine Spur von einer Brieftasche.«
    »Was sagen die Nachbarn?«
    »Der Vorname ist Stephen – glauben sie. Er hat noch nicht einmal ein Jahr hier gewohnt. Hat ziemlich zurückgezogen gelebt. So hat ihn offenbar die Putzfrau genannt: Mr Stephen.«
    »Das ist alles? Kein Nachname?«
    »Das ist alles.«
    Ohne es zu wollen, zerbiss Will sein Pfefferminzbonbon mit den Zähnen. »Wie wollen wir vorgehen? Willst du hierbleiben und mit dem Pathologen reden oder soll ich?«
    »Ist es Danebury?«
    »Danebury.«
    Helen zuckte die Achseln. »Ich kann bleiben.«
    Edgar Danebury hatte einmal mit einem Nicken in Helens Richtung eine Bemerkung über Polizeibeamte gemacht, die mit schöner Fülle ausgestattet seien, wie er sich ausdrückte. Bei der ersten Gelegenheit, die sich ergab, hatte Helen ihren Stiefel mit solcher Kraft auf seinen
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