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Spinnenkuss: Elemental Assassin 1 (German Edition)

Spinnenkuss: Elemental Assassin 1 (German Edition)

Titel: Spinnenkuss: Elemental Assassin 1 (German Edition)
Autoren: Jennifer Estep
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meine blondierten Haare verbarg und mein Gesicht in Schatten hüllte. Einfache Tricks funktionierten immer am besten, insbesondere wenn es darum ging, das Aussehen zu verändern. Ein wenig falsche Requisite, ein paar sackartige Klamotten, und schon konnten sich die meisten Menschen nicht daran erinnern, welche Hautfarbe man gehabt, geschweige denn wie man wirklich ausgesehen hatte.
    Meine Tarnung war komplett. Ich nahm mir eines der Taschenmesser, öffnete die Tür und trat in den Flur hinaus.
    In meiner normalen Kleidung und mit einem breiten freundlichen Südstaatengrinsen auf dem Gesicht verließ ich kurz darauf die Klinik. Niemand schenkte mir auch nur einen zweiten Blick, nicht einmal die sogenannten Sicherheitsleute, die für ihre herausragende Aufmerksamkeit und ihre außergewöhnliche Beobachtungsgabe bezahlt wurden. Fünf Minuten später kritzelte ich am Empfang einen falschen Namen in die Abmeldungsliste. Die Frau hinter der Glasscheibe starrte mich aus funkelnden Augen böse an.
    »Die Besuchszeit ist schon seit einer halben Stunde vorbei«, motzte sie mit missbilligend verzogenem Gesicht. Ich hatte vermutlich ihr allabendliches Rendezvous mit einem Liebesroman und einem Schokoriegel unterbrochen.
    »Oh, ich weiß, Darling«, flötete ich mit meiner besten Scarlett-O’Hara-Stimme. »Aber ich hatte eine Lieferung für jemanden in der Küche, und Big Bertha meinte, ich kann mir Zeit lassen.«
    Das war natürlich eine Lüge. Deshalb zauberte ich einen besorgten Ausdruck auf mein Gesicht, um mein Theater glaubwürdiger zu machen.
    »Ich hoffe, das ist okay? Big Bertha hat gesagt, es wäre in Ordnung.«
    Die Wärterin wurde bleich. Big Bertha war die runzlige Frau, die die Küche – und so gut wie alles andere in der Klinik – mit eiserner Hand regierte. Niemand wollte sich mit ihr anlegen und riskieren, mit der gusseisernen Bratpfanne geschlagen zu werden, die sie ständig mit sich herumtrug. Besonders nicht für lausige zwölf Mäuse die Stunde.
    »Wie auch immer«, blaffte die Wärterin. »Sorgen Sie einfach dafür, dass es nicht noch mal vorkommt.«
    Es würde nicht noch mal vorkommen, weil ich nicht beabsichtigte, diesen grauenhaften Ort je wieder zu betreten. Ich ließ mein Lächeln noch strahlender werden. »Kein Problem, Darling. Dafür sorge ich.«
    Die Wärterin drückte den Knopf zum Öffnen der Tür, und ich trat nach draußen.
    Im Kontrast zu dem penetranten Gestank der Klinik nach Speichel, Urin und Bleichmittel erschien die Nachtluft so sauber, rein und frisch wie in der Sonne getrocknete Bettwäsche. Hätte ich nicht gerade zwei Leute getötet, hätte ich mir vielleicht Zeit gelassen, um das Quaken der Laubfrösche in den Bäumen und die antwortenden Rufe der Eulen in der Ferne zu genießen.
    Stattdessen ging ich mit schnellen entschlossenen Schritten zum Haupttor. Das Metall klapperte, als ich mich näherte, und ich winkte dem Wärter in seiner mit Panzerglas gesicherten Kabine fröhlich zu. Er nickte schläfrig, dann wandte er sich wieder dem Sportteil seiner Zeitung zu.
    Damit trat ich zurück in die reale Welt. Der Kies vor dem Tor knirschte unter meinen Füßen, und die Steine flüsterten mir ins Ohr, ruhig und gleichmäßig wie die Autos, die tagein, tagaus über die kleinen Kiesel hinwegfuhren. Ein viel glücklicheres Geräusch als das permanente verrückte Schreien des Granits in der Klinik.
    Ich fand mich auf einem großen Parkplatz wieder, der von dichten Pinien gesäumt wurde. Die Ausfahrt hinter der gleichmäßigen Asphaltfläche führte auf eine vierspurige Straße, auf der keinerlei Scheinwerfer zu erkennen waren. Nicht überraschend.
    Die Ashland-Klinik lag am Rande von Ashland, einer Südstaatenmetropole, die an Tennessee, North Carolina und Virginia grenzte. Die Stadt war nicht ganz so groß wie Atlanta, aber nah dran, und gehörte zu den schönsten Städten des Südens. Ashland breitete sich über die Hügel der Appalachen aus wie ein Hund, der sich im Sommer auf einer kühlen Betonfläche ausstreckt. Die umgebenden Wälder, sanften Hügel und ruhig fließenden Flüsse vermittelten den Eindruck, die Stadt wäre ein friedlicher, ruhiger, unverdorbener Ort …
    Eine Sirene heulte auf, zerriss die nächtliche Stille und übertönte jedes andere Geräusch. Wieder eine Illusion zerstört.
    »Abriegelung! Abriegelung!«, krächzte jemand über das Kommunikationssystem.
    Also hatte man die Leichen gefunden. Ich ging ein wenig schneller, huschte an mehreren Autos vorbei und sah
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