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Spionin in High Heels

Spionin in High Heels

Titel: Spionin in High Heels
Autoren: Gemma Halliday
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Eigentlich hätte ich mich an die Arbeit begeben müssen, die ich seit heute Morgen, als ich voller Entsetzen auf meinen Kalender gestiert hatte, vernachlässigt hatte. Aber der Gedanke, jetzt kreativ zu sein, schien mir wenig realistisch.
    Als kleines Mädchen hatte ich immer davon geträumt, Model zu sein und auf den Laufstegen in Mailand unter den Ahs und Ohs des staunenden Publikums die neusten Kreationen der Designer vorzuführen. Aber in der achten Klasse war dann klar, dass ich niemals Model-Größe erreichen würde. Deswegen begnügte ich mich mit dem Nächstbesten und wurde Modedesignerin. Nach vier Jahren auf der Academy of Art University in San Francisco war ich bereit, mir in der Modewelt einen Namen zu machen. Aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass es fast genauso schwer war, in der Modebranche Fuß zu fassen wie im Modelgeschäft. Nach einigem Bitten und Betteln und dem Versprechen, jedem, der in der Modewelt in Los Angeles etwas zu sagen hatte, das Auto zu waschen, durfte ich dann schließlich und endlich Kinderschuhe für Tot Trots entwerfen. Okay, es war nicht Mailand, aber ich konnte davon leben. Meistens.
    Das Gute war, ich bestimmte meine Arbeitszeiten selbst, arbeitete zu Hause und sah das Ergebnis meiner Arbeit überall an den Füßen modebewusster Knirpse, zum Beispiel die Barbie-Jelly-Sandalen letztes Frühjahr und die SpongeBob-Pantoffeln in der Herbstkollektion. Im Moment arbeitete ich an Emily-Erdbeer-High-Top s – erhältlich in Schiller-Pink und Glitzerlila, wenn Sie’s genau wissen wollen.
    Aber im Moment war die Aussicht, den Tag mit Mode für Winzlinge zu verbringen, nicht allzu verführerisch. Kinderschuhe ließen mich an Kinder denken, die mich wiederum an Babys denken ließen, was mich auf Kondome brachte, die ohne ersichtlichen Grund platzen und damit Frauen in eine Lage wie die meine bringen können.
    Ich warf einen Blick auf die Uhr des Armaturenbretts. Viertel vor zwei. Dana war sicher gerade auf dem Weg ins Fitnessstudio zu ihrem Step-and-Sculpt-Kurs. Zwischen Castings und kleinen Filmrollen arbeitete Dana als Aerobic-Lehrerin im Sunset Gym. Wenn ich die 101 nähme, würde ich sie vielleicht zwischen zwei Kursen abfangen können.
    Ich stellte meinen Shake-Becher ab und legte den Rückwärtsgang ein. In Rekordzeit fuhr ich vor dem Sunset Gym vor, einem riesigen Gebäude aus Beton und Glas. Ich lehnte den Parkservice ab und stellte mein Auto selbst auf dem Parkplatz ab. Oh ja, in L.A. sparen sich die Leute die zweihundert Meter vom Parkplatz zum Fitnessstudio, bevor sie dann auf einem Laufband fünf Kilometer rennen. Unglaublich, aber wahr!
    Als ich das Studio betrat, hielt mich ein großer Typ mit kurz rasierten Haaren und Popeye-Armen an der Rezeption an. Er musterte meine fünf Zentimeter hohen Absätze, den Rock von Ann Taylor und meine Schulter, über der keine Sporttasche von Nike hing. Er hatte mich durchschaut. Meine Mitgliedschaft nutzte ich nur, um eine Runde im Pool zu drehen, wenn es draußen mindestens 60 Grad Celsuis hatte.
    Nachdem ich meine Mitgliedskarte gezückt und den Pförtner auf Anabolika zufriedengestellt hatte, betrat ich das Erdgeschoss und suchte die Ergometerreihen nach Dana ab. Ich entdeckte sie in der Nähe der Fenster, vor einer Gruppe, die sich die Lunge aus dem Leib steppte. Einen kurzen Augenblick fühlte ich mich schuldig wegen der Unmengen Kalorien, die ich mir zum Mittagessen gegönnt hatte, aber das Gefühl hielt nicht lange an. Auf jeden Fall nicht lange genug, dass ich mich umgezogen hätte und selbst auf ein Step-Board gesprungen wäre.
    Stattdessen schnappte ich mir eine eselsohrige Elle und machte es mir auf einer Bank an der Wand gemütlich, um zu warten. Die rotierenden Stepper waren bald fertig und brachen in selbstgefälligen Beifall aus. Die Leiterin des Step-Kurses kam mit wippendem rotblondem Pferdeschwanz zu mir gelaufen. Mit ihrer perfekten Größe 36 sah sie aus, als sei sie gerade den Seiten von Sports Illustrated entstiegen. Und nicht der Ausgabe über Bademoden, sondern der »Frauen-die-Gewichte-heben-und-Männer-die-solche-Frauen-toll-finden«-Ausgabe.
    »Was gibt’s?« Sie betrachtete stirnrunzelnd meine hochhackigen Stiefel.
    »Ich habe gerade erst gegessen«, sagte ich zu meiner Verteidigung.
    Dana sah mich zweifelnd an, hakte aber nicht nach. Stattdessen begann sie, auf der Stelle zu laufen, während sie weiterredete. »Ich habe deine Nachricht bekommen. Was ist denn so furchtbar dringend?«
    »Ich, ä h …«
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