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Spiel unter Freunden

Spiel unter Freunden

Titel: Spiel unter Freunden
Autoren: PJ Tracy
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räusperte.
    Es dauerte über
eine halbe Stunde, bis alle Trauergäste gegangen waren.
Halloran und Bonar saßen auf einer Steinbank unter einer
großen Pappel. Einige wenige Blätter hielten sich noch
starrsinnig in der Krone, Gold vor dem blauen
Hintergrund.
    «Es war nicht
deine Schuld, Mike», sagte Bonar nach langem Schweigen.
«Du darfst trauern, aber du darfst dich nicht schuldig
fühlen. Du konntest nichts dafür.»
    «Bitte nicht,
Bonar.»
    «Okay.»
Father Newberry kam den Abhang hinunter auf sie zu. Er schien fast
zu schweben, und sein schwarzer Talar strich über das
vertrocknete Gras. Er lächelte entrückt, wie es alle
Priester taten, wenn sie jemanden unter die Erde gebracht hatten.
Als ob sie den Toten nur auf eine lange Reise verabschiedet
hätten statt ins Nichts, wie Halloran glaubte. Sadistische
Mistkerle.
    «Mikey»,
sagte der sadistische Mistkerl freundlich.
    «Hallo,
Father.» Halloran sah dem Priester kurz in die Augen, blickte
aber sofort wieder zu Boden, wo er zu seinen Füßen eine
Ameise entdeckte, die einen Grashalm hinaufkletterte.
    «Mikey»,
wiederholte der Priester noch freundlicher, aber Halloran mochte
nicht aufblicken. Er wollte nicht getröstet werden. Er
verweigerte jeden Trost.
    Bonar bedachte Father
Newberry mit einem hilflosen Achselzucken, und durch ein Nicken
deutete der Priester an, dass er verstand.
    «Mikey, ich
dachte, du solltest etwas wissen. Die Schlüssel, die du auf
der Wache vergessen hast, an dem Tag, als Danny getötet wurde
…» Halloran zuckte zusammen.
    «… die
passten nicht zur Vordertür der Kleinfeldts.» Halloran
verharrte einen Augenblick ganz still, ließ die Worte auf
sich einwirken und hob dann langsam den Kopf.
    «Was soll das
heißen?» Das Lächeln des Priesters war schwach,
flüchtig. «Also, ich glaube, ich hab dir doch
erzählt, dass die beiden alles der Kirche vermacht haben.
Gestern habe ich deshalb die Schlüssel aus deinem Büro
abgeholt und bin da rausgefahren, weil ich einiges erledigen
wollte» ­ seine Finger tasteten über seine Brust und
schlossen sich dann um das reich verzierte Kruzifix, das dort
hing-, «und was ich dann erlebte, war höchst seltsam.
Keiner passte, Mikey. Ich hab es wieder und wieder probiert, aber
keiner der Schlüssel passte zur Vordertür. Ich hab in
deinem Büro angerufen. Zwei von deinen Deputies werden morgen
nochmal mit mir hinfahren, aber das wird auch nichts ändern.
Der richtige Schlüssel ist einfach weg.»
    «Das versteh ich
nicht.» Father Newberry seufzte. «Die Kleinfeldts waren
Menschen, die in ständiger Angst lebten. Vielleicht trugen sie
niemals einen Hausschlüssel bei sich. Wahrscheinlich haben sie
ihn irgendwo auf ihrem Grundstück versteckt. Obwohl ich an
allen nahe liegenden Stellen nachgeschaut habe, konnte ich ihn
nicht finden. Ich nehme an, er wird schon irgendwann
auftauchen.
    Worauf es aber
ankommt, Mikey, ist die Tatsache, dass du die Vordertür nicht
hättest aufschließen können, selbst wenn du an die
Schlüssel gedacht hättest. Danny wäre trotzdem an
die Hintertür gegangen. Verstehst du?» Halloran sah den
Priester lange durchdringend an, ließ den Blick aber wieder
sinken und fand die Ameise, die dämliche Ameise, die kostbare
Momente ihres kurzen Lebens damit verschwendete, denselben
verdammten Grashalm hinauf- und wieder hinabzuklettern.
    Verdammt nochmal, er
hatte so viele Fehler gemacht. Die Liste der «Was wäre
gewesen, wenn …» schien endlos zu sein und
niederschmetternd. Was wäre gewesen, wenn er Sharon die
Zustimmung verweigert hätte, zum Lagerhaus zu
fahren?
    Was, wenn er sie
hätte gehen lassen, sich aber geweigert hätte,
draußen zu bleiben? Was wäre gewesen, wenn er selbst
anstelle von Danny an die Hintertür gegangen wäre? Was,
wenn er einfach eins der verdammten Fenster eingeschlagen
hätte und sie dann beide vorne ins Haus geklettert
wären?
    Aber, was Danny
betraf, konnte er zumindest das allerschlimmste «Was
wäre gewesen, wenn …» von der Liste
streichen .
Und wenn ich nun an die Schlüssel gedacht
hätte?
    Halloran, das hatte
gottverdammt nichts geändert. Dieses Wissen brachte ihm eine
gewisse Erlösung. Daran klammerte sich Halloran, und als er
sich dann schließlich wieder auf seine Stimme verlassen
konnte, sagte er: «Ich danke Ihnen, Father.
    Ich danke Ihnen sehr,
dass Sie mir das gesagt haben.» Der alte Priester stieß
einen Seufzer der Erleichterung aus.
    Bonar stand auf und
drückte den Rücken durch, sodass sein mächtiger
Bauch vorragte
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